Essen. Nach über einem halben Jahr Schweigen bricht der Essener Günther O. am Dienstag sein Schweigen. Er gibt zu, den Tod seiner Stieftochter Madeleine verursacht zu haben und sie anschließend bei lebendigem Leibe in seinem Schrebergarten vergraben zu haben.

Er sagt es nicht ausdrücklich, aber das „Geständnis“ von Günther O. lässt am Dienstag vor dem Essener Schwurgericht nur einen Schluss zu: Der 47-Jährige hat seine Stieftochter Madeleine bei lebendigem Leib begraben. Er will aber gedacht haben, sie sei schon tot.

Auf sein Bayerntrikot vom ersten Prozesstag hat der Hausmeister und Platzwart diesmal verzichtet. Ein „Jägermeister“-T-Shirt schmückt seinen Oberkörper, darüber eine Jacke mit dem Werbeaufdruck eines Sportgeschäftes aus seinem Essener Stadtteil Borbeck. Werbung, auf die beide Unternehmen gern verzichtet hätten.

Er selbst sagt nichts. Dafür verliest Verteidiger Wolfgang Weber eine Stunde lang die Einlassung des Angeklagten. Günther O. könne sie „wegen Sprech- und Sprachproblemen“ nicht selbst vortragen, erklärt der Rechtsanwalt. Die Aussage des Angeklagten ist von wenigen Emotionen erfüllt, zielt juristisch vor allem darauf ab, einer Verurteilung wegen Mordes mit lebenslanger Haft zu entgehen. Ein Unfall wird geschildert, der tödlich ausging. Juristisch sieht das nach einer Körperverletzung mit Todesfolge aus, wenn es Staatsanwältin Birgit Jürgens nicht gelingen wird, die Darstellung des Angeklagten zu widerlegen.

Familie tyrannisiert

In ihrer Anklage hatte sie ihn als Despot geschildert, der die Familie tyrannisierte. Seit ihrem 14. Lebensjahr habe er seine Stieftochter Madeleine sexuell missbraucht. 2012 brachte die am 11. Februar 2014 im Alter von 23 Jahren gestorbene Madeleine sogar eine Tochter zur Welt, die von ihm stammt.

Als sie sich Monate später mit Hilfe des Jugendamtes in Frauenhäusern vor ihm verbarg, soll er sie wie besessen gesucht haben. Im Februar 2014 bekam er schließlich über seinen jetzt mitangeklagten Sohn Kontakt zu ihr. Beide sollen sie in seinen Schrebergarten gelockt haben, wo er zunächst mit einem Hammer auf sie einschlug und sie dann mit einem Kissen erstickte. In einer zuvor ausgehobenen Grube im Garten hätte er sie unter Erde und Beton begraben.

Doch von diesem Martyrium will Günther O. in seiner Einlassung nichts wissen. Dass er sie über Jahre missbrauchte und Vater ihrer Tochter ist, das gibt er zu. Es sei vor allem die Liebe zu diesem Kind gewesen, die ihn viele Monate lang nach Madeleine suchen ließ. Als er sie mit Hilfe seines Sohnes fand, sei es ihm nur um eine Aussprache gegangen. Doch im Schrebergarten hätte sie den Streit begonnen.

In Panik geknebelt und gefesselt

Sie sei ausgerastet, habe ihn mit einer Bierflasche auf den Kopf geschlagen, liest Anwalt Weber vor. In Panik, und nur um Madeleine ruhig zu bekommen, hätte er sie geknebelt und gefesselt. Als sie weiter schrie, habe er eine Wodkaflasche gegen die Wand werfen wollen, um sie zu erschrecken. Die Flasche hätte aber ihren Kopf getroffen, „Das war nicht beabsichtigt“, heißt es in der Aussage. Madeleine sei seitlich weggeknickt. Günther O. will sich an ihrem Hals überzeugt haben, dass sie keinen Puls mehr hatte. Gemeinsam mit seinem Sohn Daniel hätte er sie begraben.

Da die Rechtsmediziner eindeutig von einem Erstickungstod der Frau sprechen, Günther O. diesen Vorgang aber nicht schildert, müsste Madeleine also im Grab erstickt sein. Aber Nachfragen des Gerichtes erlaubt Verteidiger Weber nicht.

So vernimmt das Gericht die Ehefrau des Angeklagten. Aus Angst vor ihm hatte sie beantragt, in einem anderen Saal per Video vernommen zu werden. Das Gericht stimmt zu. Aber über den Tod ihrer Tochter kann sie nichts sagen, und vom jahrelangen Missbrauch will sie nie etwas geahnt haben.