Gelsenkirchen. Bald könnte die Corona-Impfung für Kinder ab fünf Jahren möglich sein. Was Gelsenkirchener Kinderärzte davon halten – und welchen Rat sie geben.

Die Europäische Arzneimittelbehörde EMA hat über Monate Daten geprüft, seit Donnerstag, 25. November, ist klar: Die Experten haben den Weg für eine Corona-Impfung für Kinder ab fünf Jahren mit dem Vakzin von Biontech und Pfizer frei gemacht und die Zulassung empfohlen. Noch steht die Empfehlung der Ständigen Impfkommission (Stiko) aus, das aber ist nur eine Frage der Zeit. Nun stehen Eltern vor der Entscheidung: Lasse ich mein Kind impfen oder nicht? Wir haben Gelsenkirchener Kinder- und Jugendärzte gefragt – so ist ihre Einschätzung.

Gelsenkirchener Kinderärzte: Das sagen sie zur Impfung von Kindern ab 5 Jahren

„Ich begrüße das auf jeden Fall“, sagt Dr. Katharina Walter. Die Kinderärztin sieht keine Alternative zur Impfung: „Es wird sich in diesem Winter jedes Kind anstecken, so lange es keinen Lockdown gibt“, sagt die erfahrene Medizinerin auch. Eltern hätten die Wahl, Kinder sehenden Auges in die Erkrankung laufen zu lassen oder sie (und auch ihr Umfeld) eben durch eine Impfung zu schützen.

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Viele Eltern aber sind verunsichert, haben Angst vor möglichen Risiken und Nebenwirkungen. Katharina Walter führt an: Inzwischen seien Millionen Kinder geimpft, etwa in den USA, bislang „gibt es keine Berichte von problematischen Verläufen“. Und sie fährt weiter fort: „Wir wissen auch noch nicht viel über die Spätfolgen einer Covid-19-Erkrankung.“ Diese Krankheit mache unglaublich viel im Körper.

Ihr Kollege aus dem Stadtnorden, Dr. Klaus Vogtmeier, antwortet auf die Frage, ob auch er eine Corona-Impfung für Kinder empfiehlt, knapp – und sehr eindeutig: „Absolut!“ Auch er findet weitere, drastische Worte: „Wir haben die Wahl, billigend in Kauf zu nehmen, diese Altersgruppe zu durchseuchen oder wir versuchen es zu verhindern. Wenn wir diese Pandemie stoppen wollen, können wir sie nicht außen vor lassen.“

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Der Kinderarzt ist ebenfalls überzeugt, dass die Impfung sicher und wirksam ist. Und er sieht dringenden Handlungsbedarf, vor allem bei der Stiko. „Ich bin nicht der Ansicht, dass wir uns diese zögerliche Haltung leisten können.“

Sein Kollege Dr. Christof Rupieper, Obmann im Berufsverband der Kinder-und Jugendärzte, befürwortet eine Impfung der Kinder ebenfalls. Obwohl Kinder in der Regel nicht schwer erkranken, sieht er großen Nutzen in der Immunisierung. Und verweist darauf, dass ungeimpfte Kinder umgehend bei einem positiven Testergebnis in Quarantäne müssten. Rupieper erinnert an die vergangene Zeit, die langen Wochen und Monate im Lockdown, die Kinder, Eltern, Familien oftmals an ihre Grenzen gebracht haben.

Corona-Impfung für Kinder ab fünf Jahren: Gelsenkirchener Kinderärzte raten dazu

Er sagt aber auch: „Ich verstehe die Sorge der Eltern, die Angst kann einem niemand nehmen.“ Jede Impfung sie wie eine Versicherung. Bisher seien keine Nebenwirkungen bekannt, auch Rupieper verweist auf die weitreichende Studienlage, auf internationale Vergleiche, die sehr sehr sauber aufgearbeitet seien. Er sei seit 27 Jahren niedergelassener Arzt, in dieser Zeit seien sechs neue Impfungen eingeführt worden. Der Kinderarzt glaubt: „Es wird ein bis zwei Jahre dauern, dann wird die Corona-Impfung zur Routine.“ Mit einer Empfehlung der Stiko rechnet er übrigens in den nächsten 14 Tagen. [Lesen Sie auch:Corona-Folgen – Kinder und Jugendliche haben wirklich gelitten]

Auch für Dr. Burkhard Eckerland gibt es keine Alternative zur Corona-Impfung – von Erwachsenen, Jugendlichen, aber auch von Kindern. Im Vergleich zu einer Covid-19-Erkrankung sei sie das „kleinere Übel“. Es gebe keine andere Wahl, um ganz akut diese augenblickliche Situation einzudämmen, auch wenn eine Impfung in die körperliche Unversehrtheit eingreife, sagt er, nachdem das RKI gerade wieder einen neuen Höchststand vermeldet hat.

Corona-Impfung für Kinder: Gelsenkirchener Kinderärzte bereiten sich auf Ansturm vor

Der erfahrene Pädiater Burkhard Eckerland reiht sich ein, stimmt seinen Kolleginnen und Kollegen zu. Und er sagt auch bezüglich möglicher Nebenwirkungen und Langzeitfolgen: „Bei den anderen Impfungen macht sich keiner mehr Gedanken darüber.“

Dass die Lage drängt, macht Burkhard Eckerland an Erfahrungen aus dem Praxisalltag deutlich: „Sowohl bei Kindern im Kindergartenalter als auch bei älteren haben wir jetzt deutlich mehr Befunde“, berichtet er. Das hätten sie so Mitte Oktober nicht erwartet.

Und wie sich vorbereiten, auf den Ansturm, der schon bald über die eh schon an der Belastungsgrenze arbeitenden Kinderarztpraxen hereinbricht? „Wir können nicht im Voraus planen“, wendet Katharina Walter ein. Aber: „Wir sind bereit, für so eine wichtige Aufgabe Extra-Aufwand zu betreiben.“ Ähnliches berichten auch ihre Kollegen Christof Rupieper, Klaus Vogtmeier und Burkhard Eckerland. Das Team der Praxis Eckerland ist schon seit Wochen auch an Samstagen im Einsatz, impft nicht nur die 12-18-Jährigen, sondern auch die Erwachsenen mit Erst-, Zweit-, und Drittimpfungen.

Dass es eine große Nachfrage geben wird, davon sind die Mediziner überzeugt. „Es gibt viele die nachfragen, viele die darauf brennen“, berichtet Katharina Walter. Und auch Burkhard Eckerland erzählt: „Die meisten können es nicht abwarten, geimpft zu werden.“