Essen. Obwohl in den Asylheimen in Essen derzeit 160 Plätze frei sind, sucht die Stadtverwaltung weiter Standorte für neue Unterkünfte. Denn langfristig werde die Zahl der Flüchtlinge wieder steigen, darum könne man auch nicht nur auf Container setzen.
Die Asylbewerberzahlen sind in Essen in den vergangenen Wochen leicht gesunken: Derzeit leben 920 Menschen in den Unterkünften, 160 Plätze sind frei. Nun denken die ersten Politiker über eine Verschlankung des Asylkonzepts von Sozialdezernent Peter Renzel nach, die Verwaltung aber mahnt: „Im Herbst brauchen wir neue Plätze.“
Die Sozialverwaltung arbeitet bereits mit Hochdruck an einem neuen Konzept, das möglichst in der Ratssitzung im Juli beschlossen werden soll. Schließlich halte das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge an der Prognose fest, wonach in diesem Jahr 160.000 Asylbewerber nach Deutschland kommen werden; 2013 waren es noch 127.000. Da die Betroffenen nach dem Königsteiner Schlüssel auf die Kommunen verteilt werden, werde der Anstieg naturgemäß auch in Essen spürbar sein.
Renzel wollte die Zahl der Plätze in Unterkünften daher auf 1800 aufstocken, derzeit sind es 1080. Als er sein Konzept im Februar vorstellte, waren schon 1048 belegt. Renzel schlug 14 Standorte vor, an denen Unterkünfte in Massiv- oder Container-Bauweise entstehen sollten. Doch in der Februar-Sitzung forderte der Rat eine Überarbeitung des Konzeptes: Die Kosten seien zu hoch, die Standorte zu unausgewogen aufs Stadtgebiet verteilt. Auch solle man Standorte außerhalb von Siedlungsbereichen prüfen. Daran arbeiten Sozial-, Bau- und Planungsdezernat derzeit.
Politiker hoffen auf abnehmenden Zustrom
Seit aber die Bundesregierung signalisiert hat, einige Balkanländer als sichere Herkunftsstaaten einstufen zu wollen, hoffen auch Essener Politiker, der Zustrom aus Serbien, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo werde bald spürbar abnehmen. Aus diesen Ländern kommen rund 75 Prozent der Asylbewerber in Essen. So beobachtet die Verwaltung, dass die Politik neuerdings verstärkt für Container plädiere und von massiven Bauten abrate – die seien womöglich gar nicht mehr notwendig. Bloß glaubt man in der Sozialverwaltung nicht, dass die Gesetzesänderung rasch greifen wird: Erstens können einige Betroffene aus gesundheitlichen Gründen nicht abgeschoben werden, zweitens stelle das Land schlicht nicht genug Flüge für Abschiebungen bereit. „Darum kann die Ausländerbehörde keinen wirksamen Druck aufbauen.“
So sei zwar die Zahl aller Asylbewerber in den Unterkünften seit Februar von 1048 auf heute 920 gesunken; die Zahl der Flüchtlinge aus den vier genannten Ländern nahm nur von 775 auf 718 ab. „Dass im Frühling viele auf den Balkan zurückkehren, trifft nicht mehr zu“, sagt ein Experte. „Der Sockel wird also größer.“