Gelsenkirchen. Die Corona-Krise fordert auch wirtschaftlich Opfer. Die Zahl der Insolvenzen ist spürbar angestiegen. So ist die Lage in Gelsenkirchen.

Die Corona-Pandemie hat viele - Unternehmen wie Privatpersonen - in die Insolvenz getrieben. Im ersten Quartal 2021 sind die Unternehmensinsolvenzen in Gelsenkirchen um 35 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum gestiegen, die Zahl der Verbraucherinsolvenzen hat in diesem Zeitraum sogar über 50 Prozent zugenommen. Die Lage.

Insgesamt 204 Insolvenzen in Gelsenkirchen im ersten Quartal 2021

Ein Kugelschreiber zeigt auf einen Antrag zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Das Statistische Landesamt registrierte im ersten Quartal dieses Jahres insgesamt 204 Insolvenzen in Gelsenkirchen. Das ist ein Anstieg von 35,1 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal 2020.
Ein Kugelschreiber zeigt auf einen Antrag zur Eröffnung eines Insolvenzverfahrens. Das Statistische Landesamt registrierte im ersten Quartal dieses Jahres insgesamt 204 Insolvenzen in Gelsenkirchen. Das ist ein Anstieg von 35,1 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal 2020. © dpa | Alexander Heinl

Das Statistische Landesamt registrierte im ersten Quartal dieses Jahres insgesamt 204 Insolvenzen in Gelsenkirchen. Das ist ein Anstieg von 35,1 Prozent im Vergleich zum ersten Quartal 2020, in dem 151 solche Bankrotterklärungen angezeigt wurden. Die erfreuliche Botschaft: Hat es im Vorjahresquartal 23 Unternehmen in den Ruin getrieben, so sind es nunmehr nur noch 15, gleichbedeutend mit einem Rückgang um 34,8 Prozent.

„Unsere Befürchtungen, dass aufgrund der Corona-Krise wesentlich mehr Unternehmen aufgeben müssen, hat sich nicht bestätigt“, sagte Michael Grütering. Der Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes Emscher-Lippe betonte aber, dass beim Blick auf die nackten Zahlen Vorsicht angebracht sei, da bis Mai 2021 die Insolvenzantragspflicht vom Bund ausgesetzt worden ist.

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Trotzdem ist Grütering „angesichts der gestiegen Zahl an Privatinsolvenzen besorgt“. 172 solcher Zahlungsunfähigkeiten listet das Statistische Landesamt auf, im ersten Quartal waren es noch 112, das ist eine Zunahme um 53,8 Prozent.

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Zwei Drittel der Gelsenkirchener Insolvenzen entfallen auf Baugewerbe und Kfz-Betriebe

„Zwei Drittel der Insolvenzen im ersten Quartal dieses Jahres, neun an der Zahl, entfallen dabei auf die Unternehmensbereiche Baugewerbe beziehungsweise Handel sowie Instandhaltung und Reparatur von Kraftfahrzeugen“, sagt IT.NRW-Experte Leo Krüll. Der Rest betreffe Gastro-Betriebe (2) sowie freiberufliche, wissenschaftliche oder technische und sonstige Dienstleistungen (5). Der Statistiker hatte sich die Mühe gemacht, die Zahlen für Gelsenkirchen näher aufzuschlüsseln.

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Traditionsbetrieb auf der Insolvenzliste

Angezeigte Insolvenzen sind über ein frei zugängliches Portal abrufbar. In der Liste (Zeitraum vom 2. Januar bis zum 1. Juli dieses Jahres) finden sich korrespondierend zu den Daten des Statistischen Landesamtes unter anderem die Homes Bauunternehmung GmbH, Automobile Konrad UG, CDC Datenverarbeitung GmbH, Fashion Point GmbH, Event Manager Kilicaslan GmbH, Scholz Großküchensysteme GmbH, H + S Kraftfahrzeugteile Vertriebs GmbH und viele mehr, darunter viele Privatpersonen.

Auch die Metzgerei Ridderskamp & Hahn ist dort aufgelistet. Die WAZ hatte bereits darüber berichtet, dass das Unternehmen in 2020 ein Insolvenzverfahren in Eigenregie mit dem Ziel der Betriebssanierung durchläuft. Durch den beschriebenen Aufschub taucht das Traditionshaus in der Liste der angezeigten Insolvenzen noch auf.

Die nächsten Daten zu Insolvenzen werden im September veröffentlicht

Beim Blick auf die Rechtsformen der in die Insolvenz gegangenen Firmen wird klar, dass es vor allem das Kleingewerbe, Freiberufler und Einzelunternehmen getroffen hat - nämlich insgesamt acht (+37,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr). Auch das müsse man im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie sehen, sagt Krüll. Die Menschen hätten nach dem Aus keinen Job mehr gefunden, mit dem sie ihre Verbindlichkeiten hätten bedienen können.

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In der Kategorie „Übrige Schuldner“ listet IT.NRW 172 Verbraucherinsolvenzen auf, 16 sind ehemals selbstständig Tätige.

Forderungen an Gelsenkirchener Schuldner erreichen die Marke von fünf Millionen Euro

Von den insgesamt 204 Insolvenzverfahren im ersten Quartal 2021 sind 201 auch tatsächlich eröffnet worden, drei wurden „mangels Masse“ wieder abgewiesen. Die Höhe der voraussichtlichen Forderungen, die auf die Gelsenkirchener Unternehmen und ehemals Gewerbetreibenden zukommen, belaufen sich dabei bis zur Grenze von fünf Millionen Euro.

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„Das Gros der Schuldner sieht sich Forderungen zwischen 5000 und 50.000 Euro ausgesetzt“, sagt Leo Krüll mit Blick auf die einzelnen Kategorien. In dem Bereich seien es 127. In der nächst größeren Gruppe mit Beträgen zwischen 50.000 und 250.000 Euro sind es 56. Zehn Mal stehen Forderungen von unter 5000 Euro im Raum, fünf Mal Beträge zwischen 250.000 und 500.000 Euro, einmal zwischen 500.000 und einer Million Euro, zweimal sogar zwischen einer Million und fünf Millionen Euro.

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Die Veränderungen in der Sparte „voraussichtliche Forderungen“ gegenüber dem Vorjahr sind im Übrigen beträchtlich. Sie reichen von rund 30 Prozent über knapp 67 Prozent bis hin zu 100 Prozent. Letzteres betrifft die Kategorie mit den höchsten Beträgen. Auch hier spiegelt sich die Aussetzung der Insolvenzanmeldung wider nach Einschätzung der Statistischen Landesamtes, das zwar keine Angaben darüber hat, welcher Branche diese Schuldner angehören, das sie aber im Baugewerbe und Kfz-Bereich vermutet.

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