Essen. . Beim Ersten Essener Hausbesichtigungstag öffneten zwölf Immobilienbesitzer ihre Türen. Das Angebot sollte energetische Umbaumöglichkeiten aufzeigen – der Sanierungsstau ist enorm. Die Modernisierungsrate liegt bei nur einem Prozent pro Jahr.

Steigende Energiepreise haben bereits so manchen Hausbesitzer ins Grübeln gebracht. Wie kann ich nachhaltig haushalten und welche Investition macht für mich überhaupt Sinn? Fragen wie diese dürften in Essen wohl rund 140.000 Personen durch den Kopf gehen, denn so viele Hauseigentümer gibt es in der Stadt. „75 Prozent des Gebäudebestands wurde vor 1978 errichtet“, erklärt Bernd Halbe, Energiemanager bei der Klimaagentur. „Das ist für uns wichtig, weil damals die erste Wärmeschutzverordnung erlassen wurde. Davor hat man sich über das Thema nicht so viele Gedanken gemacht.“ Im Klartext heißt das, dass in Zehntausenden Häusern Geld im Schornstein verbrannt wird. Wie groß der Sanierungsstau tatsächlich ist, zeigt auch die jährliche Modernisierungsrate von lediglich einem Prozent. „Unser Ziel sind drei Prozent“, betont Halbe.

Doch viele Bürger sind mit den komplexen und teils miteinander konkurrierenden Energiekonzepten schlicht überfordert, wie auch Agenturchefin Dagmar Wolsing einräumt. In der Praxis vergehen zudem nicht selten drei Jahre, bis die Umbauten tatsächlich abgeschlossen sind. Vom Heizen mit Holzpellets über die Solarthermie bis zum Fernwärmeanschluss, von der Dämmung des Kellers über die Fenster bis zum Dach, vom Nachtspeicheraustausch über die Wärmerückgewinnung bis zum Blockheizkraftwerk – es gibt viele Möglichkeiten und fast immer bedarf es einer individuellen Lösung.

„Private und öffentliche Gebäude verbuchen für Heizung, Warmwasser und Beleuchtung einen Anteil von 40 Prozent am bundesweiten Energieverbrauch“, berichtet Agenturleiterin Wolsing. „Die Erschließung der Energieeinspar-Potenziale ist daher von zentraler Bedeutung.“

Um Eigentümer, aber auch Mieter von den Vorteilen einer Gebäudesanierung zu überzeugen, lud die Klimaagentur gestern zum 1. Essener Hausbesichtigungstag. Unter anderem in Steele, Altendorf, Haarzopf, Heisingen und Kupferdreh öffneten Eigentümer ihre Türen und berichteten über den Ablauf ihrer Umbauarbeiten und über das tatsächliche Einsparpotenzial.

Neue Tür und neue Fenster

Ein Beispiel ist die Amixstraße 39: „Dieses Mehrfamilienhaus, Baujahr 1953, hat vor der Sanierung 300 Kilowattstunden pro Quadratmeter und Jahr verbraucht“, erzählt Bauingenieur Dr. Thomas Berger. „Im Rahmen der Modernisierung wurde die Haustür ausgetauscht, die Fassade, das Dach, alle Fenster sowie die oberste Geschossdecke gedämmt. Jetzt liegen wir bei 90 Kilowattstunden.“ – Kostenpunkt: 100.000 Euro, davon 15.000 Euro als Investitionszuschuss durch die KfW-Bank.

Das Gebäude sei typisch für so viele Häuser in Essen, wie Klimamanager Bernd Halbe erklärt. „Es gibt einen großen Modernisierungsbedarf“, berichtet Halbe weiter, der einen Katalog mit relativ vergleichbaren Häusertypen erstellt hat, aus dem sowohl typische Problemzonen als auch die empfohlene Umbauten hervorgehen.

Gerhard Klaes hat sein Haus bereits vor 18 Jahren einer großen Sanierung unterzogen. Sein Grundstück gilt als Vorzeigeobjekt, das in kein Raster passen will. 1996 wurde zunächst das Dach gedämmt, zwei Jahre später folgten eine Photovoltaik-Anlage sowie ein Brunnen, der Wasser in Trinkwasserqualität liefern könnte, wenn die Behörden es erlauben würden. 2001 kam der Umstieg auf Erdwärme sowie eine weitere Photovoltaikfläche und seit einigen Monaten steht – nach siebenjähriger Planungszeit – eine sehr futuristisch wirkende Mikrowindkraftanlage in Klaeses Garten – die einzige im ganzen Ruhrgebiet.

Inzwischen plant der Haarzopfer eine Ladestation für sein elektrisch betriebenes Auto und hofft auf einen erschwinglichen Speicher für seine Windenergie. „Für mich muss sich das nicht rentieren“, sagt Klaes. „Es geht um’s Durchhalten und um Nachhaltigkeit.“