Gelsenkirchen.

Der Traum von einer Transfergesellschaft ist für Schlecker-Mitarbeiterinnen zur Makulatur geworden. Es bleibt die Wut. Sie fühlen sich von der Politik, in erster Linie von der FDP, im Stich gelassen. Viele Mitarbeiter kritisieren, dass bei Entscheidungen für oder gegen eine Transfergesellschaft Branche und Geschlecht eine wesentliche Rolle spielen. Gewerkschafter resignieren: Frauen fehle die Lobby der Autoindustrie, in der Arbeitsplätze überwiegend männlich besetzt seien.

Die meisten Frauen müssen jetzt vom Arbeitslosengeld I leben, das bei 60 Prozent ihres Nettogehalts liegt. Der Druck, schnell einen neuen Job zu finden, ist durch das Scheitern der Transfergesellschaft noch größer geworden. Das Transfer-Kurzarbeitergeld hätte sechs Monate lang immerhin bei 80 Prozent gelegen.

"Vermittlungs- und Beraterteams stehen bereit"

Die Arbeitsagentur, die auch heute für Gespräche ihre Türen öffnet, hat schnelle und professionelle Hilfe zugesagt. Berater wollen sich ein Bild von der Qualifikation der Bewerberinnen machen, um gezielt nach geeigneten Stellen zu suchen. Agenturchef Luidger Wolterhoff: „Sowohl 400-Euro-Kräfte als auch versicherungspflichtig Beschäftigte können unsere Angebote in Anspruch nehmen.“ Das heißt: Die Agentur kann Arbeitslose bei anfallenden Fahrtkosten für Bewerbungen oder für berufliche Qualifizierung finanziell unterstützen. Auch während der Einarbeitungszeit sind Zuschusse möglich.

Arbeitgeber, die Verkäuferinnen einstellen, auch wenn ihr Profil nicht ganz zur Stellenausschreibung passt, können Eingliederungszuschüsse erhalten. Schlangen vor den Beratungszimmern will die Agentur durch Vergabe fester Termine vermeiden. „Vermittlungs- und Beraterteams“, so Pressesprecher Michael Kinzler, „stehen bereit.“ (Hotline 01801-555111)

Gewerkschaft: Schlecker-Frauen sollen klagen

Wer eine Umschulung anstrebt, der kann nur dann auf staatliche Hilfe bauen, wenn die Vermittlung als Verkäuferin chancenlos ist. Wer den Schritt in die Selbstständigkeit wagen will, muss das tragfähige Konzept von der IHK absegnen lassen, wenn ein Gründungszuschuss fließen soll.

Nach dem Scheitern der Einrichtung einer Transfergesellschaft für die Schlecker-Mitarbeiter ruft die Gewerkschaft Verdi zur Gegenoffensive auf. Alle Schlecker-Beschäftigten im Bezirk Emscher-Lippe werden aufgerufen, Kündigungsschutzklagen einzureichen.

„Die Frauen müssen weiter kämpfen“, sagt Verdi-Bezirksgeschäftsführerin Martina Peil. Ziel ist es, Druck auf Insolvenzverwaltung und Politik auszuüben. Mit beiden geht Martina Peil hart ins Gericht: „Ich habe den Eindruck, dass es niemandem wirklich um das Schicksal der Schlecker-Frauen ging. Die Insolvenzverwaltung wollte mit Hilfe der Transfergesellschaft interessierten Investoren eine altlastenfreie Firma anbieten“. Die Politik sei nach ihrer Ansicht ebenso in der Lage gewesen, sich über das Votum der FDP hinwegzusetzen.

Auch Aussagen der Arbeitsagentur, dass die Vermittlungschancen für die gekündigten Frauen gut stünden, hält Martina Peil für nicht mehr als „politisch motivierten Versuch öffentlicher Schadensbegrenzung“. Betroffene sollten nach Erhalt der Kündigung bei Verdi einen Beratungstermin unter 0209/9409412 vereinbaren. Die Frist für eine Klageerhebung beträgt drei Wochen.

Agentur für Arbeit bietet ausnahmsweise Samstags-Beratung an

Eine Transfergesellschaft für die Schlecker-Mitarbeiterinnen wird es nicht geben, die Kündigungen sind bereits verschickt. Gleiches gilt für die Beschäftigten von IhrPlatz. Die Agentur für Arbeit Gelsenkirchen sieht sich jetzt am Zug und reagiert prompt.

Am heutigen Samstag, 31. März, öffnet die Agentur an der Vattmannstraße 12 außerplanmäßig in der Zeit von 9 bis 11 Uhr, um Arbeitslosenmeldungen aus Gelsenkirchen, Buer, Bottrop und Gladbeck aufzunehmen und sofort in ersten Beratungsgesprächen Perspektiven aufzuzeigen. „Wir wissen, in welcher Anspannung die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Schlecker und IhrPlatz in den vergangenen Wochen gelebt haben“, ist sich Luidger Wolterhoff, Agenturleiter, sicher. „Daher möchten wir bereits dieses Wochenende nutzen, um den Menschen die Unterstützung zukommen zu lassen, die sie brauchen.“

Für den Agenturbezirk ist die Lage auf dem Arbeitsmarkt günstig. Der Handel floriert und sucht nach Fachkräften. Am kommenden Montag ist die Agentur für Arbeit ganztägig von 8 bis 16 Uhr geöffnet.