Gelsenkirchen. Der Schalker Abstieg ist nicht nur sportlich bitter, sondern er reißt zusätzlich zu Corona tiefe Löcher in die Kassen der heimischen Wirtschaft.
Der Abstieg des FC Schalke 04 aus der Fußball-Bundesliga wird die ohnehin angespannte wirtschaftliche Lage in Gelsenkirchen zusätzlich verschärfen – zusätzlich zu Corona. Für den Standort rechnen Wirtschaftsförderung, der Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) und auch die Industrie- und Handelskammer (IHK) Nord Westfalen mit heftigen Einschnitten.
„Dieser Niedergang ist aus Sicht von Gastronomen und Hoteliers sehr bedauerlich“, sagt Dehoga-Landessprecher Thorsten Hellwig. Die Corona-Krise lähme ohnehin schon lange die Verdienstmöglichkeiten für Hotellerie und Gastronomie. Sollten in absehbarer Zeit wieder begrenzt Zuschauer in die Stadien dürfen, so müssten Verein und Betriebe in Gelsenkirchen weiterhin mit einem geringeren Besucherstrom rechnen, unabhängig von der Liga-Zugehörigkeit.
Sein Gedankenspiel setzt weit unten an: „Wenn ein einziger auswärtiger Fan weniger zu den Heimspielen anreist, dann fehlen alle zwei Wochen mindestens 100 Euro in den Kassen von Restaurants, Kneipen, Imbissen, Pensionen und Hotels. Dann kann man hochrechnen, was es bedeutet, wenn Hunderte oder Tausende Fans weniger kommen, um zu übernachten und auszugehen.“
Wirtschaftsförderer: Schalke ist mit 1640 Mitarbeiter einer der größten Arbeitgeber in Gelsenkirchen
Rainer Schiffkowski, Leiter des Referates Wirtschaftsförderung, hat sowohl Image als auch Arbeitsplätze im Blick: „Gelsenkirchen ist nicht Schalke aber ohne Schalke wäre Gelsenkirchen reduzierter.“ Immerhin sei S04 mit mehr als 150.000 Mitgliedern der fünftgrößte Verein der Welt und mit etwa 1640 Mitarbeitern im Konzern auch einer der größten Arbeitgeber der Stadt. „Vom Kultverein profitieren Hotellerie, Gastronomie, Handel und der Dienstleistungsbereich.“
Und für die Stadt Gelsenkirchen ist Schalke ein gewinnbringender Imageträger. „Marketing kann bekanntlich dann positiv gestaltet werden, wenn solche Markenbotschafter mit solchen Sympathiewerten an Bord sind“, weiß Schiffkowski. Heißt aber auch im Umkehrschluss: Wenn Schalke den Gürtel enger schnallt, dann gehen Arbeitsplätze verloren.
Und der Verlust an Strahlkraft von Königsblau könnte Unternehmen die Lust nehmen, sich in Gelsenkirchen anzusiedeln. Auf Schalke und im Stadtquartier Graf Bismarck sollen beispielsweise zwei neue Hotels entstehen. Potenziell weniger Gäste sind sicherlich ein mitentscheidender Faktor bei geplanten Investitionen im siebenstelligen Bereich.
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Jochen Grütters, Leiter des IHK-Standorts Gelsenkirchen rechnet sogar mit Einnahmeverlusten in Millionenhöhe. Aus seiner Sicht gibt es dafür drei Gründe: 1. Es werden weniger Zuschauer in die Veltins-Arena kommen. 2. Die Anstoßzeiten in der Zweiten Liga sind nicht konsumfreundlich. 3. Schalke 04 hat bereits mitgeteilt, dass Investitionstätigkeiten, bei denen auch heimische Unternehmen eingebunden sind, zurückgestellt oder gestrichen werden.
„Der Verein hat bereits den Baustopp für das Projekt Berger Feld verkündet“, erläutert Grütters seine Sicht. Dies werde sich zusätzlich auf die regionale Wirtschaft auswirken, weil viele regionale Betriebe Auftragnehmer des FC Schalke 04 seien.
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IHK: Verminderung des regionalen Ertrags von ungefähr drei Millionen Euro pro Saison
Wie hoch die Verluste für die regionale Wirtschaft ausfallen, lässt sich Grütters zufolge aber nur schwer beziffern. „Dies hängt auch stark davon ab, wann und unter welchen Voraussetzungen wieder Zuschauer ins Stadion dürfen“, so Grütters. Selbst wenn dies mit Beginn der neuen Saison wieder uneingeschränkt der Fall sein sollte, bringt der Abstieg aber „sicher einen Verlust von mehreren Millionen Euro für die regionale Wirtschaft mit sich“, schätzt Grütters.
Dass es einen Zuschauerrückgang geben wird, ist aus IHK-Sicht ziemlich sicher, allerdings nicht, wie hoch dieser tatsächlich ausfallen wird. „Trotz der katastrophalen Saison ist damit zu rechnen, dass die Mehrzahl der Dauerkartenbesitzer ihre Tickets auch in der nächsten Saison behalten und es auch Fans geben wird, die frei werdende Dauerkarten übernehmen, auch verbunden mit der Hoffnung, dann später eine Dauerkarte für die Bundesliga zu haben“, vermutet Grütters.
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Einen Durchschnitt von über 50.000 Zuschauern hält Grütters für wahrscheinlich, vor allem wenn Schalke wieder attraktiv und erfolgreich spielt. Wenn der Schnitt nicht mehr bei 61.000 Zuschauern, sondern nur noch bei 52.000 Zuschauern liegen würde, würden in der kommenden Saison circa 150.000 Zuschauer weniger ins Stadion kommen als bisher.
Prognose: Anstoßzeiten in Zweiter Liga wirken sich negativ auf das Konsumverhalten aus
Grundlage seiner Einschätzung ist eine Studie aus dem vergangenen Jahr. Demnach beträgt der regionale Ertrag für Verzehr und Anreise in der Stadt Bremen je Zuschauer etwa 21 Euro. Der Kauf von Tickets und Fanartikeln blieb bei der Berechnung unberücksichtigt. „Übertragen auf Gelsenkirchen würde der Rückgang um 150.000 Zuschauer also eine Verminderung des regionalen Ertrags von ungefähr drei Millionen Euro pro Saison bedeuten“, rechnet Grütters vor. Die für internationale Spiele entfallenden Einnahmen kommen noch hinzu.
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Grütters erwartet zudem, dass sich die Anstoßzeiten in der 2. Liga negativ auf das Konsumverhalten der Fans auswirken werden. Bei einem Spielbeginn samstags um 15.30 Uhr ist ein Stadtbummel mit Mittagessen wahrscheinlicher als bei einem Spielbeginn samstags bzw. sonntags um 13.30 Uhr. Da die Freitagsspiele bereits um 18.30 Uhr beginnen, werden insbesondere Fans mit weiterer Anreise wahrscheinlich ohne einen Abstecher in die Stadt den „direkten Weg“ ins Stadion nehmen, vermutet Grütters. Ein geändertes An- und Abreiseverhalten der Fans wird deshalb zu weiteren Verlusten für die regionale Wirtschaft führen.
„Auch für die regionale Wirtschaft ist der Abstieg des FC Schalke 04 mehr als ein bedauernswerter Verlust“, resümiert der Gelsenkirchener IHK-Leiter.