Gelsenkirchen. Das Angebot der Gelsenkirchener Kitas ist vielfältig und bunt. Ein Besuch in einer Bewegungs-, Sprach-, und Buchkita mit dem besonderen Einblick.

Die Kita-Landschaft der Stadt ist bunt und vielfältig, es tut sich eine Menge – die einzelnen Einrichtungen verfolgen unterschiedliche Konzepte, starten besondere Angebote, sind mehrfach zertifiziert, leben auch vom Engagement des pädagogischen Teams im Hintergrund. Wir konnten drei Einrichtungen des größten Trägers auf Stadtgebiet (Gekita) besuchen. Ein Einblick und Eindruck, dass Kindergarten-Arbeit mehr als Singen und Basteln bedeutet.

Gelsenkirchens erster Bewegungskindergarten: Hier gibt’s keinen Stillstand

Betritt man die Räume an der Niefeldstraße Hausnummer 18A wird schnell klar: Es steht vor allem eins im Fokus – Bewegung. Rasen, rennen, klettern, spielen, von Stillstand keine Spur. Wir sind zu Besuch in Gelsenkirchens erster Bewegungskita, vor 15 Jahren zertifiziert, und hier ist eine ganze Menge los.

„Bewegung macht schlau“, sagt Kita-Leiterin Annette Fischer: In Gelsenkirchens erstem Bewegungskindergarten geht es vor allem in der großen Kletterhalle ziemlich munter zu.
„Bewegung macht schlau“, sagt Kita-Leiterin Annette Fischer: In Gelsenkirchens erstem Bewegungskindergarten geht es vor allem in der großen Kletterhalle ziemlich munter zu. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

„Bewegung macht schlau“, bringt Annette Fischer beim Rundgang durch die Einrichtung den Alltag an der Niefeldstraße auf eine einfache Formel. „Bewegungserziehung“ nennen die Kita-Leiterin und ihr Team ihre Arbeit auch, die gleichzeitig eine Rundumförderung garantiere. „Mit dem Klettern, damit fing bei uns alles an“, erinnert sich auch Annette Fischer. Und sie fügt hinzu: „Klettern bewirkt ganz viel beim Menschen. Wir legen Wert darauf, dass die Kinder von Beginn an körperlich trainieren können“.

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Dreh- und Angelpunkt aller Bewegung, so gesehen ja Mittelpunkt ist demnach auch die Kletterhalle in Gelsenkirchens einzigem denkmalgeschützten Kindergarten, der gleichzeitig auch Familienzentrum ist. Die Freeclimbing-, beziehungsweise Boulderwand, umgeben von altem Gemäuer, geschützt von hoher Decke, ist beeindruckend. Hier können sich die Kinder, gesichert durch die Erzieherinnen, regelrecht ausprobieren, mutig sein, erproben, trainieren und - klettern. Überhaupt ist dieser Raum ein einziges Bewegungs-Paradies.

„Bewegung ist der Schlüssel“, erklärt Annette Fischer die Wichtigkeit eines körperlichen Ausgleichs, damit aber auch gleichzeitig das ganzheitliche Wirken der pädagogischen Arbeit an der Niefeldstraße. So hat auch jeder Gruppenraum einen eigenen Bereich, der zur Bewegung einlädt, hinzu kommt das großflächige Außengelände, das täglich genutzt wird. „Stärkenorientierung“ ist das Stichwort, „jedes Kind wird in seiner eigenen Art angenommen, dort abgeholt, wo es steht, anhand seiner Stärken gefördert und gefordert“, heißt es in der Info-Broschüre über den Kindergarten.

Untergebracht in sechs Gruppen können die insgesamt 129 Kinder von Beginn an ihren Körper und seine Fähigkeiten trainieren, müssen aber nicht ständig aktiv sein, sondern können sich auch in vielen Bereichen einfach nur entspannen und zur Ruhe kommen.

„Bewegung ist der Schlüssel“ – davon ist die Leiterin von Gelsenkirchens erster Bewegungs-Kita, Annette Fischer, überzeugt.
„Bewegung ist der Schlüssel“ – davon ist die Leiterin von Gelsenkirchens erster Bewegungs-Kita, Annette Fischer, überzeugt. © FUNKE Foto Services | Thomas Gödde

An der Niefeldstraße geht es um noch viel mehr – vor allem um Gesundheitsprävention von klein auf. Das beginnt mit der Zertifizierung zum Bewegungskindergarten, geht über das Qualitätsmerkmal „Pluspunkt Ernährung“, die Ernennung zur „Kita mit Biss“ (Zahngesundheit) bis hin zum Gütesiegel „Sun Pass-Kita“ (Sonnenschutz).

Den Anstoß, erster Bewegungskindergarten der Stadt zu werden, gaben 2007 Annette Fischer und ihr Team selbst. Mittlerweile sind insgesamt 14 Einrichtungen in Gelsenkirchen als Bewegungskindergärten zertifiziert.

Buch-Kita in Gelsenkirchen-Erle: Wo Lesen zum Erlebnis wird

„Ihr müsst dem Kind den Weg zum Buch weisen. Denn findet es den Weg als Kind nicht, findet es ihn nie“ – diese Worte der schwedischen Kinderbuchautorin und Schriftstellerin Astrid Lindgren werden an der Schulstraße 19 schon seit fast drei Jahren mit Leben gefüllt. Denn mitten in Erle, da steht dieser grüne Bau, der direkt ins Auge fällt, in dem Bücher einen besonderen Platz finden. Seit 2019 ist die städtische Kita Schulstraße ausgewiesener Buchkindergarten. Wie Kita-Alltag dort geht, in Begleitung gebundener und gedruckter Seiten, haben wir uns angesehen.

Ilias’ Grüffelo-Kenntnis ist nicht nur an diesem Morgen – beeindruckend: Der Sechsjährige kann die Geschichte der kleinen Maus, die das Monster aus Selbstschutz preist, auswendig. Beim Spiel mit der Schatzkiste gibt er Wort für Wort wieder, was der kleine Nager mit piepsiger Stimme von sich gibt. Es ist ein Spiel, das er gemeinsam mit Kerstin Holtkamp, stellvertretende Leiterin der Kita, spielt. Es ist mehr als bloßes Vorlesen – es ist die Entdeckung von anderen Welten, das Wecken der Fantasie, das Geborgensein in Geschichten.

Ilias (6, Mitte) erzählt seinen Zuhörerinnen, Kerstin Holtkamp (links, stellvertretende Leiterin der Kita an der Schulstraße) und Lee-Ann (5) die Geschichte vom Grüffelo.
Ilias (6, Mitte) erzählt seinen Zuhörerinnen, Kerstin Holtkamp (links, stellvertretende Leiterin der Kita an der Schulstraße) und Lee-Ann (5) die Geschichte vom Grüffelo. © FUNKE Foto Services | Michael Korte

All das geschieht unter dem Dach der Kita an der Schulstraße, der zertifizierten Buch-Kita. Das Buch ist hier Werkzeug, Multiplikator, Helfer: „Bücher begleiten unseren Alltag, hier werden sie gelebt“, berichtet Leiterin Karen Wippich. Kurzum: Bücher sind der Schwerpunkt der pädagogischen Arbeit, Bücher sind echte Alleskönner – das wissen sie auch an der Schulstraße. Sie sind Trostpflaster, Brückenbauer, um Gefühle zu verstehen und auszuleben, sie schaffen Nähe, erweitern den Wortschatz, sind Übermittler der deutschen Sprache und fördern das Miteinander: „Mit Hilfe von Büchern kann man die Kinder da abholen, wo sie sind, unabhängig von ihrem Alter und ihren Entwicklungsstufen.“

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Zum Hintergrund: Um das Gütesiegel Buchkita, eine Initiative von Buchhandlungen und Bibliotheken, zu bekommen, müssen die Einrichtungen Voraussetzungen erfüllen, wie regelmäßiges Vorlesen, einen vielseitigen Umgang mit Büchern und Geschichten oder aktive Sprachvermittlung und Förderung vermitteln.

Wenn man Kindern eine Geschichte anders erzählt, dann können sie gleich auch anders zuhören, davon sind Karen Wippich, Kerstin Holtkamp und ihr Team überzeugt. So wie Ilias, der den Grüffelo eben schon auswendig kann. Oder die anderen Kinder, die ebenfalls von den kreativen Ideen profitieren. So gibt es etwa die Buchkoffer, ausgedacht und gepackt vom Team der Kita an der Schulstraße; oder in jedem Raum eine Vielzahl an Büchern, die es zu entdecken lohnt. Die Kita Schulstraße bewirbt sich dieser Tage erneut um das Siegel.

plusKITA: Besondere Hilfe und Unterstützung für schwache Familien

Sie sind besondere Unterstützung für Kinder mit schlechteren Chancen: Die plusKITAs, deren Konzepte und Ideen sowohl von Gekita, als auch den freien Trägern stadtweit umgesetzt werden. Hinter dem Begriff steckt ein Gedanke: Um für alle Kinder gerechte Bildungschancen von Beginn an zu ermöglichen, bekommen Kindertageseinrichtungen, die in ihrem Umfeld einen hohen Anteil an Familien mit schwierigen Startbedingungen haben, vom Land zusätzliche Förderung. Ein Besuch in Ückendorf, in den Räumen der Kita Heidelberger Straße.

Mindestens drei Viertel der Eltern, die ihre Kinder an die Heidelberger Straße bringen, beziehen Transferleistungen und sprechen zu Hause eine andere Familiensprache als Deutsch. „Sie haben einen erhöhten Bedarf an Familien- und Kinderunterstützung“, erklärt Kita-Leiterin Anja van der Mee an diesem Morgen. Das strahlt aus in viele Bereiche, einer aber ist von größter Bedeutung - die Sprachkompetenz.

Sozialarbeiter Tom Kalfhaus, Alexandra Seier (Fachkraft für Sprachbildung) und Leiterin Anja van der Mee von der plusKITA Heidelberger Straße: „Die Kinder sollen bei uns durch Unterstützung lernen und wachsen“, sagt Anja van der Mee.
Sozialarbeiter Tom Kalfhaus, Alexandra Seier (Fachkraft für Sprachbildung) und Leiterin Anja van der Mee von der plusKITA Heidelberger Straße: „Die Kinder sollen bei uns durch Unterstützung lernen und wachsen“, sagt Anja van der Mee. © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

Vermehrt wird demnach hier die Sprachförderung der Kinder in den Blick genommen, dazu auch das soziale, das familiäre Umfeld der Kinder, die Eltern sollen mitgenommen werden, teilnehmen am sozialen Leben und dem ihrer Kinder. „Wichtig ist, dass die deutsche Sprache für die Kinder präsent bleibt“, betont Tom Kalfhaus, Sozialarbeiter in der Einrichtung. Ebenfalls wichtig: Den Kindern immer wieder Sprachanlässe in Deutsch zu geben, etwa beim Schuheanziehen, beim Bilderbuch schauen oder Vorlesen. „Die Kinder sollen bei uns durch Unterstützung lernen und wachsen“, erklärt Anja van der Mee. Man wolle, so die beiden, den Großen und Kleinen „trotz aller Hürden, die sie haben, einen gelingenden Schulstart ermöglichen.“ Denn eines sei klar: „Sprache ist der Schlüssel zu Bildung“.

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So sorgen speziell ausgebildete Fachkräfte für Sprachbildung in den plusKITAs dafür, dass die Kinder besondere Förderung erfahren. „Denn je jünger ein Kind ist, desto leichter fällt es ihm, eine andere Sprache zu lernen“, weiß Tom Kalfhaus.