Wohnen unterm Bombenkrater – Essener Architekt baut Bunker um
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Essen-Huttrop. . In Essen-Huttrop hat Architekt Martin Heimeier einen Hochbunker fünf Jahre lang zu einem Wohnhaus umgebaut. Vergessen wird dessen Geschichte dennoch nicht – so erinnert u.a. ein fünf Meter großer Krater in einem der umgebauten Lofts an einen Sprengbombenangriff im Jahr 1944.
Wenn Martin Heimeier heute Morgen zum ersten Mal im neuen Heim die Augen aufschlägt und durch die großen Panoramafenster über die von viel Grün durchsetzten Dächer Huttrops schaut, wird sicherlich ein Gefühl der Erleichterung mitschwingen: Knapp fünf Jahre nachdem er den Hochbunker Feldhaushof vom Bund erwarb, ist das Mammutprojekt abgeschlossen, den riesigen Betonklotz in ein architektonisch einmaliges Wohnhaus zu verwandeln. Zwei gut 250 Quadratmeter große Lofts sind im Bunker entstanden, auf dem Dach hat Martin Heimeier das neue Zuhause für sich und seine Frau Sandra geschaffen.
Zuflucht für 250 Menschen
Dabei hat der 45-jährige Architekt an einigen Stellen ganz bewusst Zeugnisse der Geschichte belassen. In einem der beiden Lofts klafft ein knapp fünf Meter großes, gedämpft beleuchtetes Loch in der Decke, Stahlstreben luken daraus hervor. „Der Krater entstand bei einem Sprengbombenangriff am 22. Oktober 1944. Wie viele Menschen damals hier starben, konnten wir bei unseren Recherchen im Stadtarchiv nicht ermitteln“, sagt Heimeier, der sich nach dem Kauf mit der Geschichte auseinandersetzte. Ausgelegt war der 1942 gebaute Bunker für rund 250 Menschen, die dort regelmäßig Schutz suchten – und bis heute ihre Spuren hinterließen. So fiel Heimeier beim Verputzen der Wände ein in alt-deutscher Schrift in die Mauer geritzter Spruch auf, der wohl so viel bedeutet wie „Polen wird kommen“.
Wohnen im Bunker in Huttrop
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Martin Heimeier kennt den Bunker seit Kindertagen, lernte in der Straße Fahrrad fahren. „Meine Großeltern hatten hier ihr Textil-Lager. Während meiner Studentenzeit habe ich nebenan ein kleines Holzhaus gebaut, das später mein Architekturbüro wurde. Schließlich übernahm ich den Mietvertrag meiner Großeltern und nutzte auch ihre Räume für mein Hobby, das Autoschrauben“, sagt Heimeier. Als der Bund, der den Bunker schon nach dem Zweiten Weltkrieg für die Zivilbevölkerung nutzbar machen wollte, Gebäude und Gelände 2009 zum Verkauf ausschreibt, bietet Martin Heimeier mit. „Ich wollte mein Büro hier nicht verlieren und fand das Projekt spannend“, sagt der Architekt.
13 000 Kubikmeter Bauschutt
Fenster hatte der Bund bereits in die 1,10 Meter dicken Mauern herein gesprengt. „Allerdings waren die uns zu klein, weswegen wir sie mit speziellem Sprengmörtel vergrößerten“, erklärt Martin Heimeier. Darüber hinaus wurden alle Wände herausgerissen, die den Bunker in viele einzelne Zimmer unterteilt hatten. Gut 13 000 Kubikmeter Bauschutt verlassen das Gelände an der Luegstraße, ganz zu schweigen von dem frohlockenden Schrotthändler, der die zahllosen mauerverstärkenden Stahlstreben abtransportiert. Auch energetisch wird der Bunker von Kopf bis Fuß saniert, Pellets und eine 200 Quadratmeter große Solaranlage auf dem Dach beheizen den mit gelochtem Trapezblech verkleideten Bau.
In der Straße sorgen die Bauarbeiten freilich für Neugierige. Vor dem Umbau hatten die Heimeiers Klinken putzen und das Einverständnis der Nachbarn einholen müssen. „Vielen war ein Wohnbau lieber als eine kommerzielle Nutzung. Dennoch bin ich froh, dass ich nach dem Lärm der vergangenen Jahr noch von den Nachbarn gegrüßt werde“, sagt Martin Heimeier und lacht. Dabei stand der Bunker Interessenten immer offen: „Viele ältere Menschen, die hier selbst als Kinder Zuflucht gesucht haben, kamen vorbei um zu sehen, wie der Bunker sich entwickelt“, sagt Sandra Heimeier.
Mieter für die beiden Lofts, die durch riesige Fenster mit Sitznischen, moderne Bäder und in erster Linie viel Platz bestechen, fanden sich sofort: „Die große Nachfrage hat uns wirklich überrascht“, sagt Sandra Heimeier, „in einem Bunker zu wohnen, ist schließlich nicht ganz alltäglich.“
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