Essen. Das Grundmisstrauen der Bürger gegenüber kommunalen Bauprojekten spielt den Gegnern des Messe-Teilneubaus in die Hände. Die Streiter für den Teilneubau werden dagegen mit platter Kampf-Rhetorik wohl nicht viel ausrichten können. Ein Kommentar.
Es war Zufall, dennoch passt die am Donnerstag vorgestellte Umfrage genau in die nun beginnende heiße Phase der Messe-Debatte: Laut Forsa-Institut sind 80 Prozent der über 23-Jährigen in NRW und 69 Prozent der Jüngeren erst mal automatisch misstrauisch, wenn sie hören, ein Unternehmen oder eine Kommune wolle ein Bauprojekt durchsetzen. „Wer etwas vorhat, interessiert sich nicht wirklich für das, was die Bürger wollen“, meint diese überwältigende Mehrheit. Andererseits geben 79 bzw. 77 Prozent der Bürger selbstkritisch zu, sie sähen sich gar nicht in der Lage kompetent zu beurteilen, ob eine Planung nun Sinn mache oder nicht.
Damit ist exakt das Spannungsfeld umrissen, in dem sich der „Wahlkampf“ bewegt, der am 19. Januar in einen Bürgerentscheid mündet. Klar wurde am Donnerstag: Sowohl Zahl als auch Funktion der Streiter für den Teilneubau der Messe ist eindrucksvoll. Da ist wirklich die Stadtgesellschaft in ihrer Breite vertreten. Das Grundmisstrauen der Bürger spielt aber dennoch denen in die Hände, die alles beim Alten lassen wollen oder bei strittigen Vorhaben eine deutlich kleinere, irgendwie sympathischer klingende Lösung anstreben. Dagegen anzuargumentieren wird nicht einfach und muss sehr sorgfältig geschehen. Mit auftrumpfenden Gesten, platter Kampf-Rhetorik und Image-Filmchen ist vermutlich nicht viel zu holen. Emotionen kann die andere Seite im Zweifel besser.
Messe-Chef Oliver P. Kurth spielt entscheidende Rolle
Gut aufbereitete Informationen, stimmige Zahlen, nachvollziehbare Zusammenhänge zum Verhältnis Messe und Stadt sowie Messe und lokaler Wirtschaft - da sollte es langgehen. Gegenrede wird es dann immer noch genug geben, aber über die ruhige Diskussion lässt sich womöglich am ehesten der Erfolg im Sinne der Messe herbeiführen.
Eine entscheidende Rolle dürfte der neue Messe-Chef Oliver P. Kurth spielen. Er kann ohne Vorbelastung in die Debatte eingreifen, was Vorteil und Bürde gleichzeitig ist. Kurth wird keine Einarbeitungszeit bekommen, er muss sofort voll da sein und argumentativ seinen Mann stehen. Selten hat es das gegeben, dass jemand eine Chefstelle antritt, und keine drei Wochen später findet ein Bürgervotum statt - eines, das die Existenz des Unternehmens berührt.