Gelsenkirchen. Gelsenkirchen wurde von einer Raubserie durch Jugendliche heimgesucht. So viele Verdächtige hat die Polizei gefasst, so viele Fälle sind gelöst.

Es war eine erschütternde Serie, die im Herbst vergangenen Jahres ihren Anfang nahm: Kriminelle Teenager und Jugendliche raubten immer wieder Gleichaltrige oder Jüngere in Gelsenkirchen aus. Es verging mitunter kaum ein Tag, an dem die Polizei nicht von einem neuerlichen Beutezug berichtete. Die Raubzüge in der Emscherstadt waren deshalb schon Thema im Innenausschuss des Düsseldorfer Landtags. Reagiert hat auch das hiesige Polizeipräsidium: mit der Ermittlungskommission „König“, mit verstärkten Kräften in den Quartieren, teils inkognito. Fast ein Jahr später zieht die Behörde Bilanz.

Raubzüge Jugendlicher in Gelsenkirchen: 237 Strafverfahren, 155 Fälle aufgeklärt

Die Gelsenkirchener Polizei hat in „237 Fällen Strafverfahren eingeleitet und bislang 155 Taten aufklären können“, sagt Polizeisprecherin Merle Mokwa. Im Netz der Polizeifahnder haben sich bislang „144 Tatverdächtige“ verfangen, seit im September 2022 die 20-köpfige Ermittlungskommission „König“ ihre Arbeit aufgenommen hat.

Der Name König wurde deshalb gewählt, weil viele der Taten in der Gelsenkirchener Innenstadt zunächst rund um den Heinrich-König-Platz verübt worden sind, und dort in der Vergangenheit bereits Jugendliche durch Pöbeleien, Diebstähle und Bedrohungen aufgefallen waren. Meist gegenüber Passanten und Geschäftsleuten. Später haben nach Angaben der Behörde die kriminellen Jungtäter ihren Aktionsradius auf das gesamte Stadtgebiet ausgedehnt. Im Visier als Beute standen meist Bargeld, Handys, Kopfhörer oder auch Accessoires wie Kappen.

Polizei Gelsenkirchen: Keine Bandenstruktur erkennbar, kein einheitliches Tatmuster

Der Großteil der Verdächtigen ist 14 bis 18 Jahre alt. Gegen mehrere Tatverdächtige wurde ein Untersuchungshaftbefehl erwirkt. Bandenstrukturen oder ein einheitliches Tatmuster hat die Polizei demnach nicht feststellen können, ebenso nicht „besonders belastete Örtlichkeiten“.

Welch kriminelle Karriere darunter so manch einer trotz seines jungen Alters bereits hinter sich hat, zeigt beispielhaft der Fall eines 15-Jährigen, der selbst vor wesentlich älteren Opfern nicht Halt machte. Im Februar 2023 schnappten bei dem 15-Jährigen mit polnischen Wurzeln die Handschellen zu.

Gelsenkirchener begeht kurz nach Entlassung aus Jugendarrest den nächsten Raub

Sechs Straftaten ordnen die Ermittler ihm zu, darunter sind „räuberischer Diebstahl und Erpressung sowie mehrere schwere Raube“, die er mit einem oder zwei Komplizen begangen habe. Sogar mit einem Hammer drohte er zuzuschlagen. Beute: meist iPhones, AirPods (Kopfhörer) und kleine Bargeldbeträge. Seine Opfer waren meist zwölf bis 15 Jahre alt, eines sogar schon 19 Jahre alt. Bemerkenswert und ebenso erschreckend ist auch: Kaum morgens aus dem Jugendarrest entlassen, beging der Jugendliche nur wenige Stunden später den nächsten schweren Raub.

Teenager-Raubzüge: Hochsaison September bis November ‘22 und Januar bis Februar ‘23

Ihren Peak, also ihren Höhepunkt, erreichten die Raubzüge im „September bis November 2022 sowie im Januar und Februar 2023“, sagt Mokwa. Jetzt, mit „deutlichem Rückgang“ bei der Anzahl solcher Straftaten wird die Ermittlungskommission aufgelöst, eine Fortführung wird vom Präsidium als „nicht zielführend“ eingestuft. Gleichwohl kündigte die Behörde an, „Entwicklungen in diesem Bereich im Blick zu behalten“.

Im vergangenen Februar waren es über zehn solcher Straftaten von Teenagern oder Jugendlichen, im Juli dieses Jahres waren es noch rund halb so viele.

Wie viele der Tatverdächtigen verurteilt wurden, wie viele noch auf ihrem Prozess warten und welche Strafen sie bekommen haben, dazu konnten Polizei und Justiz bislang keine genaueren Angaben machen. Das Problem: Bei der Staatsanwaltschaft laufen lediglich Aktenzeichen ein, Straftaten von Teenagern und Jugendlichen im Zuge der Aufklärungsarbeit der Ermittlungskommission König ließen sich nicht anhand eines Stichwortes aus der Fülle der Gerichtsakten herausfiltern.