Gelsenkirchen. Elke und Andreas Jordan von Gelsenzentrum e.V. zogen Montag mit dem Künstler Gunter Demnig und wechselnden Besuchern zu acht Orten, um insgesamt 18 neue Stolpersteine zu verlegen. Sie erinnern an Menschen, die Opfer der Nationalsozialisten geworden sind. Die meisten starben in Konzentrationslagern.

Sie lebten mitten in Gelsenkirchen – und waren eines Tages verschwunden. Gedemütigt, gequält, deportiert – viele ermordet: Jüdische Familien, Christen mit aufrechtem Gang, Homosexuelle, Gegner der Nationalsozialisten. Zum Gedenken an die Opfer des braunen Terrors wurden am Montag 18 neue Stolpersteine an acht verschiedenen Orten verlegt.

Wie seit Beginn der Gelsenzentrum-Aktion, stammen auch die jüngsten Gedenksteine aus der Werkstatt des Kölner Künstlers Gunter Demnig, der sie gestern an Ort und Stelle selbst verlegte. Die beschrifteten Erinnerungsseine sind gleichermaßen ein Appell an die Gesellschaft, das finsterste Kapitel jüngerer deutscher Geschichte niemals zu vergessen.

Ein Missionar durch und durch

Elke und Andreas Jordan von Gelsenzentrum e.V. als Initiatoren und wechselndes Publikum begleiteten die Verlegungen. Und da waren durchaus Zeitzeugen zur Stelle. Etwa vor dem Haus Grillostraße 57, dem ehemaligen Wohnort von Pater Hermann Joseph Vell. Ein Mitglied seiner eigenen Schalker Gemeinde hatte den Geistlichen denunziert, weil er Flugblätter der Widerstandsgruppe „Weiße Rose“ um die Geschwister Scholl verteilt haben soll. Kurz vor der Vollstreckung des gegen ihn verhängten Todesurteils wurde Pater Vell am 27. April 1945 von russischen Soldaten aus der Todeszelle im Zuchthaus Brandenburg-Görden befreit.

Käthe Sareyko hatte den Katholiken als junges Mädchen schätzen gelernt. Sie hatte das Album mitgebracht, in das Pater Vell am 14. Juli 1946 einen Abschiedsgruß geschrieben hatte. „Er ist danach in die spätere DDR gegangen. Ohne eine Bibel, ohne überhaupt irgend etwas Schriftliches“, erzählte sie. „Ich habe ihn nicht als verbitterten Menschen kennen gelernt. Pater Vell, das war ein Missionar durch und durch. Er hat bei jedem Hausbesuche gemacht, egal, welche Konfession die Menschen hatten.“

Ziemlich schwere „Wäsche“

An eine „vorsichtige Stimmung“ in der Gemeinde, besonders in den Gottesdiensten, erinnert sich Johannes Müller. Der heute 81-Jährige war Messdiener bei Pater Vell. Und, verrät er, so etwas wie der Geheimkurier der „Weißen Rose“. Er habe immer „Wäsche“ abholen müssen. „Na ja, die war ziemlich schwer.“ Was das für eine Wäsche war, wollte man ihm nicht sagen.

Eine Beobachterin zog zu jedem neuen Steinort mit und bemerkte am Rand: „Ich finde es gut, dass der Künstler seine Sache konsequent durchzieht.“ Auch an der Arminstraße, auch an der Kirchstraße. Nur am letzten der acht Erinnerungsorte, an der Markenstraße 19, da sollte Gunter Demnig in seiner ruhigen Professionalität unterbrochen werden. Ausgerechnet hier, wo die Familie des überlebenden Holocaust-Opfers Hermann Neudorf zu Gast war, wurde die Aktion von hässlichen Verbalattacken übler Gestalten begleitet.

Die WAZ berichtet noch.