Gelsenkirchen. . Bei Gottesdiensten im evangelischen Seniorenstift hilft eine Handvoll Freiwillige aus. „Eine Stunde hat man immer Zeit“, sagen Gisbert Schüler und Rosemarie Dienel.

Die alte Dame im Rollstuhl beugt sich zu Gisbert Schüler rüber. „Hat sie schon gesagt, welche Seite?“, fragt sie leise den 55-Jährigen, der in der kleinen Kapelle im evangelischen Seniorenstift neben ihr sitzt. Der schüttelt den Kopf: „Nein, hat sie nicht.“ Sie – das ist Pfarrerin Suzanna Hanussek, die jeden Donnerstag in der Einrichtung an der Husemannstraße in der Altstadt einen knapp halbstündigen Gottesdienst hält. Und Gisbert Schüler ist einer der Ehrenamtlichen, die dann helfen. Zum Beispiel – wie im Fall der alten Dame – wenn ein Besucher die angesagte Liednummer nicht richtig verstanden hat.

Insgesamt 20 Ehrenamtliche greifen seit etwa fünf Jahren in dem Stift den Angestellten unter die Arme, fünf davon regelmäßig zu den Gottesdiensten – Allerdings nicht alle auf einmal. „Es kommt auch darauf an, wer Zeit hat“, erklärt der Leiter der Einrichtung, Michael Wiesenhahn. Die Gottesdienste würden auch ohne die freiwilligen Helfer stattfinden. „Aber die Ehrenamtlichen erleichtern das ungemein, denn sonst müsste dafür das Pflegepersonal von den Stationen abgezogen werden“, so Wiesenhahn.

Welcher Liedtext?

Dann ist es so weit: Lied Nummer acht wird gesungen. Knapp 30 Senioren besuchen den Gottesdienst im Foyer des Stifts. Gisbert Schüler steht auf, als eine Nachzüglerin die Kapelle betritt. Er holt ihr einen Stuhl, sucht ihr ein freies Sitzkissen und besorgt ihr außerdem ein Gesangsheft. Dann setzt er sich wieder und flüstert seiner Nachbarin etwas ins Ohr. Das bringt die alte Dame zum Lachen.

Vorne erzählt Suzanna Hanussek von Franz von Assisi, von den Kleidern, die er ablegt und von der groben Kutte, die er stattdessen überstreift. Einige Senioren scheinen nicht ganz mitzukommen. „So etwas wie einen Kartoffelsack“, schaltet Gisbert Schüler sich ein. Und darunter können sich die Gottesdienstbesucher scheinbar mehr vorstellen, denn die meisten von ihnen nicken jetzt wissend.

"Das Sahnehäubchen obendrauf"

Gisbert Schüler ist Rentner. „Mein damaliger Nachbar hat hier im Stift das gleiche gemacht wie ich jetzt“, sagt er. „Der hat mich hier reingebracht.“ Er wolle etwas sinnvolles tun, ohne das Ehrenamt würde ihm etwas fehlen. Seit fast zwei Jahren hilft er in dem Seniorenheim. Seine „Kollegin“ Rosemarie Dienel (75) hat vorher ehrenamtlich bei der Tafel angepackt. Das war ihr körperlich zu anstrengend geworden. „Bekannte haben mir dann empfohlen, mich hier zu melden.“ Beide sind nicht nur zu Gottesdiensten vor Ort. Gisbert Schüler kommt zwei bis drei Mal im Monat, Rosemarie Dienel mehrmals die Woche: „Eine Stunde hat man immer Zeit.“

Unter dem Titel „Das Sahnehäubchen obendrauf“ haben die Aktionsgemeinschaft Gelsenkirchener Senioreneinrichtungen und die Ehrenamtsagentur eine Kampagne zur Gewinnung von Ehrenamtlern in Senioreneinrichtungen gestartet.

Die WAZ begleitet die Aktion mit einer Serie, die Möglichkeiten, ehrenamtlich aktiv zu werden, vorstellt. Interessierte wenden sich unter 1 69 33 33 an die Ehrenamtsagentur.