Essen. . Wie geht es mit dem Strategieprozess Essen.2030 des Oberbürgermeisters weiter? Er hat bisher vor allem viel Zeit und Geld gekostet. Die Essener Wirtschaft befürchtet offenbar, dass ihr Geld zusammen mit dem Strategieprozess versandet. Ein Treffen mit der Politik soll nun die Wende bringen.
Mai 2012: Oberbürgermeister Reinhard Paß startet seinen Strategieprozess Essen.2030. Es geht im Kern um die eigentlich spannende Frage: Wie soll die Stadt im Jahr 2030 aussehen? Es werden Arbeitsgruppen, Steuerungskreise, Beraterkreise, Expertengremien gebildet, seitenlange Konzepte ausgearbeitet, Workshops veranstaltet, Bürger befragt, ein Logo entwickelt, eine Unternehmensberatung engagiert.
Das alles hat bereits viel Zeit und Geld gekostet, allein die Unternehmensberatung Roland Berger kassierte für die Projektkoordination 800.000 Euro – bezahlt von der Interessengemeinschaft Essener Wirtschaft.
Januar 2014: Über anderthalb Jahre sind ins Land gegangen. Und die Mehrheit im Stadtrat schiebt den Beschluss, wie es mit Essen.2030 weitergehen soll, seit Monaten. Wie ein Kind, das den Brei vor sich nicht mag. Und Paß? Auch von ihm hört man öffentlich dazu nichts. Ist der Prozess leise schweigend eingeschlafen? Diesen Eindruck muss wohl die Interessengemeinschaft Essener Wirtschaft haben, die schließlich fürchten muss, dass sie ihre vielen tausend Euro in den Sand gesetzt hat.
Treffen Anfang Februar soll Essen.2030 retten
Am 6. Februar soll es deshalb ein Treffen zwischen ihr, dem OB und den Rats-Fraktionen geben. Mission: die Rettung von Essen.2030. Offiziell will zwar niemand von einem Rettungsversuch sprechen. Aber die Interessengemeinschaft Essener Wirtschaft hat klare Vorstellungen, was bei dem Treffen herauskommen soll: „Wir wollen ein Bekenntnis der Politik, wie es weiter geht“, sagt IEW-Vorstandschef Ulrich Piepel.
Er spricht von einem klaren Zeitplan, der unabhängig von Wahlen sein muss, denn das Ganze sei eben kein Wahlkampfthema sondern auf breiten Konsens angelegt. Aber eine politische Kuschelrunde vier Monate vor der Kommunalwahl und eine Bühne für den OB? Ist das vorstellbar?
Vielen ist das Projekt Essen.2030 zu unkonkret
Nicht überraschend ist die Meinung der SPD. Fraktionschef Rainer Marschan: „Ich glaube, dass der Prozess noch eine Chance hat.“ Doch unter welchen Voraussetzungen? Denn die Kritik an dem, was bislang auf dem Tisch liegt, ist seitens des CDU-geführten Vierer-Bündnisses im Rat unisono: zu abstrakt, zu wenig konkret – Wischiwaschi eben.
Udo Bayer vom Essener Bürgerbündnis EBB bringt es so auf den Punkt: „Was da zu Papier gebracht wurde, hätte auch bei jeder anderen Stadt stehen können“. Er wünsche sich ein detailliertes Profil, womit sich diese Stadt in Zukunft abheben soll. Für Bayer ist somit klar: „Wir sollten die Sache abschließen, ich weiß nicht, was das auf dieser Grundlage noch bringen soll.“
CDU-Fraktionschef Thomas Kufen gibt sich vor dem Treffen diplomatischer: Ja, dass der Motor stottere, sei nicht zu übersehen. „Aber wir werden sehen, dass er wieder ans Laufen kommt.“ Auch er will mehr Verbindlichkeit und konkrete Ziele.
Und noch eines treibt Kufen um: Wie wird der Dialog um das Miteinander in dieser Stadt nach dem Messe-Bürgerentscheid künftig geführt. Der Ausgang habe ihm gezeigt: Es herrscht viel Misstrauen gegenüber der Politik. Das könne der Prozess Essen.2030 nicht einfach ausblenden.