Gelsenkirchen. . Trauerstimmung herrschte bei den Betriebsversammlungen für Beschäftigte von Schlecker in Gelsenkirchen. 83 von 120 Mitarbeitern stehen auf der Kündigungsliste des Unternehmens. „Die Frauen sind fertig“, sagt Verdi-Geschäftsführerin Martina Peil. Bis zum 24. März schließen 12 der 22 Filialen in der Stadt.

Die zwei Betriebsversammlungen für Schlecker-Mitarbeiterinnen in der Verdi-Geschäftsstelle gleichen Trauerfeiern. Viele Frauen weinen, als sie ihren Namen auf der Kündigungsliste sehen. Man hat gehofft, nicht dabei zu sein. Sie reagieren geschockt und wütend zugleich. Seit über 20 Jahren sind viele bei der Drogeriemarktkette beschäftigt, haben für gerechte Tarifverträge gekämpft. Bis zum 24. März schließen 12 der 22 Schlecker-Filialen in Gelsenkirchen. 83 von 120 Beschäftigten erscheinen auf der Kündigungsliste des Insolvenzverwalters.

Gelsenkirchen, ohnehin schon trauriger Spitzenreiter in der Arbeitslosenbilanz, ist in NRW am stärksten von der Insolvenz der Drogeriemarktkette betroffen. Betriebsräte müssen jetzt überprüfen, ob die Sozialauswahl durch den Insolvenzverwalter gerechtfertigt war. Familienstand, Alter und Betriebszugehörigkeit spielen eine entscheidende Rolle. Die endgültige Liste soll dem Betriebsrat bis zum 19. März vorliegen.

„Die Frauen sind fertig. Da spielen sich Dramen in den Familien ab“, sagt Verdi-Geschäftsführerin Martina Peil. „Viele Frauen, die schon lange dabei sind, haben das Familieneinkommen organisiert. Ihre Männer waren bereits arbeitslos. Sie sind hilflos, wissen nicht, wie sie die Zukunft meistern sollen.“

„Mutige Frauen haben die Mitbestimmung durchgesetzt und tarifgebundene Arbeitsplätze erkämpft“

Die Gewerkschaft pocht auf Hilfe durch den Bund. Lieselotte Hinz vom Verdi-Landesfachbereich Handel fordert Politiker auf, jetzt ähnlich zu handeln wie bei der Autokrise. „Mutige Frauen haben die Mitbestimmung durchgesetzt und tarifgebundene Arbeitsplätze erkämpft.“ Die Gewerkschafterin sieht eine Chance in einer Transfergesellschaft, die die Frauen zunächst vor Arbeitslosigkeit schützen könnte. Mit der Schlecker-Insolvenz sieht Verdi auch die Aufrichtigkeit von Politik auf die Probe gestellt: ob das Engagement auch bei klassischen Frauenarbeitsplätzen ähnlich stark sein wird wie bei der Opel-Krise.

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Ungünstiger konnte der Zeitpunkt der Schlecker-Pleiten allerdings nicht sein. Die Landespolitik ist ohne verabschiedeten Haushalt kaum handlungsfähig, die Bundesregierung zeigt kein einheitliches Gesicht zu möglichen Hilfen. Das Arbeitsministerium hat zumindest Bereitschaft erkennen lassen, Brücken zu bauen, während der Wirtschaftsminister bisher kein Interesse an Unterstützungen für die bundesweit über 10000 betroffenen Beschäftigten zeigt.

An Solidarität und angebotenen Gesprächskontakten mangelt es zumindest in Gelsenkirchen nicht. Hier können die Frauen mit Unterstützung rechnen. Jochen Hampe, Dezernent für Wirtschaftsförderung, war in der Betriebsversammlung anwesend wie auch die beiden SPD-Landtagsabgeordneten Markus Töns und Heike Gebhard.

Auch die Arbeitsverwaltung führte erste Gespräche mit den Frauen. Doch die Perspektiven am Arbeitsmarkt sind vor allem in Gelsenkirchen eher düster. Im Einzelhandel herrscht kein üppiges Angebot an Arbeitsplätzen. Viele Frauen empfinden es als bedrückend, demnächst mit früheren Kolleginnen um eine neue Stelle kämpfen zu müssen.