Gelsenkirchen. .
Eine bedrückende Stille herrscht in den Gängen der Agentur für Arbeit Gelsenkirchen. Obwohl auf dem Kalenderblatt Samstag geschrieben steht, nehmen die Mitarbeiter an ihren Arbeitsplätzen in der ersten Etage die Daten der Kundinnen auf. Einige Frauen sitzen im Wartebereich nebeneinander am Fenster und halten Unterlagen in den Händen. Vereinzelt wechseln sie ein paar Worte, die meiste Zeit herrscht aber Schweigen. Viele sind einfach nur sprachlos nach dem plötzlichen Verlust ihres Arbeitsplatzes.
Seit letzter Woche ist es Gewissheit: Der Plan einer Auffanglösung für die rund 11.000 Schlecker-Mitarbeiterinnen ist gescheitert und damit ihre letzte Hoffnung geplatzt. Aus diesem Anlass öffnete die Gelsenkirchener Arbeitsagentur für Schlecker-Frauen aus Bottrop, Gladbeck und Gelsenkirchen ausnahmsweise am Samstag. „Wir möchten für die Menschen, die unerwartet in diese schwierige Situation geraten sind, ein Zeichen setzen. Umso eher wir starten, desto schneller können wir auch einen neuen Arbeitsplatz finden“, sagt Luidger Wolterhoff, Leiter der Agentur für Arbeit Gelsenkirchen.
Zahlreiche Frauen nehmen das Angebot an. Einige sind sogar schon vor der angekündigten Öffnungszeit da. Dennoch sitzt bei vielen der Schock tief. „Wie soll es einem schon gehen, wenn man plötzlich seinen Arbeitsplatz verliert? Ich fühle mich schlecht, bin enttäuscht und habe auch ein wenig Angst vor dem, was kommt“, verrät eine Frau im Wartebereich.
Wut auf die FDP
Bei einigen staut sich im Innern die Wut, die sich insbesondere gegen die FDP richtet, die bekanntermaßen die Gründung einer Schlecker-Transfergesellschaft verhindert hat. „Wenn mir der Herr Rösler über den Weg läuft, finde ich bestimmt etwas, das ich werfen kann. Ich bin stinksauer“, erklärt eine ehemalige Schlecker-Mitarbeiterin. Andere zeigen aber auch Verständnis. „Natürlich ist man enttäuscht, aber wenn andere Menschen ihren Job verlieren, gibt es auch keine Transfergesellschaft. Deshalb kann ich die Entscheidung auch irgendwie nachvollziehen“, sagt eine Frau. „Es wäre nur besser gewesen, wenn man uns vorher nicht so große Hoffnung gemacht hätte.“
Die eine oder andere fragt sich, ob das Engagement der Politik größer gewesen wäre, wenn bei Schlecker nicht vornehmlich Frauen, sondern Männer betroffen gewesen wären. „Ich bin Alleinverdienerin, muss zwei Kinder ernähren und meine Wohnung bezahlen“, erzählt eine Schlecker-Frau, die vor den Büros der Jobvermittler wartet. „Es sind eben heute nicht mehr allein die Männer, die das Geld nach Hause bringen.“
Ziel sind schnelle Angebote
In die Zukunft schauen viele zurzeit noch skeptisch. „Ich glaube, dass es hier im Ruhrgebiet nicht so gut aussieht, aber ich habe immer noch Hoffnung“, gibt eine Dame zu.
Nach der Entscheidung gegen eine Transfergesellschaft will die Agentur für Arbeit Gelsenkirchen den Betroffenen schnelle Angebote zur Vermittlung und Qualifizierung unterbreiten – und macht Mut: „Es gibt freie Stellen im Einzelhandel, und wir können Interessenten sofort Stellenangebote auflisten. Die Frauen, die sich hier heute vorgestellt haben, sind motiviert und qualifiziert“, sagt Gelsenkirchens Agentur-Chef Luidger Wolterhoff. „Man merkt, dass sie unbedingt schnell wieder eine neue Arbeit finden wollen.“