Gelsenkirchen. Mit dem Projekt „Zukunft früh sichern“ hat Gelsenkirchen es ins Deutsche Kita-Preis-Finale geschafft. Der Grundgedanke: Jedes Kind ist es wert.
Kita-Träger aus München wollen sich ein Beispiel an Gelsenkirchen nehmen, Essen, Bochum und Herne haben bereits konkrete Pläne, das in Gelsenkirchen im Jahr 2019 gestartete Modellprojekt „Zukunft früh sichern“ (Zusi) zu übernehmen. Das von der RAG-Stiftung geförderte Projekt mit sieben Kindertagesstätten von Gekita im Stadtteil Ückendorf hat es bereits in die Finalrunde des Deutschen Kita-Preises geschafft. „Von wegen #401 Gelsenkirchen: Von uns wollen viele lernen“, freut sich Gekita-Leiterin Holle Weiß an diesem Tag, an dem Peter Bleckmann von der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung in die Kita Hohenfriedberger Straße gekommen ist, um sich ein Bild von der Arbeit der Einrichtung zu machen.
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Bleckmann spricht mit Erzieherinnen, Kindern, Müttern, beleuchtet vor allem die Orientierung am Kind, die Teilhabechancen, das Lernen im Prozess, die Qualität der Arbeit und berichtet in einem 20-seitigen Bericht schließlich direkt der Jury, die über die Platzierung der zehn Finalisten entscheidet. Im Mai wird diese in Berlin verkündet. Im Fokus des Projekts steht armutssensibles Handeln in Kindertageseinrichtungen. In dem vielseitigen Stadtteil Ückendorf mit sehr wohlhabenden Haushalten, aber auch sehr vielen einkommensschwachen und bildungsfernen Familien, geht es seit Modellstart in den Kitas darum, allen Kindern zu gleich guten Startchancen zu verhelfen, ihre Talente zu entdecken und zu fördern.
Schon der Kindergeburtstag kann zum großen Problem werden
Das armutssensible Handeln, es beginnt schon beim Kindergeburtstag. Wenn es in der Kita üblich ist, dass Geburtstagskinder für die anderen etwas mitbringen, überfordert das Haushalte mit geringen Einkünften. In den Zusi-Kitas werden keine mitgebrachten Leckereien oder gar Geschenke mitgebracht, die Feier richtet die Kita aus. Und die Kunstschule und auch die städtische Musikschule kommen in die Kita, um auch Familien, die sich solche kreativen Kurse entweder nicht leisten können oder aufgrund ihrer eigenen Erfahrungen auch gar nicht auf die Idee kommen, sich über (durchaus auch kostenfrei denkbaren) Möglichkeiten kreativer Förderung für ihr Kind zu informieren.
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Kooperiert wird an den sieben Zusi-Kitas auch mit Sportvereinen und mit dem Musiktheater. Die Vorschulkinder der Zusi-Generation etwa haben alle eine Vorführung von „Der kleine Prinz“ im MiR besucht. „Wenn die künftig am Musiktheater vorbeigehen, verkünden sie stolz, dass sie da schon mal drin waren – und vielleicht auch, dass sie noch einmal rein möchten“, erklärt Holle Weiß. Und wenn die Eltern dann auch interessiert sind, es sich aber vielleicht nicht leisten können, kann auch der Kulturpott mit seinen Gratis-Tickets ins Spiel kommen.
„Jedes Kind ist es wert, dass wir auf seine Fähigkeiten schauen und dass wir diese fördern, unabhängig vom Einkommen und Bildungsgrad der Eltern“, betont Bildungsdezernentin Anne Heselhaus. „Es geht dabei nicht nur ums Geld, das bei der Bildung einen Unterschied macht, sondern auch um die Förderung der Talente unabhängig vom Hintergrund.“
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Als bereichernd haben allerdings nicht nur die Kinder das Projekt empfunden. „Uns Erzieherinnen in den Zusi-Kitas hat das Projekt richtig zusammengeschweißt. Wir haben uns sehr gut vernetzt, viel telefoniert, Erfahrungen ausgetauscht und ein ,wir in Ückendorf’-Gefühl entstehen lassen“ blickt Anja von der Mee, Leiterin der Kita Talentzwerge, auf die vergangenen Jahre. Besonders im Fokus standen bei Projektstart die vierjährigen Kinder aus besonders benachteiligten Familien. Sie besuchen mittlerweile die Grundschule, die nächste Generation von Vierjährigen genießt bereits die besondere Aufmerksamkeit des „armutssensiblen Handelns“.
Modell soll auf alle Kitas in der Stadt ausgedehnt werden
Nicht nur München und Gelsenkirchens Nachbarstädte wollen übrigens dem Ückendorfer Beispiel folgen, erklärt Zusi-Koordinator Sebastian Gerlach. Gekita will das Modell stadtweit ausrollen und auch die freien Kita-Träger sollen mit ins Boot geholt werden, von den gemachten Erfahrungen und Strukturen profitieren. Denn auch der Bündnis-Experte der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung Bleckmann betont, dass mit dem Kita-Preis kein Projekt abgeschlossen ist. „Den Preis gibt es für den Aufbau eines Systems, das gute frühe Förderung ermöglicht und sich aus der Arbeit selbst weiterentwickeln kann.“
25.000 Euro Fördergeld für den 1. Preis
750 Bewerbungen um den Kita-Preis
750 Kitas und lokale Bündnisse haben sich in diesem Jahr um den Deutschen Kita-Preis beworben. Zehn Projekte haben es bei den lokalen Bündnissen ins Finale geschafft, darunter die Gelsenkirchener Zusi-Kitas. Experten der Deutschen Kinder- und Jugendstiftung, die den Preis auslobt, machen sich vor der Jury-Entscheidung ein Bild von der Arbeit vor Ort in Gruppen-Interviews und Workshops.
Der Deutsche Kita-Preis wird in diesem Jahr zum siebten Mal vergeben. Es ist das erste Mal, dass Gelsenkirchen es bis ins Finale geschafft hat.
Im Mai heißt es also Daumen drücken für Gelsenkirchen. Für den ersten Platz beim Deutschen Kita-Preis in der Kategorie „Lokales Bündnis für frühe Bildung des Jahres“ gibt es 25.000 Euro Förderung, für Platz zwei 10.000 Euro. Ein schöner Ansporn, materiell und ideell.