Gelsenkirchen.
Nun also doch: Die Ausstellung über die NS-Vergangenheit der Künstlersiedlung Halfmannshof wird, wie berichtet, stattfinden. Wenn auch nicht, wie ursprünglich geplant, auf dem Hof selbst, sondern im städtischen Kulturraum „die flora“ an der Florastraße 26. Mitte letzten Jahres hatte sich an genau diesem Ausstellungsprojekt ein heftiger Streit unter den Künstlern entzündet; in diesem Zuge war der damalige Vereinsvorstand zurückgetreten.
Der Konflikt kreiste damals um die Finanzierung der Präsentation „Zwischen Diktatur und Demokratie – Die Geschichte der Gelsenkirchener Künstlersiedlung Halfmannshof 1931-1956“. Die Diskussion drehte sich um knapp 4000 Euro, die aus der Vereinskasse in die Realisierung des Projektes fließen sollten.
Vorstand trat zurück
Diese Summe hätte rund zehn Prozent des damals geplanten Gesamtetats gedeckt. In der Jahreshauptversammlung erteilte der Hof-Verein der Finanzierung eine Absage, weil ihm genaue Informationen über die Verwendung der Finanzmittel fehlten. Der Vorstand um die Vorsitzende Katja Langer trat daraufhin zurück. Langer kritisierte damals: „Ich denke, dass die Ablehnung der Ausstellung aus finanziellen Gründen ein Vorwand seitens der Mehrheit der Mitglieder ist.“ Diese wiederum dementierten heftig.
Nun findet die Ausstellung auch ohne Geld vom Halfmannshof statt, nämlich aus Mitteln der „flora“ und des Instituts für Stadtgeschichte. Kulturamtsleiter Dr. Volker Bandelow hofft zudem noch auf Sponsoren.
Aufarbeitung der Geschichte
Nach der zeithistorischen Aufarbeitung der Hofgeschichte während der Jahre des Nationalsozialismus’ durch den Herner Historiker Dr. Holger Germann im letzten Jahr soll nun mit der für Ende November geplanten Ausstellung auch die kunsthistorische Dimension unter die Lupe genommen werden.
Beleuchten wird diesen Aspekt der Recklinghäuser Kunsthistoriker Reinhard Buskies. Der Kontakt zu dem 48-jährigen Wissenschaftler entstand über die Halfmannshof-Künstlerin Katja Langer. Buskies, der in Marburg und Bochum Kunstgeschichte und Musikwissenschaft studiert und einige Jahre eine Galerie in Datteln-Horneburg betrieben hat, hat sich für seine Auseinandersetzung mit der Geschichte der Künstlersiedlung vor allem folgendes Ziel gesetzt: „Ich möchte einen differenzierten Blick auf diese Zeitepoche ermöglichen, die geprägt ist durch zahlreiche Pauschalisierungen.“
Arens fiel durch Darstellungen vno Waffen auf
Buskies will die ganz individuellen Wege der einzelnen Künstler nachzeichnen, aufarbeiten, wer wie in die politischen Strukturen involviert war und wie sich das aufs Werk auswirkte. Die Bandbreite sei da durchaus groß. Grafiker Josef Arens zum Beispiel sei in der NS-Zeit durch Darstellungen von Waffen aufgefallen: „Die sollen auch Hitler gefallen habe, den Arens dann in Berlin getroffen hat.“ Wirklich kritische Auseinandersetzungen mit dem Terror-Regime hat Buskies bislang nicht ausgegraben: „Noch ist die Quellenlage aber auch lückenhaft.“
Zurzeit sondiert Reinhard Buskies vor allem die Material-Lage: „Es gibt im Depot des Kunstmuseums Gelsenkirchen Werke aus der Zeit, ich habe Kontakte zu Familien von damaligen Künstlern und zu Freunden und Sammlern hergestellt.“ Zudem sichtet der Kunsthistoriker stapelweise Publikationen, von Katalogen über Bücher bis hin zu Zeitungsausschnitten. Die Ausstellung selbst, die nun das Institut für Stadtgeschichte und der Kulturraum „die flora“ gestalten, wird möglichst viele Originalwerke der einstigen Halfmannshöfer wie Hubert Nietsch, Josef Arens oder Wilhelm Spürkel zeigen, sie wird die Arbeiten aber vor allem in die Kunst- und Zeitgeschichte einordnen.
Begleitende Fachtagung geplant
„Zusammen mit dem Buch von Holger Germann entsteht eine wirklich umfassende Aufarbeitung der NS-Zeit im Halfmannshof“, begrüßt Prof. Dr. Stefan Goch vom Institut für Stadtgeschichte das Projekt. Zumal: „Es wird während der Ausstellung auch noch eine Fachtagung geben, deren Ergebnisse ebenfalls veröffentlicht werden sollen.“
Reinhard Buskies ist zudem noch auf der Suche: „Kunstwerke wären optimal. Interessant sind aber auch Kataloge, Publikationen, Korrespondenzen.“
Wer etwas zur geplanten Ausstellung beitragen kann, kann sich melden unter1699105 („die flora“) oder 1698551 (Institut für Stadtgeschichte).