Gelsenkirchen. Das launische Wetter macht den Jüngeren am wenigsten aus. Hauptsache, das Essen ist gut und das Ferienprogramm stimmt. In diesem Sinne herrscht im Ferienlager der Falken in der Haard in Oer-Erkenschwick beste Stimmung. Am Sonntag geht es zurück nach Gelsenkirchen.
Felix ist von Kindesbeinen an dabei. Ein echter Gelsenkirchener Falke. Immer im Jugendtreff – und immer im Ferienlager. Klar, als kleiner Junge hatte er auch Heimweh. Dagegen gab es ein Zaubermittel: Heimwehtee geschlürft, Tränen getrocknet – und die Welt war wieder in Ordnung. Heute ist Felix 22, studiert soziale Arbeit. Und ist – wen wundert’s – Betreuer im Falken-Feriencamp in der Haard. Hier, am Rand von Oer-Erkenschwick, verbringen 70 Gelsenkirchener Kids und Teenies zwischen sechs und 16 Lenzen zwei unbeschwerte Ferienwochen.
Ferienkinder aus den Falkenstandorten Buer, Bismarck, Ückendorf und Scholven sind hier. Nah der Heimat und doch weit genug weg von Zuhause. Untergebracht in zehn wetterfesten Hütten, was bei dem launischen Sommerwetter günstig ist, umgeben von Bäumen, die Sturmtief Ela und dem anschließenden Sicherheitscheck standgehalten haben, hat die Gruppe Spaß. Und neben Sport, Spiel und Spannung – WM-Finale im Rudel gucken inclusive – im Zelt der offenen Tür (ZoT) und unter freiem Himmel lernen die Mädchen und Jungen auch, was Mitbestimmung heißt.
Mitbestimmung wird ganz groß geschrieben
Auf zwei Säulen basiert die Lagerdemokratie, erzählen Katia Heibel vom Bauverein Falkenjugend und Ferienlagerleiter Pascal Schultheis. „Jede Hütte, die mit bis zu acht Kindern belegt ist, kann über Wünsche abstimmen und einen Delegierten wählen, der ihr Interesse dann im Lagerrat vertritt“, erzählt die Dortmunderin mit Arbeitsplatz in Gelsenkirchen. „Die Delegierten können, wenn gewollt, jeden Tag neu bestimmt werden.“ Und Schultheis ergänzt: „Die Kinder dürfen bei allen sie betreffenden Dingen mitbestimmen.“ Dazu gehört zum Beispiel auch das Warensortiment des von den Kids selbst verwalteten Kiosks.
Demokratisches Standbein Nummer 2 sind die Tage der Gewerke, deren Konzept an die gerade ausgezeichnete Spielstadt angelehnt ist. „An vier, fünf Tagen wird in den Bereichen Textil, Spiele herstellen, Zeitung, Film, Tanz, Holzwerkstatt, Gärtnerei und Schmuckwerkstatt gearbeitet. Der Lohn wird in Soli-punkten ausgezahlt“, beschreibt Katia Heibel die Aktion. Die Ferienkinder finden es gut, Gruppendynamik und soziale Kompetenzen werden ganz nebenbei auch gefördert.
Großes Kompliment an Köchin Melanie
Nachtwanderung, Lagerfeuer oder Spielcasino mit Bonbon-Einsatz sind im Falken-Camp im Angebot und, wer weiß, vielleicht auch noch eine Regenmodenschau. Genug Schuhwerk gibt es jedenfalls. Katia Heibel grinst fröhlich: „Wir haben in der Umgebung alle Gummistiefel aufgekauft.“ Beim Bergfest Anfang der Woche mit Sumo-Ringen, Schokokuss-Wurfmaschine, Dosenwerfen, Hüpfburg, Armdrücken „mit den stärksten Frauen der Welt“ und abendlicher Disko schienen die Regenschützer an den Füßen zwischenzeitlich auch ganz nützlich zu sein.
Wen man auch fragt: Was Köchin Melanie, die sonst in der OGS Marschallstraße in der Küche steht, mit den Helferinnen Doris und Birte auf den Tisch bringt, „ist super“. Schnitzel, Burger, Döner... Bei manchen Ferienfreizeiten sei das Essen eher zum Abnehmen lecker, scherzt Katia Heibel. Hier nicht.
Jason steht auf Japan
Dass es der Ferienbande gut geht, sieht man. Da ist Sarah-Sophie, mit 16 die älteste Teilnehmerin, die sich mit Freundinnen ein schickes Top mit Sprühtechnik gestaltet hat. Da ist Jason (9), der „voll auf Japan steht“. Da ist Julien (9), der heute Kiosk-Dienst hat und seine Angebote unterbreitet.
Und da ist Camp-Neuling Maurice (7), der letzte Nacht Heimweh hatte. Hüttennachbar Simon (11) kennt das Zaubermittel und bot dem Kleinen an, gemeinsam einen Heimwehtee zu trinken. Der wird bestimmt auch mal Falken-Ferienbetreuer. Wie Felix.