Gelsenkirchen. . Im Amalie-Sieveking-Haus steht jeden Dienstag Tischkegeln auf dem Programm. Tatjana Vitt (68) und Inge Winter (76) stehen ehrenamtlich an der „Bahn“.

Die nächste Seniorin ist an der Reihe und geht in Position. Sie legt die Hand auf die tennisballgroße Schaumstoffkugel, rollt sie ein Stück weit zurück über die Tischplatte und . . . „Moment, Moment“, unterbricht Tatjana Vitt. „Ich muss doch noch aufbauen.“ Alle 14 Tage ist im Amalie-Sieveking-Haus Tischkegeln angesagt. Bereits seit zwölf Jahren gehört die abgewandelte Variante des ehemaligen Volkssports zum Spiel- und Spaßprogramm der Einrichtung. Das Angebot stellen die beiden Ehrenamtlichen Tatjana Vitt (68, Feldmark) und Inge Winter (76, Wanne-Eickel).

Etwa fünfzehn Senioren, fast ausschließlich Frauen, sitzen in Raum 325, der sonst ein Esszimmer ist. Einige sind auf einen Rollstuhl angewiesen, der Großteil ist dement. Nicht alle Teilnehmer scheinen zu begreifen, was hier gerade passiert. Zwei zusammengeschobene Tische bilden die „Kegelbahn“, an deren Ende acht Schaumstoffkegel aufgebaut sind. Jeder Teilnehmer hat zwei Versuche, um mit den weichen Kugeln „alle Achte“ abzuräumen. Die Anzahl der umgefallenen Kegel wird auf der Liste an der Wand vermerkt. Im Hintergrund läuft leise Musik, gerade kommt „Guantanamera“.

„Ho, sieben Punkte!“

„Ho, sieben Punkte!“, kommentiert Tatjana Vitt die Kegelei einer Seniorin und überträgt den Wert. „Ich glaube, sie will den ersten Preis holen.“ Meistens sei das ein Eis, erzählt Eva Hülswitt vom Begleitenden Dienst. Sie ist auch zuständig für die Ehrenamtlichen in dem Senioren- und Pflegeheim an der Hans-Böckler-Allee in der Feldmark. 22 sind es, darunter auch drei Männer.

Tatjana Vitt vertreibt den Bewohnern seit ihrer Pensionierung vor fünf Jahren jeden Dienstag die Zeit: „Ich habe in diesem Wohnbereich in der Pflege gearbeitet“, sagt sie. Damals habe sie nie die Zeit gehabt, sich aufrichtig um die Leute zu kümmern. Als Ehrenamtlerin habe sie nun die Möglichkeit, sich vernünftig mit den Senioren zu unterhalten. Und die dankten es ihr mit einem Strahlen in den Augen. „Ich will nicht sagen, dass es kein Stress ist, aber die meiste Zeit ist es schön.“

Inge Winter engagiert sich seit zehn Jahren ehrenamtlich im Amalie-Sieveking-Haus. Davor hat die 76-Jährige aus Wanne-Eickel in der Einrichtung alte Nachbarn aus ihrer Gelsenkirchener Zeit in der Dürerstraße besucht. „Ich bin hier geblieben, als sie gestorben sind. Mir macht das Spaß. Als Witwe habe ich viel Zeit und die Bewohner freuen sich.“ Das Tischkegeln ist für sie aber eine Premiere. Sonst betreut sich das Besucher-Café oder die Zeitungsrunde. Aber eigentlich sei sie „Mädchen für alles.“

Mit der Kampagne „Das Sahnehäubchen obendrauf“ möchten die Aktionsgemeinschaft Gelsenkirchener Senioreneinrichtungen und die Ehrenamtsagentur Ehrenamtler für Senioreneinrichtungen gewinnen.

Interessierte wenden sich unter 9 41 15 10 an Olaf Horn (Amalie-Sieveking-Haus). Ehrenamtsagentur: 1 69 33 33