Gelsenkirchen. SPD und CDU haben ihre Haushaltsanträge für 2022 vorgestellt. Darunter: KI-Sensoren sollen Schulhöfe bewachen und den Ordnungsdienst entlasten.

Der Lärm von spielenden Kindern in der Mittagszeit ist auf einem Schulhof etwas ganz Normales. Aber wenn dort kurz vor Mitternacht Glasflaschen klirren und zerspringen, ist es das sicher nicht. Der großen Koalition aus SPD und CDU schwebt vor, dass über künstliche Intelligenz gelenkte Sensoren künftig direkt an den Kommunalen Ordnungsdienst (KOD) gemeldet werden soll, wenn etwa an Schulhöfen oder auf Kinderspielplätzen „situationsuntypische Geräuschkulissen“ auftreten. So soll dort gegen Vandalismus, Lärmbelästigung und Vermüllung vorgegangen werden, wo sich unruhestiftende Cliquen gerne aufhalten.

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„Wir wollen mit so einem Modellprojekt ‘out of the box’ denken“, sagt der CDU-Fraktionschef Sascha Kurth. „Und wir hoffen, dass der KOD so entlastet werden kann und an bestimmten Orten weniger auf Streife gehen muss.“ 60.000 Euro sind für ein solches Projekt im Haushalt eingeplant, von dem Sascha Kurth sagt, es sei bislang „einmalig in Deutschland“. Ein Startup, mit dem man für das Projekt zusammenarbeiten könnte, habe er auch bereits anvisiert.

SPD Gelsenkirchen setzt auf Bildung und Quartiersarbeit

Der Spielraum, den die Politik hat, um ihre Forderungen im insgesamt 1,2 Milliarden schweren Stadthaushalt 2022 unterzubringen, ist meist nicht besonders groß. Das Volumen der Haushaltsanträge liegt bei nicht viel mehr als etwa 1,6 Millionen Euro. Dennoch sind die Haushaltsberatungen das Herzstück der kommunalpolitischen Arbeit. Und während die CDU mit dem KI-Pilotprojekt beim Ordnungsdienst ihre politische Handschrift im Haushalt erkennt, sind es bei dem großen Koalitionspartner SPD eher Themen wie Bildung und Zusammenhalt im Quartier.

„Wir wollen in die Stadtteile gehen, die besonders grau sind und diese weiter aufwerten“, sagt Lukas Günther, Vize-Fraktionschef. So sollen etwa 50.000 Euro für Graffiti- und Fassadenkunst eingestellt werden. Außerdem sollen sogenannte „Quartiersmärkte“ – weniger kommerzielle Feierabendmärkte mit einer kleinen Anzahl von Ständen von Selbsterzeugern, Kleingartenvereinen oder sozialen Einrichtungen – geplant werden (15.000 Euro). Belebt werden sollen die Haupt- und Nebenzentren durch mehr Pop-up-Formate wie der Biergarten oder das Open-Air-Kino am Heinrich-König-Platz (40.000 Euro).

Der Bildungsschwerpunkt zeigt sich etwa wie in Zielformulierungen wie „Jedem Schulkind ein Tablet bis 2025“ oder die Beauftragung einer Studie zu den häufig vorkommenden Schulformwechseln in Gelsenkirchen. Über beide Vorhaben hat die WAZ Gelsenkirchen bereits berichtet.Lesen Sie:Gelsenkirchen plant Studie: Warum Gymnasien so oft abschulen und Gelsenkirchen: Mehr Schüler-Tablets und grüne Schulhöfe

Zusammenarbeit unter den Fraktionen: „Das hatten wir in Gelsenkirchen noch nie“

Sowohl die Grünen – die den Haushalt 2021 noch ablehnten – als auch die FDP haben bereits ihre Zustimmung für das Maßnahmenpaket signalisiert. In Augen von SPD-Fraktionschef Axel Barton ist damit dieses Mal etwas Historisches gelungen. „So einen breiten Konsens gab es in Gelsenkirchen noch nie“, sagt er. Es seien sehr konstruktive Gespräche geführt worden, die Atmosphäre unter den demokratischen Fraktionen sei – trotz „einiger politischer Kontroversen“ – sehr fruchtbar gewesen.

2020 stellten SPD und CDU ihren gemeinsamen Koalitionsvertrag für Gelsenkirchen vor, nun werden weitere Punkte aus dem Vertrag abgearbeitet. Im Bild (v.li.): Axel Barton (SPD-Fraktionschef), Sascha Kurth (CDU-Fraktionschef), Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD) und MdB Markus Töns (SPD).
2020 stellten SPD und CDU ihren gemeinsamen Koalitionsvertrag für Gelsenkirchen vor, nun werden weitere Punkte aus dem Vertrag abgearbeitet. Im Bild (v.li.): Axel Barton (SPD-Fraktionschef), Sascha Kurth (CDU-Fraktionschef), Oberbürgermeisterin Karin Welge (SPD) und MdB Markus Töns (SPD). © FUNKE Foto Services | Ingo Otto

So haben die Groko, die FDP und die Grünen beispielsweise gemeinsam beantragt, Projektgelder in Höhe von 50.000 Euro für regelmäßige Gedenkstättenfahrten einzuplanen, mit denen man Antisemitismus bei Jugendlichen vorbeugen und bekämpfen möchte. Lesen Sie auch:Gelsenkirchen. Haftstrafe für judenfeindliche Parolen

Die Grünen wurden gleich für insgesamt 18 Anträge mit ins Boot geholt, darunter befinden sich ein Antrag zur Beleuchtung für den Rad- und Fußweg entlang der Wohnsiedlung am ehemaligen Güterbahnhof Schalke (175.000 Euro), eine Fortführung des 1000-Bäume-Programms (100.000 Euro) oder die Installation weiterer Trinkwasserbrunnen (40.000 Euro).

FDP will Park Ranger und Wohnmobil-Stellplatz, Grüne setzen auf Mehrweg und Kaugummi-Wände

Entwickelt haben Grüne und FDP darüber hinaus auch eigene Anträge, für die sie die Unterstützung der GroKo bekommen haben. Liberale Ideen sind etwa die Einberufung eines Park Rangers (10.000 Euro, wir berichteten), ein Wohnmobil-Stellplatz im Stadtnorden (10.000 Euro) oder die Organisation eines „Talentetages“ in der City, bei dem Handwerker ihre „Meisterstücke“ präsentieren sollen, um junge Menschen auf ihre Betriebe aufmerksam machen zu können (25.000 Euro).

Grüne Ideen sind etwa ein Beratungsangebot zum Thema Mehrweg in der Gastronomie (10.000 Euro), mehr Kaugummi-Wände, sogenannte Gum Walls (5000 Euro, wir berichteten) oder die finanzielle Unterstützung Kinder- und Jugendarbeit der Vereins AFC Devils, des einzigen American Football-Vereins in Gelsenkirchen (10.000 Euro).

Der Haushalt soll in der Ratssitzung am 9. Dezember verabschiedet werden.