Heute kann Essen in Kopenhagen „Grüne Hauptstadt“ werden
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Essen. . Mit ihrer Bewerbung um den Titel „Grüne Hauptstadt“ hat es die Stadt ins Finale geschafft. Am Montag entscheidet in Kopenhagen eine Jury, ob Essen im Jahr 2016 den prestigeträchtigen Titel tragen. Im Interview erklärt Umweltdezernentin Simone Raskob, wie Essen davon profitieren könnte.
Jetzt wird es ernst: Ob Essen sich im Jahr 2016 mit dem Titel „Grüne Hauptstadt Europas“ schmücken darf, entscheidet sich am Montag in Kopenhagen. Die Stadt Essen steht im Finale – und ein Team um Oberbürgermeister Reinhard Paß und Umweltdezernentin Simone Raskob will nun eine internationale Experten-Jury davon überzeugen, dass Essen mit zahlreichen ökologischen Vorzeigeprojekten aufwarten kann.
Am Montag heißt es also ab neun Uhr: Daumen drücken. 45 Minuten haben die Essener Zeit, die Stadt ins beste Licht zu rücken. Weitere 30 Minuten werden sie sich danach in einer Frage-Antwort-Runde den Juroren stellen. Das Urteil der Jury wird dann am Dienstagmittag bekannt gegeben. Vor dem wichtigen Termin sprach Tobias Appelt mit Simone Raskob über Essens ehrgeiziges Ziel, „Grüne Hauptstadt“ zu werden.
Frau Raskob, mit der „Grünen Hauptstadt“ wird es jetzt wohl nichts mehr. Der Orkan am Pfingstmontag hat ja eine ganze Menge Bäume umgeworfen.
Simone Raskob: Ja, aber wir sind immer noch die drittgrünste Großstadt Deutschlands. Außerdem werden wir für jeden umgestürzten Baum im Straßenraum einen Ersatz pflanzen. Und obwohl uns alle der aktuelle Verlust durch den Orkan „Ela“ traurig stimmt, geht es bei der „Grünen Hauptstadt“ um mehr als um Bäume.
Grüne Hauptstadt - so will Essen punkten
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Diesen Gedanken können Sie gerne weiter ausführen.
Raskob: Bei der „Grünen Hauptstadt“ geht es um Entwicklungen, von denen die Bürger dieser Stadt langfristig etwas haben sollen. Es geht um sauberes Wasser, saubere Luft – und um mehr Lebensqualität. Das alles sind Dinge, die auch von einer großen wirtschaftlichen Bedeutung für die Stadt sind.
Wirtschaft ist ein gutes Stichwort. Wie kann Essen vom Titel „Grüne Hauptstadt“ profitieren? Also, in barer Münze.
Raskob: Als „Grüne Hauptstadt“ steigern wir unsere Chancen, von der Europäischen Union auch weiterhin Fördermittel zu erhalten. Ohne EU-Geld wären viele Essener Projekte der jüngeren Vergangenheit nicht denkbar gewesen; die Emscher-Renaturierung und der Stadtteil-Umbau in Altendorf sind nur zwei von vielen Beispielen. Fest steht: Künftig wird jeder fünfte Euro von der EU für den Klimaschutz ausgegeben. Und, selbst wenn wir nicht gewinnen sollten, haben wir mit den für unsere Bewerbung gesammelten Daten jetzt einen „Masterplan“ in der Hand, mit dem wir in der Zukunft bei sämtlichen EU-Förderprojekten mitmischen können.
Sie sagten gerade, „selbst wenn wir nicht gewinnen“. Höre ich da etwa Zweifel?
Raskob: Nein, keine Zweifel. Wir gehen zwar als Außenseiter ins Rennen, doch wir fahren nach Kopenhagen, um zu gewinnen. Wir sind gut vorbereitet, unsere Bewerbung wurde sehr gelobt, und wir sind ein gutes Team. Kurz: Wir sind voll motiviert, das Beste zu geben. Und sollte es doch passieren, dass wir verlieren – dann werden wir uns erneut bewerben.
Gut, angenommen, es klappt auf Anhieb. Wäre die Stadt denn überhaupt in der Lage, die entstehenden Kosten zu schultern? Schließlich gibt es erst mal nur den Titel und kein Geld.
Raskob: Ja, die vorhandenen Budgets aus dem städtischen Umwelthaushalt werden die Basis für die Finanzierung sein. Zudem hoffen wir auf Unterstützung vom Land, und für einzelne Veranstaltungen würden wir aktiv Sponsoren ins Boot holen.
Was für Großveranstaltungen könnte es denn geben?
Raskob: Denkbar wäre etwa die Sperrung der A 42 zugunsten von Radfahrern – ähnlich wie es 2010 beim erfolgreichen „Still-Leben“ auf der Autobahn 40 geschehen ist. Es gibt aber auch viele Pläne, die nicht viel kosten und trotzdem lange Zeit nachwirken.
Zum Beispiel?
StadtgrünRaskob: Das bereits vorhandene, 150 Kilometer lange Radewegenetz im Grünen, ergänzt um Radwege an Straßen, motiviert Menschen, das Auto häufiger stehen zu lassen. Oder: das Schwimmen in der Ruhr oder im Baldeneysee. Wir möchten den Menschen ermöglichen, zukünftig in ihren Gewässern zu baden. Das Projekt „Sichere Ruhr“ hat gezeigt: Die Wasserqualität ist an den meisten Tagen im Jahr absolut ausreichend. Das einzige, was fehlt, ist ein Warn- und Überwachungssystem. Aber dafür finden wir auch noch eine Lösung.
Das wäre Ihnen zu wünschen. Denn bislang sieht es so aus, als würden die Essener von den „Grüne Hauptstadt“-Plänen wenig mitgerissen.
Raskob: Das sehe ich anders. Wir haben die Menschen an Bord. Neulich erst haben wir im Südviertel rings um den Isenbergplatz aufgeräumt, Blumen gepflanzt und klar Schiff gemacht. Wir haben selbst gestaunt, wie viele Bürger uns dabei unterstützt haben.
Aber das war doch eine einmalige Aktion?
Raskob: Das war nur die erste Aktion. Aber wenn Sie sehen, was wir dort in sechs Stunden erreicht haben, dann bekommen Sie eine Vorstellung davon, was stadtweit an 365 Tagen möglich wäre.
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