Essen. Als aggressiven Schläger schildert sie ihren Ehemann, lässt kaum ein gutes Haar an Günther O., der ihre Tochter Madeleine laut Anklage getötet und in seinem Schrebergarten vergraben hat. Von der Tat selbst und vom jahrelangen Missbrauch ihres Kindes will sie nichts gewusst haben.
Auf der Anklagebank vor dem Essener Schwurgericht sitzen ihr Ehemann Günther O. (47) und ihr Sohn Daniel (22). Doch zumindest mit ihrem Mann will Birgit O. nicht in einem Raum sitzen. Ihrem Wunsch, sie aus einem Nebensaal per Video zu vernehmen, gibt das Gericht am Dienstag nach.
Zuvor hatte der Anwalt ihres Mannes eine Stunde lang ein „Geständnis“ vorgelesen. Danach sei der Tod ihrer zuletzt in Gelsenkirchen lebenden Tochter Madeleine nur ein Unglücksfall mit tödlichen Folgen gewesen. Eine von ihm gegen die Wand geworfene Flasche Wodka habe leider ihren Kopf getroffen, sagt der Anwalt. Günther O. sei sicher gewesen, dass seine Stieftochter tot war, als er sie im Garten seines Schrebergartens in Essen-Dellwig vergrub, sie mit Beton und Erde zudeckte. Tatsächlich muss sie seiner Aussage gemäß aber noch gelebt haben und in der Grube erstickt sein. Denn die Rechtsmediziner haben keine Kopfverletzung als Todesursache festgestellt, sondern das Ersticken.
Zu diesen Details kann Birgit O. keine Angaben machen. Die 45-Jährige will nichts mitbekommen haben vom jahrelangen sexuellen Missbrauch ihrer Tochter durch den Stiefvater und auch nicht vom gewaltsamen Tod Madeleines. Als die Polizei kam und ihren Mann und ihren Sohn festnahm, will sie „fix und alle“ gewesen sein.
Ehemann schlug zu
Die seit Jahren an Depressionen leidende Frau, die auch Stimmen gehört haben will, wo keine sind, gibt zum Teil wortkarg Auskunft. Ehemann Günther O. sei aggressiv gewesen und habe sie geschlagen. Streng sei er gewesen, auch zu den Kindern. „Madeleine hat ihn gehasst“, sagt sie.
Am 18. Januar 1994 heiratete sie ihn, auf den Tag genau 20 Jahre vor seiner Festnahme. Sie brachte die kleine Madeleine mit in die Ehe, hatte schon Sohn Daniel mit ihm. Er ist in Essen mitangeklagt, weil er Madeleine unter einem Vorwand am Hauptbahnhof Gelsenkirchen getroffen und dem Stiefvater ausgeliefert haben soll.
Doch davon weiß sie nur wenig, sagt sie. Daniel sei kaum verändert gewesen in dieser Zeit. Warum sie vom früheren Missbrauch nichts wusste? „Ich habe ja immer gearbeitet“, erzählt sie. Viele Jahre hatte die Familie in Sachsen gelebt, später seien sie nach Essen gezogen. Dort sei Madeleine von Günther O. mit teuren Geschenken überhäuft worden. Sie selbst habe sich billige Sachen besorgen müssen.
Bizarr verlief das Familienleben in vielerlei Hinsicht. So hätten sie aus Polen Zigarettenstangen nach Deutschland geholt, die dann in einem Stahlschrank lagen. Birgit O. hätte ihrem Mann dann fünf Euro für die Packung geben müssen. „Warum das“, will Richter Andreas Labentz wissen. „Ja, das fragen Sie ihn“, sagt sie.