Essen.
Im Mordprozess um die einbetonierte Leiche seiner Halbschwester Madeleine W. (23) lehnt der Angeklagte Daniel O. jede Verantwortung für ihren Tod ab: „Die Wahrheit ist, dass ich die Tat nicht begangen habe.“ Er sei „entsetzt“, dass sein mitangeklagter Vater Günther O. ihm eine Beteiligung unterstellt habe.
Vor dem Essener Schwurgericht wiederholte der 22-jährige Essener am Montag im Grunde seine Aussage, die er schon im Ermittlungsverfahren abgelegt hatte. Vorgelesen wurde die schriftliche Erklärung von seinen Verteidigern Verena Metzmacher und Hans Reinhardt. Neu: Jetzt will er gewusst haben, dass sein 47 Jahre alter Vater Madeleine entführen wollte, um sie „für einen gewissen Zeitraum“ bei einem Freund in Kassel verschwinden zu lassen. Günther O., der nach Bayern- und Jägermeistertrikot am dritten Tag dem Gericht ein Shirt von Rot-Weiss Essen präsentiert, hätte sich davon versprochen, dass das Ermittlungsverfahren wegen sexuellen Missbrauchs seiner Stieftochter eingestellt werde. Er müsse wohl nachhelfen, damit sie die Anzeige zurück ziehe.
Hinter einem Stromkasten versteckt
Nur vor diesem Hintergrund will Daniel O. ein Treffen mit Madeleine, die sich seit über einem Jahr vor ihrer Familie verborgen hielt, arrangiert haben. Am 11. Februar sei er mit dem Vater zum Gelsenkirchener Hauptbahnhof gefahren. Dort hätte Günther O. sich hinter einem Stromkasten versteckt. Als Madeleine im Auto saß, hätte der Vater sich plötzlich hinters Steuer gesetzt und sei losgefahren. Am Schrebergarten in Dellwig angekommen, hätte der Vater ihn irgendwann weggeschickt. Im Nachhinein glaubt Daniel O. wohl eher an eine geplante Tat, bei der „ich mich aber von meinem Vater als Lockvogel benutzt fühle“. Er sei von einer Aussprache und der zeitlich begrenzten Entführung ausgegangen: „Ich hätte mich nie beteiligt, wenn ich gewusst hätte, dass mein Vater meine Schwester tötet.“
Am zweiten Prozesstag hatte Günther O. seinen Sohn belastet. Den Tod Madeleines hatte er als Unfall dargestellt, sein Sohn hätte geholfen, sie zu fesseln und im Schrebergarten unter Beton und Erde zu vergraben. Daniel O.: „Mein Vater lügt. Ich bin sehr entsetzt darüber.“
Dadurch, dass Daniel O. jetzt von einer Entführung spricht, hat er eine Erklärung für sein falsches Alibi, das er im Ermittlungsverfahren abgegeben hatte. Denn für seine ursprüngliche Aussage, er habe seine Schwester nur zu einer klärenden Aussprache mit dem Vater veranlassen wollen, hätte er keineswegs ein falsches Alibi benötigt.