Gelsenkirchen.

Dr. Siegbert Panteleit glaubt an „sein“ Quartier. Die Bochumer Straße, vor allem die Bebauung in der zweiten Reihe, da liege die Zukunft. Das sei urbaner Raum, ruhig, grün, zukunftsträchtig mit seiner Bahnhofsnähe. Hier balle sich bald der kostbarste Wohnraum der Stadt, weil Autos immer unwichtiger würden. Schon allein die Straßenflucht fasziniert ihn; die Rechts-Links-Kurve, die die Straße hier beschreibt, die die Straßenbahn sanft seitlich kippen lässt, hinter der Kurve den Blick freigibt auf Kirchturm und Sendemast – „wie auf der Eau Rouge in Spa“, schwärmt er. Das ist eine berühmte Rennstrecke in Belgien, für Nicht-Rennfahrerfans.

Viel Geld und Arbeit investiert

Panteleit ist Projektentwickler, hat schon verschiedenste Quartiere geplant, ist derzeit eingebunden ins Büro für lokale Wirtschaftsentwicklung Gelsenkirchen Südost. Hier will er ein Kreativquartier entwickeln helfen. Folkwangstudenten sollen unter anderem eine WG gründen, leben und arbeiten. An der Hausnummer 130 gab es im Hinterhof eine Kutschenwerkstatt. Kemal Sarak hat dieses Haus – und andere in der Gegend – vor 20 Jahren von der Familie Seitz gekauft. Hat es in mühevoller Kleinarbeit renoviert, nach Feierabend, er hat 20 Jahre bei Geldbach gearbeitet. Er hat den Dachboden ausgebaut, zehn Jahre lang keinen Urlaub gemacht.

Heute ärgert er sich. Weil er sich die Gesundheit ruiniert hat. Und weil die Gegend sich nicht so entwickelt hat, wie er gehofft hat. „Meine Mama hat recht gehabt, dass ich nicht alles hier investieren soll“, fürchtet er.

Arnheimer Hochschule mit im Boot

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Siegbert Panteleit ist da deutlich optimistischer. Es wird noch etwas dauern, ja, das denkt er auch. Aber was in Berlin-Kreuzberg und anderen Szenevierteln im Land geklappt hat, das wird auch hier passieren, da ist er sicher. Das „Büro für lokale Wirtschaftsentwicklung GE-Südost“, für das er bis zum Jahresende am Projekt Kreativquartier arbeitet, arbeitet mit der Universität Arnheim/ Nijmwegen zusammen. Panteleit hat engen Kontakt zu den „Insane urban cowboys and -girls“, einem Zusammenschluss von Kreativen unterschiedlichster Couleur. Junge Selbstständige, Fotografen, Messerwerfer, kreative Sozialpädagogen, den Waldrittern (naturnahe Abenteuer und Rollenspiele im gemeinnützigen Verein), Ausbildern für den Cirque de Soleil, der Tanzpädagoge Denis Dougban, der in Herten ein Tanzquartier eingerichtet hat – all das und mehr würde sich hinter den Fassaden der Bochumer Straße gut machen, ist Panteleit überzeugt.

In den Ateliers könnten Kunsthandwerk und Kunst Hand in Hand arbeiten. Die lauten Häuser direkt an der engen Bochumer Straße sollen nur als Schaufenster dienen. Ein Stadtteil mit Messecharakter. Und das Publikum fährt in der Straßenbahn im Minutentakt vorbei und sieht, was es hier alles gibt. Petroleum-Lampenmacher, Stuckateure, alle sollen dabei sein.

Gleich nebenan steht im Hinterhof ein früheres Theater und Kino: Das Exolus. In den 70ern diente es als Musikclub für die Jugend, während vorn an der Straße in der Kneipe sich die alten trafen. Heute vermietet Kosta Pargelis den 400 qm großen Raum für Feiern. Genug Kapazitäten für Interessenten gäbe es noch. Im Vorderhaus könnten ebenfalls Studenten wohnen. Kreative, am liebsten. Die Hausbesitzer, zwei Schwestern in Berlin, sind mit im Planungsboot.