Gelsenkirchen. Im November mussten Gelsenkirchener Restaurants wieder auf Liefer-/Abholservice umstellen. Wie es läuft und wo die Bilanz ernüchternd ausfällt.
Ende Oktober hatten sich Bundeskanzlerin Angela Merkel und die Ministerpräsidenten der Länder auf verschärfte Regelungen zur Eindämmung der Corona-Pandemie verständigt. Ab 2. November mussten Restaurants schließen. Seither dürfen sie nur Gerichte zum Außer-Haus-Verkauf anbieten. Nach knapp drei Wochen Teil-Lockdown fällen Gelsenkirchener Gastronomen in puncto Liefer- und Abholservice ein teils ernüchterndes Zwischenfazit.
Es ist einsam geworden im Restaurant Haus Dahlbusch. Suat Mujedinovic und seine Frau halten in ihrem Betrieb die Stellung. Er in der Küche, sie vorne am Tresen. Das Personal ist in Kurzarbeit. Zu tun gibt es nur wenig. „Es läuft schlecht. Wir haben in diesem Zeitraum bislang noch nicht einmal zehn Gerichte verkauft“, bilanziert der Wirt des Lokals in Rotthausen seine bisherige „Ausbeute“ im November.
Gelsenkirchen: Restaurants kommen nicht gegen klassischen Lieferservice an
Auch wenn nichts los ist, sei es keine Option gewesen, die Türen zuzusperren . Es gehe darum, in den Köpfen der Leute präsent zu bleiben. „Wir haben natürlich ein etwas älteres Publikum. Da trauen sich viele nicht, aus Angst vor einer Infektion vor die Tür zu gehen. Und wer soll das Essen dann abholen“, fragt Mujedinovic: „Außerdem gehen viele eher zum Imbiss oder bestellen sich Essen nach Hause. Es ist schwer, gegen klassische Lieferdienste anzukommen, da wir ja auch erst einmal Verpackungsmaterial kaufen mussten.“
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Zufrieden wäre er, wenn er täglich einen Umsatz von 200 Euro verbuchen könnte: „Über Ostern lief der To-go-Service gut.“ Jetzt ist durchhalten angesagt. „Es bringt nichts, sich über die Maßnahmen zu ärgern. In unserer Branche sind alle betroffen. Wir müssen da durch“, sagt Mujedinovic, der nicht glaubt, dass im Dezember wieder alles seinen gewohnten Gang nimmt.
Abholservice in der Oisin Kelly Gallery „läuft schon“
In der Oisin Kelly Gallery in Buer ist alles genauso wie im ersten Lockdown im Frühjahr. „Der Abholservice läuft schon“ , berichtet Wirt Vincenc Els: „Aber sehr verhalten, weil die Menschen aktuell ungern auf die Straße gehen.“ An zwei Tagen in der Woche – jeweils freitags und samstags – gibt es im irischen Pub Speisen zum Mitnehmen. In der Zeit vor Weihnachten könne er sich auch vorstellen, das Ganze auf drei Tage auszuweiten.
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Das würde ihm möglicherweise auch helfen, wirtschaftlich besser dazustehen. „Am ersten Öffnungstag in der Woche decken wir mit den Einnahmen aus dem Abholservice den Wareneinsatz ab, am zweiten Tag dann den Personaleinsatz. Wir bräuchten mehr als diese beiden Tage, um einen Gewinn zu machen“, erläutert Els.
Bei Vincenc Els gibt es einen Glühwein to go
Kurzzeitig hatte Els nach den neuen Beschlüssen für November überlegt, den Laden zu schließen – diesen Gedanken aber ebenso schnell wieder verworfen: „Wir wollen weiter für die Gäste da sein. Man wird auch schnell vergessen.“ Der Gastronom ist dankbar für die Unterstützung und Solidarität der Kunden: „Es wollen ja alle, dass es uns gut geht. Deshalb gehen viele auch mal zu anderen Restaurants, um zu helfen.“
Er habe die Erfahrung gemacht, dass donnerstags bei ihm mehr Kunden kommen als am Folgetag: „Das sind ungefähr 20. Freitags wird es wieder ruhiger.“ Als kleines Schmankerl hat er für die Abholer noch zwei Flaschen Bier oder einen Glühwein to go im Angebot.
Restaurant La Scala bietet zum Abholen einen Drive-in an
Im Restaurant La Scala in Buer muss die Kundschaft nicht mal das Auto verlassen, um das Essen abzuholen. Über die Einfahrt rechts vom Eingang geht es direkt zum Drive-in-Schalter. Ein richtiges Muster, wann die Nachfrage am höchsten ist, kann Carmelo Campisi, einer der Inhaber, nicht ausmachen: „Grundsätzlich ist am Wochenende mehr los, aber am vergangenen Dienstag zum Beispiel hatten wir doppelt so viele Bestellungen wie am selben Tag in der Vorwoche.“
Restaurant Schloss Berge ist geschlossen
In Gelsenkirchen bieten längst nicht alle Restaurants einen Liefer- oder Abholservice an. Auf der Webseite des Restaurants Schloss Berge heißt es etwa: „Unser Hotel - und Restaurantbetrieb bleibt vom 2. November bis zum 30. November 2020 geschlossen. Ab Dienstag, 1. Dezember, sind wir wieder wie gewohnt für Sie da.“ Auch das Restaurant Diosmos an der Rotthauser Straße ist geschlossen. Darauf weist eine Stimme vom Band Anrufer hin.
Andere hingegen entdecken die Möglichkeit zum Abholen gerade erst für sich. „Wir haben aus dem Restaurant ein Feinkostladen gemacht“, erzählt Sergio Cabras , Inhaber des „Vitali“ im Haus Rohmann in Buer. Im Angebot habe er Käse, Antipasti, Meeresfrüchte oder frische Saucen.
Campisi spricht noch einen anderen Umstand an, der das geringe Interesse am Abholservice aus seiner Sicht erklärt: „Es wird früh dunkel, die Menschen gehen in diesen Monaten sowieso seltener raus. Das war im ersten Lockdown, als das Wetter schön war, anders.“ Ärgerlich sei zudem, dass die in der Gastronomie umsatzstarken Monate November und Dezember nun voraussichtlich wegfallen.
Campisi glaubt, dass man im kommenden Monat noch nicht zum Vor-Ort-Verzehr in den Restaurants zurückkehren werde. „Das wäre natürlich der Wunsch. Aber die Zahlen sagen etwas anderes. Ich hoffe, dass wir im Januar wieder öffnen können.“ Bis dahin heißt es warten, welche Beschlüsse und Regeln die erneute Zusammenkunft von Kanzlerin Merkel mit den Länderchefs am kommenden Montag ans Tageslicht bringt.