Gelsenkirchen.

In Gelsenkirchen stößt der Vorschlag des Landes, für eine Übergangszeit die Standards im Ausbau der U3-Betreuung zu senken, auf fruchtbaren Boden. Alfons Wissmann, Betriebsleiter der Gelsenkirchener Kindertagesbetreuung (Gekita), erkennt darin „einen guten Vorschlag, wenn für eine gewisse Zeit die Zahl der Kinder in den Gruppen der unter Zweijährigen, denn von denen reden wir hier tatsächlich, von zehn auf 15 erhöht werden“.

Der Gedanke, so Wissmann, sei sogar in den Kreisen der Jugendämter geboren worden, um auf diesem Weg die Versorgungsdichte bis zum 1. August 2013 noch einmal markant zu erhöhen. Mit diesem Datum wird bekanntlich der Rechtsanspruch auf einen Platz in der Betreuung der unter Dreijährigen rechtswirksam. In Gelsenkirchen liegt die Versorgungsquote momentan bei 27 Prozent. Durch diese Maßnahme, so der Gekita-Chef, könne sie um 5 auf 32 Prozent gesteigert werden.

200 neue Plätze

In absoluten Zahlen gerechnet heißt das: In den aktuell 40 Gruppen (30 städtische, zehn in freier Trägerschaft) würden 200 neue Plätze entstehen. Parallel müsste auch die Zahl der Erzieherinnen und Erzieher erhöht werden. Derzeit gilt der Schlüssel, zwei Kräfte für zehn Kinder. „Rechnet man das hoch, müssten drei Erzieherinnen oder Erzieher für 15 Kinder zur Verfügung stehen“, so Wissmann. Räumliche Probleme erkennt er nicht. „Die Vorgabe besagt, dass ein Raum für zehn Kinder in der U3-Betreuung so groß sein muss, wie sonst einer für eine normale Gruppe mit 25 Kindern. Da erscheint es mir möglich, für eine Übergangszeit die Zahl auf 15 zu erhöhen.“ Bis die Stadt – wie in der WAZ berichtet – den Neubau bzw. Umbau von sechs Kindergärten umgesetzt hat.

Der Städtetag Nordrhein-Westfalen mahnt dennoch in Person seines Geschäftsführers Dr. Stephan Articus davor: „Bis zum Inkrafttreten des Rechtsanspruches auf Betreuung für die ein- und zweijährigen Kinder steht immer noch ein gewaltiger Kraftakt bevor, um die notwendigen Plätze zu schaffen. Bereits heute bestehen gravierende Zweifel, dass dies überall gelingen wird. Auch wenn das Land eine durchschnittliche Versorgungsquote von 32 Prozent für das nächste Kindergartenjahr anstrebt, reicht dies in vielen großen Städten bei weitem nicht aus. Der Bedarf liegt dort häufig viel höher, zum Teil über 40 Prozent. Deshalb werden Lücken zwischen dem konkreten Bedarf der Eltern und dem verfügbaren Angebot bleiben.“

Stadtkasse wird nicht strapaziert 

Der Städtetag NRW unterstütze Maßnahmen zur Gewinnung von Erzieherinnen und Erziehern, die nach wie vor noch nicht in ausreichendem Maße zur Verfügung stünden, sagt Articus. Und dass es dringend notwendig sei, dass endlich die Ausgleichszahlungen vom Land an die Kommunen fließen würden, die infolge der Landtagsauflösung noch nicht im Landtag verabschiedet werden konnten.

All das unterstützt auch Alfons Wissmann um den Fakt wissend, dass die Kassen der Stadt durch diese Maßnahmen nicht strapaziert würden („Für die Freien Träger kann ich nicht sprechen“), sondern das sogenannte Konnexitätsprinzip greift. Also: Wer die Musik bestellt, bezahlt sie auch. Außerdem bekommen die Kommunen für das nun beitragsfreie dritte Kindergartenjahr eine Rückerstattung der Kosten in Höhe von 17 Prozent. Bislang, so Wissmann, habe man darüber gerade einmal zehn Prozent über Betriebskostenerstattungen einnehmen können – würde am Ende also wirtschaftlich besser dastehen.

Sympathisch findet der Gekita-Chef auch den Gedanken des „Platz-Sharing“. Wenn zwei Familien sich einen Betreuungsplatz teilen, weil die Situationen es hergeben würde, wäre das für ihn ein unterstützenswerter Gedanke. „In der Rasselbande in Buer gibt es das bereits“, nennt Alfons Wissmann ein praktisches Beispiel.

Gegenrede: Das Rad der Qualität wird zurückgedreht

Die Pläne, die beim 2. Landeskrippengipfel beschlossen wurden, sieht der KiTa Zweckverband mit großer Besorgnis. „Das Rad der Qualität wird zurückgedreht: von der Förderung und Bildung der Kinder hin zur reinen Betreuung“, kommentiert Geschäftsführer Peter Wenzel die Entscheidungen. Die Gruppengröße pauschal von zehn auf bis zu 15 Kinder aufzustocken, sei ein fachlicher Offenbarungseid, sagt er. Unter Dreijährige benötigten eine besondere Aufmerksamkeit, die mit den vorgesehenen Maßnahmen kaum realisierbar wäre. Auch eine Reduzierung der Außenfläche ginge zu Lasten der Kinder, die dadurch in ihrer Bewegung eingeschränkt werden würden. In Gelsenkirchen betreut der Zweckverband 1619 Kinder in 29 Kindertagesstätten.