Essen. . Viele Mieter klagen über undichte Häuser und teils unkooperative Vermieter. Der Mieterschutzbund Mülheim und Umgebung rät, Schäden umgehend dem Vermieter mitzuteilen und mit Fotos zu dokumentieren. Wer dies versäumt, kann auf Kosten sitzenbleiben
Nachdem der Sturm im gesamten Stadtgebiet auch an vielen Privatwohnungen Schäden in Millionenhöhe angerichtet hat, stehen nun vielerorts Mieter vor dem Problem der Kostentilgung. Allein das städtische Wohnungsbauunternehmen Allbau registrierte über 1000 Schadensmeldungen in Höhe von knapp zwei Millionen Euro. Doch was tun, wenn der Vermieter sich aus der Verantwortung stehlen will und seinen Verpflichtungen nicht nachkommt?
Siw Mammitzsch, Geschäftsführerin des Mietervereins Essen, rät: „Man sollte in jedem Fall eine Mängelanzeige gegenüber dem Vermieter verfassen und die Schäden mit Fotos dokumentieren.“ Gerade Wasserschäden ließen sich nicht auf die lange Bank schieben, da sie Folgeschäden wie Schimmelbefall nach sich ziehen könnten und manchmal nicht auf den ersten Blick erkennbar seien.
Viele Großbauten aus den 60ern betroffen
Der Sturm hat indes nicht nur die klassischen Altbauten getroffen, die für Schäden oft anfälliger sind, sondern auch viele Großbauten aus den 60er Jahren. „Wir machen die Erfahrung, dass viele unserer Mitglieder ihrem Vermieter schon vorher von baulichen Mängeln berichtet haben, aber nichts passierte. Durch den Sturm schlagen solche Versäumnisse dann besonders zu Buche“, so Mammitzsch.
Auch Daniela Schneider fühlt sich nach dem Unwetter von ihrem Vermieter im Stich gelassen. Die junge Mutter lebt mit ihrer Familie in einer Sozialbauwohnung in Holsterhausen; mit ihrem Vermieter hat sie schon länger Schwierigkeiten: „Das Dach des Hauses ist marode und da ist nichts ordentlich gedämmt“, sagt sie frustriert. „Die Wände sind wie aus Pappe und schlagen Wellen – hinter der Tapete bildet sich schon Schimmel.“ Wenn sie versuche, den Vermieter zu erreichen, werde sie immer wieder vertröstet: „Das sind reine Lippenbekenntnisse.“
Wasserflecken an den Wänden
Petra Seeger-Szczesniak kennt das Problem ebenfalls. In ihrer Wohnung in Frillendorf hat es schon dreimal einen Wasserschaden gegeben, da die Fenster wohl ein dauerhafter Schwachpunkt des Hauses, ein Bau von 1964, sind. „Die Silikonschienen an den Fenstern sind schon mehrfach von Handwerkern ausgetauscht worden, aber wir haben das Problem immer noch nicht im Griff.“ Während des Sturms schwappte das Wasser literweise in die Wohnung. „Jetzt haben wir gelbe Flecken an der Wand, aber wenn ich meinen Vermieter anrufe, geht nur die Mailbox ran.“
Die alleinstehende Rentnerin S., die ihren Namen nicht nennen möchte, erlebte am Sturmabend ein wahres Horrorszenario: Bei ihr drang das Wasser durch die wohl unzureichend abgedichtete Balkontür, gegen die sich die 74-Jährige mit ihrem ganzen Körper zu stemmen versuchte. „Ich habe nur gebetet, dass das endlich aufhört – ich hatte wirklich Panik . Wenn noch einmal so ein Unwetter losbricht, weiß ich nicht, ob die Tür das ein zweites Mal aushält.“ Während des Sturms konnte sie dem Druck nicht standhalten; Gardinen und Teppich wurden klitschnass, auf dem Boden hatte sich eine riesige Wasserlache gebildet.
Wenn Mieter auf den Kosten sitzenbleiben
„Ich habe gleich die Wohnungsbaugesellschaft benachrichtigt, damit die Balkontür abgedichtet wird, aber die reagierte nicht. Leider war das nicht das erste Mal, dass ich mit solchen Problemen allein dastand.“
Marcel Meyer, Rechtsanwalt beim Mieterschutzbund Mülheim und Umgebung, kennt viele solcher Fälle. „Das muss man sich nicht gefallen lassen“, sagt er. Denn wenn der Vermieter dauerhaft nicht zu erreichen sei, habe der Mieter das Recht auf eine so genannte Ersatzvornahme. Somit dürfe er in dringenden Fällen selbst Handwerker beauftragen, um die Schäden zu beheben – die entstandenen Kosten könne man dem Vermieter später in Rechnung stellen.
„Auch dabei gibt es Konflikte, wenn der Vermieter etwa bestreitet, nicht erreichbar gewesen zu sein. Deshalb sollte man immer den Versuch der Kontaktaufnahme etwa mithilfe eines Zeugen dokumentieren“, erläutert Meyer. Auch die Miete müsse in einem solchen Fall nur unter Vorbehalt gezahlt werden, was der Mieter jedoch schriftlich ankündigen müsse: „Sonst wird es später schwierig, eine Mietminderung geltend zu machen.“