Essen/Duisburg. Mindestens bis Freitag ist im Bahnverkehr noch mit massiven Verspätungen und Zugausfällen zu rechnen: Die Züge müssen Richtung Duisburg Schrittgeschwindigkeit fahren, weil unklar ist, wie groß ein am Mittwoch unter den Gleisen entdeckter Bergbaustollen ist. Um längere Staus auf der Strecke zu verhindern, leitet die Bahn den Fernverkehr, auch manche Regionalzüge weiträumig um. Einige S-Bahnlinien fahren - aber in Schritttempo.
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Die Deutsche Bahn hat am Verkehrsknoten Essen ein gravierendes Problem: Zwischen dem Hauptbahnhof und Essen-West bremsen Bohrungen der Bezirksregierung Arnsberg alle Bahnen aus. Bei Grunduntersuchungen für den Bau der neuen Schenker-Zentrale dort, wo der Abriss des AEG-Hauses begonnen hat, wurden am Mittwoch unbekannte Hohlräume an einem Stollen der RWE Systems AG entdeckt. Das Flöz und der Stollen verlaufen unter den Gleisen. Die Abteilung für Bergbau der Bezirksregierung befürchtet Gefahren für den Bahnverkehr.
Stollen wird mit Beton aufgefüllt
Ab Donnerstagabend wird der bekannte Stollen unter dem alten AEG-Gebäude mit Flüssigbeton verfüllt, weitere Probebohrungen sollen bis Freitagmorgen Aufschluss darüber geben, wie groß die Hohlräume und die Gefahr dadurch unter dem Gleiskörper sind.
Solange das nicht geklärt ist, müssen alle Züge zwischen Hauptbahnhof und Bismarckbrücke Schrittgeschwindigkeit fahren. Zu Beeinträchtigungen des Bahnverkehrs wird es also bis mindestens Freitagmittag kommen.
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Seit Mittwochabend dürfen die Bahnen auf 500 Metern zwischen Essen Hauptbahnhof und Essen-West nur mit Schrittgeschwindigkeit fahren. Den unter den Gleisen verlaufenden, am Mittwoch erst entdeckten Bergbaustollen stuft die Bezirksregierung als "eventuell einsturzgefährdet" ein.
Dabei handelt es sich um einen Stollen zwischen Bert-Brecht-Straße und Henriettenstraße aus der Zeit um 1840, der auf keiner Karte eingezeichnet ist. Die Bezirksregierung Arnsberg hat nun erste Ergebnisse der Bohrungen vorliegen. Erste Ergebnisse der Probebohrungen unter den Gleisen erwartet Diplom-Geotechnikerin Nicole Reinersmann von der Bezirksregierung "am späten Nachmittag oder Abend".
Viele Fahrgäste an den Bahnhöfen sind sauer
Auch am Duisburger Hauptbahnhof merken die Fahrgäste die Auswirkungen. Auf der Suche nach einer Verbindung irren viele am Morgen von Gleis zu Gleis. Die Fahrt in Richtung Dortmund scheint fast unmöglich. Der 16-jährige Tim erklärt: "Ich bin Azubi und muss nach Bochum. Wenn ich schon wieder zu spät komme, bekomme ich Ärger mit meinem Chef."
Michael Broker aus Darmstadt hat in einem Duisburger Hotel übernachtet. Heute will er nach Bochum fahren. Seine ICE-Fahrkarte nützt ihm allerdings nichts: Er muss die S-Bahn nehmen. Statt 20 Minuten fährt er jetzt wohl 90 Minuten. Er ist stinksauer. "Ich habe einen geschäftlichen Termin. Und habe von diesem Theater hier ja nichts gewusst." Bis zum Informations-Schalter kommt er nicht durch: Hier warten schon zahlreiche Fahrgäste in langen Schlangen.
S-Bahnen sind völlig überfüllt
Die S-Bahnen, die noch fahren, sind rappelvoll. Hier kann kaum einer mehr drin stehen, aber es gibt ja keine Alternative. Die Fernzüge und zahlreiche Regionalexpresse halten nicht in Essen. Alles, was dahin und weiter muss, fährt entweder S-Bahn oder muss in Oberhausen oder Gelsenkirchen umsteigen.
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Michael Broker hat derweil noch einen Platz in der S-Bahn gefunden. Die soll um 8.47 Uhr losfahren, um 9.05 Uhr die Durchsage: "Die Abfahrt verzögert sich noch." Und wenn sie fährt, müsse man sich streckenweise auf Schritttempo einstellen. Kinder schreien: "Es ist alles voll. Ich pass ja nicht mehr rein." Müttert trösten: "Rein mit dir. Das passt noch." Michael Broker ruft seine Frau in einem Dorf bei Darmstadt an: "Du, Schatz, Du glaubst es nicht. Man kommt hier nicht von Duisburg nach Bochum. Ich werde länger brauchen als gestern von Darmstadt hierher."
Bei der Einfahrt in Essen darf der Zug zur Schriftgeschwindigkeit fahren. Der Zugführer beruhigt: "Keine Angst, wir haben es gleich geschafft. " Die Fahrgäste lachen und klatschen.
Zahlreiche Ausfälle und lange Verspätungen
- Der Fernverkehr wird zur Entlastung der stark befahrenen Strecke zwischen Dortmund und Duisburg sowie in Gegenrichtung bis voraussichtlich Mittag über Gelsenkirchen und Oberhausen umgeleitet. ICE- und IC auf der Strecke fahren die Bahnhöfe in Bochum, Essen und Mülheim gar nicht an. Stattdessen halten die Züge am Gelsenkirchener Hauptbahnhof. Die Bahn bittet Reisende, auf den Regional- und S-Bahnverkehr auszuweichen. "Auf dem Regelweg verkehren ausschließlich Züge, die in Essen Hauptbahnhof beginnen und enden", teilt die Deutsche Bahn mit.
Aktuelle Fahrplan-Info der Bahn
- Im Regionalverkehr wird die Linie RE 11 zwischen Dortmund und Duisburg in beiden Richtungen über Gelsenkirchen und Oberhausen umgeleitet. Die Züge halten ersatzweise in Herne, Gelsenkirchen Hauptbahnhof, Essen-Altenessen und Oberhausen Hauptbahnhof. Alle anderen Regionalzüge verkehren laut Bahn auf dem Regelweg. Reisende sollten sich auf Verspätungen von etwa 10 bis 15 Minuten einstellen.
- Im S-Bahnverkehr fallen die Züge der Linie S 3 zwischen Oberhausen Hauptbahnhof und Essen Hauptbahnhof aus. Weiter entfällt bei der Linie S 9 die morgendliche Taktverstärkung zwischen Bottrop Hauptbahnhof und Essen Hauptbahnhof. Die Linie S 1 verkehrt auf dem Regelweg. Allerdings kann es im Bereich Essen Hauptbahnhof – Essen-West zu Verspätungen von etwa 10 bis 15 Minuten kommen.
Tausende Pendler bereits am Mittwochabend betroffen
"In Abstimmung mit den Behörden hat die Deutsche Bahn in Folge festgestellter Bergbauschäden eine Langsamfahrt eingerichtet", sagte ein Sprecher am Mittwoch um 20 Uhr. Die "technische Störung an der Strecke", die das Unternehmen im Hauptbahnhof durchsagen lässt, wurde am frühen Abend gemeldet. Zwischen dem Hauptbahnhof und Essen-West dürfen seither alle Züge nicht schneller als fünf Stundenkilometer fahren. Die Sicherheit der Passagiere, so der Sprecher, stehe an erster Stelle. "Darum müssen wir auch Verspätungen in Kauf nehmen."
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Am Morgen werden laut Bahn Experten den Schaden an der Strecke begutachten. Bis dahin bleibt der Hauptbahnhof Essen ein Nadelöhr, im morgendlichen Berufsverkehr droht ein Mega-Stau auf den Gleisen. Betroffen waren bereits am Mittwochabend tausende Pendler: S-Bahnen, Regionalzüge und Bahnen im Fernverkehr waren allesamt mit Verspätungen unterwegs. Mehrere ICE wurden von Dortmund aus umgeleitet, machten einen Bogen um Bochum und Essen.
Sogenannte Bergsenkungen sorgen im Ruhrgebiet immer wieder für Wirbel. Ursache sind oft vor vielen Jahrzehnten aufgegebene Stollen im Kohlebergbau. Geben sie nach, hat das mitunter gravierende Auswirkungen an der Erdoberfläche: In schlimmen Fällen können Straßen oder sogar Gebäude wegsacken.