Gelsenkirchen-Bulmke-Hüllen. Mit der Geduld am Ende sind Bürger im Gelsenkirchener Ortsteil Bulmke-Hüllen. Müll, Park-Chaos, Raser - und keine Besserung in Sicht, klagen sie.
Müll an öffentlichen Plätzen oder Abfallberge an überquellenden Containerstandorten, Park-Chaos durch schrottreife oder abgemeldete Autos und große Lieferfahrzeuge, die mehr als nur einen Stellplatz lange blockieren, Parken in zweiter oder dritter Reihe vor Lebensmittelläden, Raser und Poser, die nachts ihre Motoren aufheulen lassen oder etwa Bedrohungen und Übergriffe durch junge Männer: Eigentlich ist es egal, welche Sitzung eines Präventionsrates man zu Gast ist – die Schnittmenge ist oft dieselbe bei den Kernthemen. So auch dieses Mal beim Treffen des Präventionsrates Bulmke-Hüllen.
Und auch diese Forderung und Anklage in Richtung Behörden hört man aus der Anwohnerschaft immer wieder: „Es muss endlich etwas passieren. Wir rufen ständig an, aber es tut sich einfach nichts.“ Wiederholt gepaart sind solche Beschwerden mit der Ankündigung, sein Kreuz bei der nächsten Wahl entgegen sonstiger Prämissen woanders hinzusetzen. So etwas hatte es zuletzt auch in Bismarck gegeben.
Gelsenkirchen: Zu viele neuralgische Bereiche und zu wenig Ordnungskräfte, um sofort zur Stelle zu sein
Jennifer Holthaus, KOD-Bezirksdienststellenleiterin für den Gelsenkirchener Süden, wird dann nicht müde, zusammen mit Polizei (dieses Mal verhindert) oder den Gelsendiensten den aufgebrachten Bürgerinnen und Bürgern die Problematik zu erklären. „Es dauert, bis die Situation befriedet ist“, sagt die Frau vom Kommunalen Ordnungsdienst. Die Stadt ist zu groß und hat zu viele neuralgische Bereiche, als dass die aktuell 75 Kräfte des Kommunalen Ordnungsdienstes (Ende des Jahres dann 100 Mitarbeitende) überall und sofort zur Stelle sein könnten, erklärt sie dann den Anwesenden. Eine 24/7-Einsatzbereitschaft des KOD sei schlichtweg unmöglich. Im Sommer endet der Dienst um 23 Uhr, im Winter um 22 Uhr.
Rund um die Uhr präsent ist die Polizei, die Behörde muss aber Prioritäten setzen, wie deren Vertreter ebenso oft schon gebetsmühlenartig erklärt haben. Die Massen-Schlägerei oder Messerstecherei bekommt logischerweise den Vorzug - vor lärmenden Nachbarn, Müllsündern oder PS-Junkies. Ähnlich ergehe es Gelsendienste, wie Axel Käseberg von der städtischen Tochter darlegt. „Kaum, dass wir eine Stelle von Müllbergen befreit haben, wird neuer Abfall dort hingeschmissen, sobald wir abrücken.“
Erkenntnisse über Hotspots, andauernde oder neu auftretende Missstände und Probleme gewinnen die Behörden neben ihren Streifendiensten in den Quartieren aber nur, wenn Bürger sich die Mühe machten, immer und immer davon zu berichten. Das betonen Vertreter von KOD, Polizei und Gelsendienste ständig. Das Problem, und auch diese Replik kam prompt aus der gut 30-köpfigen Zuhörerschar in der Aula des Ricarda-Huch-Gymnasiums: „Man sieht keine Verbesserung. Irgendwann gibt man dann als Anwohner auf und lässt es bleiben.“
Ingrid Raddatz, Leiterin einer Gelsenkirchener Kita und seit „40 Jahren im Thema“, teilte dem Gremium noch eine bedrückende Folge mit: „Ich kenne eine Reihe von Familien, die sagen: Wir fühlen uns nicht mehr wohl, Gelsenkirchen ist zu schmutzig, wir ziehen weg.“
Herrenlose Einkaufswagen in Gelsenkirchen: Stadt kündigt Gespräche mit Discountern an
Für den Erfolg braucht es Zeit, wie das Beispiel eines Supermarktes an der Ecke Bulmker Straße/Hohenzollernstraße zeigt. Der Laden war schon vor zwei Monaten Thema im Präventionsrat. Einkaufswagen seien überall im Umfeld zu finden, Lieferanten und Kunden parkten gern in zweiter, dritter Reihe, Paletten würden zum gefährlichen Hindernis.
Ergebnis der jüngsten behördenübergreifenden Kontrolle: „Das Veterinäramt hat keine Feststellungen gemacht, die Paletten auf den Gehwegen waren innerhalb einer Stunde weg.“ Die Einkaufswagen hätten zudem eine Befestigung als „Einparkhilfe“ bekommen, damit sie nicht mehr durch die Gegend rollten. Man bleibe weiter dran. Die Stadt sei zudem im Gespräch mit Discountern, um das Problem herrenloser Einkaufswagen im Stadtgebiet in den Griff zu kriegen. Aber: Den Verkehrsüberwachungsdienst stunden- oder tagelang abzustellen, um Parksünder auf frischer Tat zu ertappen, sei nicht möglich.
Gelsenkirchener Bürger fordern Kamera-Einsatz zur Überführung von Müllsündern
Lieferwagen, die mehr als nur einen Stellplatz belegen und Müllberge an Containerstandorten, beispielsweise „Am Graskamp“, ziehen den Zorn der Menschen im Quartier ebenso auf sich. Gefordert wurde von Bürgern eine Kamera-Überwachung, um Müll-Täter effektiv belangen zu können. Selbst Fotos zu schießen, sei im Zweifelsfall zu gefährlich, so die Botschaft.
Der Datenschutz in Deutschland macht eine solche Videoüberwachung aber unmöglich, dazu müssten die sich die Örtlichkeiten schwerpunktmäßig durch relevante Straftaten hervortun. Und auch Belege von Mülldetektiven, die Hinweise auf den Verursacher finden (etwa Dokumente mit Namen und Adresse) halten für eine eindeutige Beweisführung vor Gericht nicht unbedingt stand (Denn: Den Müll könnte ja jemand anderswo aus einer Tonne genommen und dorthin geschmissen haben). Den Lieferwagen ist auch nicht beizukommen, sie dürfen qua Gesetz auf den öffentlichen Stellflächen parken.