Gelsenkirchen. Wieder wird ein Kind in Gelsenkirchen von Teenagern bedroht und ausgeraubt. Abgeordnete mahnen Hendrik Wüst, „etwas ist ins Rutschen gekommen“.
„Ich habe heute Nacht kaum ein Auge zugemacht“, berichtet eine verzweifelte und verärgerte Mutter im Gespräch mit der WAZ. Was sie am Abend zuvor erlebt hat, wirkt nach. „Ich bin fassungslos, so kann und darf es nicht mehr weitergehen“, sagt die 54-Jährige und denkt dabei daran, dass in Gelsenkirchen schon wieder ein Kind von Jugendlichen bedroht und ausgeraubt wurde.
Die Gelsenkirchenerin war ihren eigenen Schilderungen zufolge am Abend zuvor am Hauptbahnhof, um ihren Sohn abzuholen, der vorher mit seiner Klasse einen Ausflug zum Landtag gemacht hatte, als plötzlich ein Klassenkamerad ihres Sohnes auf sie zugelaufen kam und hektisch sagte, dass dort drüben etwas Schlimmes geschehe. Die 54-Jährige habe nicht lange gezögert, sei zum Treppenaufgang gegangen, der zum Busbahnhof führt, und habe dort gesehen, wie ein weiterer Klassenkamerad ihres Sohnes (13) von zwei fremden Jungen an die Wand gedrückt und bedroht wurde.
Dutzende Passanten schauen bei Teenager-Raub in Gelsenkirchen einfach weg
Zu diesem Zeitpunkt verlangten die 14- und 15-jährigen Tatverdächtigen, die wenig später von der Bundespolizei gefasst wurden, Bargeld von dem Schüler. Erst als die Gelsenkirchenerin schrie, ließen die Teenie-Räuber von ihrem Opfer ab. „Es waren mindestens 50 Personen zu diesem Zeitpunkt dort, die den Überfall mitbekommen haben müssen, aber keiner hat sich eingemischt und dem Jungen geholfen“, ist die Gelsenkirchenerin entsetzt.
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Bei einer Durchsuchung der beiden Tatverdächtigen fanden die Polizisten bei dem Deutschen (15) einen Nothammer, der sichergestellt wurde. Die Beamten informierten die Erziehungsberechtigten des 15-jährigen Deutschen und des 14-jährigen Polen über die Geschehnisse und leiteten ein Ermittlungsverfahren wegen schweren Raubes gegen die bereits polizeilich bekannten Jugendlichen aus Gelsenkirchen ein.
„Das kann doch nicht wahr sein, du kannst dein Kind in Gelsenkirchen an vielen Orten nicht mehr alleine herumlaufen lassen. Ich frage mich, wo das hinführen soll. Diese Zustände, diese Respektlosigkeit, diese gelähmte Untätigkeit ist nicht mehr erträglich. Es reicht“, sagt die 54-jährige Mutter und Zeugin des jüngsten Teenager-Raubes in der Stadt, von denen es zuletzt so viele gab.
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Im Spätsommer 2022 begann eine Serie von Diebstählen, Raubzügen und Gewaltdelikten, verübt von Jugendlichen in Gelsenkirchen, zunächst zumeist rund um den Heinrich-König-Platz in der City, später überall in der Stadt. Eine eigens deshalb eingerichtete Ermittlungskommission der Polizei wurde zwar schon im August 2023 aufgelöst, weil die Zahl der Taten rückläufig gewesen sei. Fakt ist aber auch, dass die kürzlich vorgestellte Kriminalstatistik einen rapiden Anstieg der Jugendkriminalität in Gelsenkirchen für 2023 aufweist. Der Anteil, der von Jugendlichen ausgeübten Straftaten betrug demnach 23 Prozent (+ 1,7 Prozent). Das ist nach Polizeiangaben „der höchste Stand seit 2019“.
Die Gelsenkirchener Mutter fordert angesichts solcher Zahlen und dem Überfall auf einen Freund ihres Sohnes: „Polizei, Ordnungsamt, Stadtverwaltung, Parteien dieser Stadt: Unternehmt endlich etwas dagegen!“.
Steigende Jugendkriminalität ist Thema im Landtag NRW
Dringenden Handlungsbedarf sehen nun auch die Landtagsabgeordneten der Gelsenkirchener SPD, Christin Siebel und Sebastian Watermeier. „Es darf bei uns in Gelsenkirchen keine unsicheren Orte geben. Alle Menschen, insbesondere Kinder und Jugendliche, müssen sich z.B. am Hauptbahnhof angstfrei bewegen können und sicher sein. Hier ist in den letzten Jahren etwas ins Rutschen geraten. Wir müssen genau hingucken, das Problem benennen und die Jugendlichen brauchen die richtige Ansprache“, so die beiden Abgeordneten.
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Kurzfristig fordern die Sozialdemokraten von der schwarz-grünen Landesregierung in NRW „einen Mix aus Strafverfolgung, Schutz von Opfern, Ansprache und Abschreckung von Tätern und Präventionsarbeit durch Streetworker“. Langfristig sei das Sicherheitsproblem aber „nur mit einer breiten gesellschaftlichen Strategie in den Griff zu bekommen.“
„Das muss zur Chefsache werden. Wir fordern den Ministerpräsidenten dazu auf, das Zusammenspiel von bildungspolitischen, jugendpolitischen, integrationspolitischen und sozialpolitischen Maßnahmen zu koordinieren“, so Siebel und Watermeier.