Gelsenkirchen. Prozess wegen Volksverhetzung: Das Amtsgericht Gelsenkirchen verhängt nach einer Hass-Demo eine hohe Haftstrafe gegen einen 30-jährigen Mann.

Bundesweit hatten die antisemitischen Hassparolen von etwa 180 Personen vor der Synagoge in Gelsenkirchen für Entsetzen gesorgt. Die Polizei hatte die nicht genehmigte Versammlung am 12. Mai erst nach zwei Stunden aufgelöst. Gegen 15 Teilnehmer hatte die Staatsanwaltschaft ermittelt. Mittwoch wurde der Deutsch-Araber Ali S. vor dem Gelsenkirchener Amtsgericht unter anderem wegen Volksverhetzung zu drei Jahren und neun Monaten Haft verurteilt.

Gelsenkirchener Gericht wertet die volksverhetzenden Parolen besonders schwer

Das Gericht hat mit seinem Urteilsspruch den Antrag des Staatsanwaltes um drei Monate erhöht. Angeklagt war der 30-Jährige auch wegen Betrugs, Widerstands und Körperverletzung. Der Mann hat eine lange Liste an Vorstrafen. Unter anderem wegen Betrugs, Diebstahls, Freiheitsberaubung und Drogendelikten wurde er verurteilt.

Schlagstockeinsatz der Polizei

In einer Erklärung hatte die Polizei nach der Demonstration ihre Strategie erläutert. Man habe die Synagoge schützen wollen und auf Grund der Lagebewertung zu diesem Zeitpunkt auf die Festnahme von Tatverdächtigen verzichtet.

Die Polizei hatte Schlagstöcke eingesetzt, verletzt worden sei niemand. Die Initiative gegen Antisemitismus Gelsenkirchen hatte die damalige Lage als sehr bedrohlich und aggressiv beurteilt.

Vor Beginn seines Strafprozesses vor dem Amtsgericht stand er noch unter Bewährung. Die Bewährungszeit wurde ihm im Zusammenhang mit einer fünfjährigen Haftstrafe gewährt, die das Landgericht zunächst verhängt hatte.

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Als besonders schwer wertete das Gericht die volksverhetzenden in Sprechchören verbreiteten Parolen während der Demonstration. Die Teilnehmer hatten angegeben, gegen die Israelpolitik im Gazastreifen protestieren zu wollen. Doch ihre Parolen verdeutlichten, dass sie sich eindeutig gegen Juden und nicht gegen die Politik Israels richteten.

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Video belegt die Hass-Tiraden der Demonstranten in Gelsenkirchen

Ein Video, das während der Demonstration gedreht und schnell auf Twitter verbreitet wurde, hatte damals deutschlandweit für Proteste gesorgt. Die Hasstiraden gegen Juden waren deutlich zu hören. Bis heute, sagte die Vorsitzende der jüdischen Kultusgemeinde, Judith Neuwald-Tasbach, beeinträchtigten diese Vorfälle vor allem junge Menschen jüdischen Glaubens. Sie hätten Angst, sich öffentlich zu ihrer Religion zu bekennen.

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Für Verwirrung hatte die Polizei gesorgt, die während der nicht genehmigten Demo zunächst nicht eingegriffen hatte. NRW-Innenminister Herbert Reul hatte die Vorkommnisse als unerträglich bezeichnet. Gleichzeitig verteidigte er das Vorgehen der Polizei. Das Skandieren antisemitischer Parolen sei spontan erfolgt, so sei eine Festnahme verdächtiger Personen nicht möglich gewesen, erklärte er. Den Beamten sei es in erster Linie darum gegangen, die Synagoge zu schützen. Als Folge der Vorfälle in Gelsenkirchen ordnete der Innenminister an, alle jüdischen Einrichtungen In NRW sofort rund um die Uhr zu bewachen.

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Gelsenkirchener Prozess: Start der strafrechtlichen Aufarbeitung der Demonstration

Mit dem Prozess hat die strafrechtliche Aufarbeitung der Demonstration begonnen. Nach den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft könnten sich schon bald die nächsten Teilnehmer des Aufmarsches auf der Anklagebank wiederfinden. 14 Verfahren könnten noch im Zusammenhang mit der Demonstration vor der Synagoge möglich sein.

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