Damit man in Essen baulich wieder weiter weiß, gründete sich 1988 der Arbeitskreis 2030: Seit nun bereits 25 Jahren mischt eine kleine Schar architekturbegeisterter Bürger in der Stadtentwicklung mit. Nicht immer mit Erfolg, aber immer mit vollem Einsatz.

Geboren wurde die Idee womöglich, als einer der Ihren mal so richtig nass wurde.

Andere hätten sich dann vielleicht vorgenommen, beim nächsten mal einen Schirm zum Einkaufen mitzunehmen. Wer sich aber der Architektur und Stadtkultur verschrieben hat, denkt an Hamburg, der denkt an die Alsterarkaden, wo man auch bei Schietwetter wunderbar flanieren kann. Und denkt daran, ob so ein Arkadengang wohl auch was für die Häuser am Kennedyplatz wäre.

Gesagt, gezeichnet. Und von dem Moment, als die damalige Essener Bau- und Planungsdezernentin Irene Wiese-von Ofen die Skizze sah, ist ihr seufzender Ausspruch überliefert: „Meine Herren, glauben sie, dass sie jetzt noch in der Wirklichkeit sind?“

Oh ja, manchmal geht in diesem Arbeitskreis 2030, der vor 25 Jahren noch die Jahres-Schallmauer 2000 im Namen trug, die „Phantasie auf Wanderschaft“ wie der architekturbegeisterte Ex-Bankchef Axel Wiesener bekennt. Manchmal aber schreiben sie auch ein Stück Stadtgeschichte: Auch ihnen ist die große (und am Ende wohl wahlentscheidende) Debatte um die Philharmonie im Saalbau zu verdanken, auch ihnen gebührt der Dank, für den Bau des Einkaufszentrums auf der Innenstadtseite der Friedrich-Ebert-Straße gestritten zu haben.

Es ist ein Streit ohne echtes Mandat: Denn die Runde, die sich da zum ersten Mal im Oktober 1988 zusammensetzte, versteht sich als loser Zusammenschluss von Menschen, denen die Stadtgestalt am Herzen liegt – Fachleute allesamt, deren Wort Gewicht hat, weil man ihr Know-how anerkennt. Sechs Dutzend Leute sind es heute, kein Verein, eine unabhängige Truppe, zu der nur stößt, wer dazugebeten wird.

Kein Frieden mit Bahnhof und Hauptbad

Ideengeber wollen sie sein, Berater, mitunter auch Mahner oder Kämpfer, wenn sie den Eindruck haben, da läuft was falsch in Sachen Stadtentwicklung: „Wenn man uns ärgert, können wir auch mal konfrontativ werden“, sagt Gerd-Ulrich Kapteina, der sonst als Verwaltungsrichter in Düsseldorf eher auf den Ausgleich streitender Parteien bedacht ist.

Aber manchmal geht es eben nicht anders, als sich in die Haare zu kriegen. Und bei allen vorzeigbaren Erfolgen zwischen Univiertel und Hörsaalzentrum – manchmal geht es auch schief. Mit dem Hauptbahnhof, saniert zum „Einkaufszentrum mit Gleisanschluss“, haben sie ihren Frieden bis heute nicht machen können. Und dass das Hauptbad weichen soll, geht ihnen ebenfalls gegen den Strich: „Kommen Sie nach Essen, bringen Sie die Badehose mit und wir schwimmen ‘ne Runde“, rief Wiesener zur Jubiläumsfeier dem NRW-Bauminister zu, der als Gastredner erschienen war.

Ob Michael Groschek dann wirklich den Abriss verhindern wollte, darf man bezweifeln, ansonsten aber hatte der Minister für den Arbeitskreis 2030 nur wohlwollende Worte übrig: Hier seien „nicht Wutbürger, sondern Mutbürger“ am Werk, eine Initiative die sich dem Gemeinwohl verschrieben habe, was sich nicht von jedem sagen lasse, der mit dem „Bürger“-Etikett Einmischung wage: Denn „Miesmachen ist Kultur, mitmachen muss kultiviert werden“.

Dafür wird noch reichlich Gelegenheit sein, so viel steht fest, denn der Stadt steht die Entscheidung bevor, wie man mit dem wachsenden Flächenbedarf für Wohn- wie auch Gewerbe-Projekte umgeht. Darf’s auch die grüne Wiese sein?

Wer vom Minister als Gratulanten da eine Handreichung erwartet hatte, wurde enttäuscht: Nein, es gibt kein Patentrezept versicherte er dem Arbeitskreis, es geht darum, sich von manchen alten Vorstellungen der Stadtplanung zu verabschieden – von Autogläubigkeit bis Flächenfraß: Kommende Generationen drückten ihre Nasen eben nicht am Autohaus sondern am Apple-Store platt.

Aber hier wie dort: Nass wird man bei Regen in jedem Fall, deshalb werden sie beim Arbeitskreis die Arkaden-Idee nicht fallen lassen.

Bis 2030 ist es ja auch noch lang hin.