Gelsenkirchen. Fast täglich gibt es in Gelsenkirchen Meldungen zu Übergriffen und Raubzügen von Kindern auf Kinder. So reagieren Eltern darauf.
Raubzüge von Kindern an Kindern auf dem Schulweg – vor allem bei Eltern schürt das offenbar Ängste. Mancherorts in Gelsenkirchen lassen Eltern halbwüchsige Kinder aktuell nicht mehr zu Fuß zur Schule und zurück gehen, aus Angst, dass sie schon auf dem Schulweg abgezockt werden. „Viele Eltern sind aktuell latent beunruhigt, wenn ihre Kinder allein unterwegs sind“, berichtet Schulpflegschaftsvorsitzender Jan Klug aus Gesprächen. Wie bereits mehrfach berichtet, kommt es an einigen Schulen im Stadtgebiet – vor allem Stadtsüden, aber teilweise auch im Norden – wiederholt zu Übergriffen bis hin zu wahren Raubzügen.
Eltern bilden Fahrgemeinschaften für die Wege zur und von der Schule
„Die Bereitschaft, Probleme friedlich zu lösen, sinkt stadtweit“, hat Klug beobachtet. Eine Mutter berichtet von Fahrgemeinschaften, die Eltern an ihrer Schule gebildet haben, um die Kinder sicher zur Schule, zum Training und wieder heim zu bringen. Vor allem 14- bis 16-Jährige seien die Zielgruppe der Überfälle.
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Dabei seien die Kooperation und auch das Vertrauen in die Polizei durchaus gut, versichert ein anderer Elternvertreter. Doch viele Täter seien unter 14 Jahren und müssten daher wieder auf freien Fuß gesetzt werden, wenn die Personalien aufgenommen wurden. Das hatten zuletzt auch Mitglieder des Kommunalen Ordnungsdienstes und Bezirksbeamte der Polizei in Präventionsratssitzungen so geschildert.
Die Eltern der Täter würden eingebunden und ermahnt, erwiesen sich allerdings oft als nicht kooperationswillig und uneinsichtig. Und auch die Betreuer aus dem Jugendbereich, die den Tätern zur Seite gestellt würden, sperrten sich in der Regel gegen eine Verhaftung dieser Minderjährigen. Man fühle sich als Eltern hilflos, wisse nicht, was man alternativ zum Elterntaxi gegen die Übergriffe tun könne.
Elternvertreter wollen bei Sicherheitskonferenz dabei sein
„Schule darf kein Angstraum sein“, betont Jan Klug – nicht für Lehrer, Schüler und eben auch nicht für Eltern. Enttäuscht sei man als Elternvertreter, dass niemand aus dem Gremium bei der ersten Sicherheitskonferenz zum Thema dabei sein durfte, erklärt auch Alexandra Themann als stellvertretende Stadtschulpflegschaftsvorsitzende auf WAZ-Nachfrage. Zumindest bei der zweiten Sitzung müsse dies der Fall sein.
Es sei wichtig, auch die Meinungen, Erfahrungen und Einschätzungen der Eltern beitragen zu können und über anstehende Maßnahmen, Pläne und Einschätzung von Verwaltung informiert zu werden. „Eine Lösung kann es nur mit den Eltern geben, deren Kinder ja auch unter der Situation leiden“, drängt Klug. „Man muss das grundsätzliche Problem klar benennen. Es zu verleugnen oder zu beschönigen, als Einzelphänomene abzutun, hilft keinem“, mahnt er.
Das sagen Schüler zu der Gewalt in Gelsenkirchen
Und die Schüler? Scheinen deutlich entspannter. Beim Besuch der WAZ auf einem Realschulhof jedenfalls berichtet keiner der über 20 Befragten verschiedener Altersgruppen von einem erlebten Überfall, ja selbst Angst vor einem solchen auf dem Schulweg wird nur sehr vereinzelt eingeräumt. „Ich geh’ halt immer mit dem Handy am Ohr, um zu zeigen: Ich kann immer Hilfe rufen!“, gibt Selim (Name geändert) immerhin zu. Ein anderes Mädchen trägt das Handy versteckt. Körperliche Gewalt fürchten auch die beiden eher nicht. „Aber Mobbing ist wirklich übel“, berichten gleich mehrere. Dabei gehe es um direkte Beleidigungen von Älteren, aber vor allem um Cyber-Mobbing über Social Media.
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Wer in der Sicherheitskonferenz dabei ist
Dem Gremium der Sicherheitskonferenz, die über mögliche Gegenmaßnahmen zu Übergriffen und Raubzügen rund um Schulen berät gehören Vertreter verschiedenster Gruppen an, allerdings bisher keine Elternvertreter.
Bereits vertreten sind alle Leitungen weiterführender Schulen in der Stadt, die Schulformsprecher der Grundschulen, Vertreter des Bildungsreferates der Stadt und Dezernentin Anne Heselhaus als Schulträger, der Schulaufsicht aus Münster sowie Vertreter von Polizei und Kommunalem Ordnungsdienst. Schüler und Eltern sind bislang nicht dabei.
Auch bei Schülern und Schülerinnen des Annette-von-Droste-Hülshoff-Gymnasiums hält sich die Sorge wegen Raubüberfällen auf Teenager in Grenzen. „Ich denke, dass es für viele Eltern ein Gesprächsthema ist, mir persönlich bereitet es keine Sorgen“, heißt es aus der Schülerschaft. Der Großteil der Befragten wohne nicht in Gegenden, wo die Überfälle Thema wären, und sorge sich daher auch nicht darum. Allerdings sei ein vermehrtes Auftreten der Polizei an Orten wie dem Busbahnhof in Buer aufgefallen und allein draußen im Dunkeln würde das Thema gleich viel ernster werden.