Gelsenkirchen.

Ruhig, vielleicht sogar bedrückend und in intimer Atmosphäre wurde in der Flora an den Holocaust erinnert.

Kurz vor dem Gedenktag am 27. Januar lud der Verein Gelsenzentrum in Kooperation mit der Opernsängerin Michaela Sehrbrock und Pianistin und Opernsängerin Marion Steingötter zu der Veranstaltung „Wann wohl das Leiden ein Ende hat“ ein. Die rund 20 Zuhörer erwarteten sowohl unvertonte als auch vertonte Gedichte und Lieder der tschechisch-jüdischen Schriftstellerin Ilse Weber.

Zu Beginn stellte Marion Steingötter Ilse Weber und ihre Familie kurz vor: 1942 wurde sie von Prag in das Konzentrationslager Theresienstadt deportiert. Dort arbeitete sie als Kinderkrankenschwester und schrieb Gedichte und Lieder für ihre Pflegekinder und Mithäftlinge. Ihrem Mann Willi Weber sei es „zu verdanken, dass wir diese Stücke heute haben.“ Er überlebte den Holocaust und kehrte nach Theresienstadt zurück, um die Texte in Sicherheit zu bringen.

Nichts zu beschönigen

Eindrucksvoll und voller Emotionen trug Michaela Sehrbrock die Gedichte vor. Diese waren anfangs noch voller Glaube und Hoffnung – Hoffnung auf Frieden und auf Heimkehr. Den Kindern sollte Mut gemacht werden. In Kombination mit den Liedern, begleitet von Marion Steingötter, wurde den Zuhörern auf bemerkenswerte Weise vermittelt, wie Ilse Weber, die für viele Schicksale steht, die Zeit im KZ erleben musste.

Klangen die Stücke zunächst hoffnungsvoll, optimistisch, ja sogar etwas fröhlich, wurde in den Texten deutlich, wie verzweifelt und hoffnungslos sie doch eigentlich oft war: „Es ist kein gutes Gefühl zu bleiben, wenn andere ins Ungewisse treiben“ heißt es etwa in dem Lied „Ein Transport wird einberufen“. In Ilse Webers Werken wird nichts beschönigt; es gibt ja auch nichts zu beschönigen. Ehrlich und in einfacher Sprache sorgen ihre Gedichte und Lieder auch heute dafür, sich mit dem Holocaust auseinanderzusetzen, zu hören, wie es vielen Menschen in dieser Zeit erging und sich das Unvorstellbare vorzustellen.

Besonders Gedichte wie „Begräbnis“ oder „Theresienstädter Kinderreim“ hielten dem Publikum die traurige Realität vor Augen: „Rira, Rirarutsch, wir fahren in der Leichenkutsch“. Es sind solche Zitate und die Schilderungen, wie Kinder von ihren Eltern getrennt werden, die die Zuhörer besonders treffen und berühren. Am Ende herrschte Stille – gefolgt von kräftigem Beifall. Und auch das Schlusswort fiel passend musikalisch aus: So bereiteten Sehrbrock und Steingötter zweistimmig mit „Oseh Shalom“ einen Abschiedsgruß vor, „damit Sie wieder positiv in die Welt hinausgehen.“