Essen. . Im Streit um mutmaßlich fehlerhafte Diagnosen bei Brustkrebsuntersuchungen stärken mehrere Chefärzte jetzt dem beschuldigten Essener Radiologen Karlgeorg Krüger den Rücken. Die Diagnostik habe „zu jedem Zeitpunkt eine hohe Qualität“ gehabt, behaupten sie.

Im Streit um vermeintlich mangelnde Qualität der Brustkrebs-Vorsorge beim Essener Mammografie-Programm hat der unter Beschuss geratene Radiologe Dr. Karlgeorg Krüger jetzt Rückendeckung der Leiter von vier der fünf Essener Kliniken für Frauenheilkunde bekommen.

In einem Brief an die Kassenärztliche Vereinigung (KV) Nordrhein schreiben die Chefärzte, „seit Beginn des Screening-Programms 2006“ habe man es mit drei progammverantwortlichen Ärzten zu tun gehabt. Einer davon ist Krüger. „Zu jedem Zeitpunkt war unabhängig von dem jeweiligen programmverantwortlichen Arzt eine hohe Qualität der Screening-Konferenz und insbesondere der Abklärungsdiagnostik zu verzeichnen“, unterstreichen die Klinik-Chefs. Diese „Klarstellung“ sei wichtig, „um allen Frauen, die in der Vergangenheit das Brustscreening-Programm wahrnahmen oder es in Zukunft tun werden eine aus unserer Überzeugung ungerechtfertigte Besorgnis zu nehmen“, heißt es.

KV Nordrhein sieht "keine Hinweise auf falsche Diagnosen"

Unterzeichnet ist das Schreiben von Prof. Dr. Regine Gätje, Chefärztin am Krupp-Krankenhaus, Prof. Dr. Rainer Kimmig, Direktor am Uniklinikum Essen, Prof. Dr. Stefan Niesert, Klinikdirektor am Elisabeth-Krankenhaus, und Dr. Martin Schütte, Leitender Arzt am Marienhospital. Zu diesen gesellte sich noch Prof. Stephan Böhmer, Chefarzt einer Oberhausener Klinik, der ebenfalls Krügers Arbeit lobte. Sie stellen sich damit gegen die „Kooperationsgemeinschaft Mammografie“, die Vorwürfe gegen Krüger so untermauert hatte: „Bei Frauen, bei denen in der Screening-Einheit Essen eine Gewerbeprobe entnommen wurde, können wir leider nicht sicher sein, dass die Ergebnisse stimmen.“

Auch interessant

Die KV Nordrhein wiederum sieht es ähnlich wie die Chefärzte: „Wir haben keinen Hinweis auf falsche Diagnosen, suchen aber trotzdem nach einer Möglichkeit, den unnötig verunsicherten Frauen ihre Ängste zu nehmen“, sagt Sprecherin Karin Hamacher. Anlass dazu gibt es reichlich. Seit Bekanntwerden der Vorwürfe gegen Krüger haben das Gesundheitsamt, die Essener Kliniken und die niedergelassenen Ärzte in Essen viele Anrufe besorgter Frauen bekommen, die in Krügers Diagnosezentrum „Diavero“ zur Untersuchung waren.

Dass Problem: Bei Diavero werden jährlich um die 20 000 Screenings durchgeführt. Wollten auch nur mehrere Tausend dieser Frauen nun zeitnah eine „zweite Meinung“ einfordern, stünde man vor einem „massiven Kapazitätsproblem“, so Hamacher. Alle Screening-Einheiten in Essen und Umgebung seien ausgelastet, wie jeder weiß, der kurzfristig einen Radiologie-Termin benötigt. Wie die KV dieses Problem lösen will, „wissen wir ehrlich gesagt noch nicht“.

Auch interessant

Aus dem Schneider ist Krüger mit dem Einsatz der Chefärzte zu seinen Gunsten allerdings nicht. Es bleiben die Beschwerden niedergelassener Frauenärzte - und eine Essener Klinik für Frauenheilkunde fehlt in der Unterschriftenliste.

Huyssensstift-Chef Horst Defren weist Krügers Intrigen-Vorwurf zurück

„Es ist natürlich auffallend, dass eine Klinik für Frauenheilkunde nicht unterschrieben hat“, sagt einer, der die Krankenhauslandschaft gut kennt, „das sind die Kliniken Essen-Mitte“. Verwundern kann dies kaum. Aus dem Huyssensstift waren die Vorwürfe gegen Krüger wesentlich orchestriert worden, wobei ein früherer Praxispartner Krügers und einige frühere Mitarbeiterinnen eine Rolle spielen, die alle seit 2010 im Huyssensstift arbeiten. Krüger wirft den Kliniken Essen-Mitte vor, eine Intrige gesponnen zu haben, mit dem Ziel, ihm schaden und selbst das lukrative Geschäft mit der Brustkrebsvorsorge übernehmen zu wollen. Auch die KV Nordrhein bekräftigte noch einmal, „die Konkurrenzsituation in Essen“ habe „mit zu dem jetzigen Konflikt beigetragen“.

Auch interessant

Kliniken-Mitte-Geschäftsführer Horst Defren wies geschäftliche Interessen am Mittwoch zurück: „Wir wollen kein Screening machen, Punkt!“ Die gynäkologische Onkologie am Huyssensstift habe einen überregional guten Ruf. Dazu habe auch besagter Ex-Praxispartner beigetragen, dem er aber als Geschäftsführer rate, in Bezug auf die Fehde mit Krüger es ab sofort ruhiger angehen zu lassen. Aber: „Dass Herr Dr. Krüger in Schwierigkeiten ist, hat er selbst zu verantworten, denn er hat die letzte Re-Zertifizierung nicht bestanden“, sagt Defren und verweist auf die Mitteilung der Kooperationsgemeinschaft Mammografie. Wenn es sich dabei nur um banale, nicht korrekt erledigte Bürokratiepflichten handele, wie Krüger sagt, „dann frage ich mich, warum Dr. Krüger nicht die Lizenz zur Gewebeentnahme längst zurück hat.“