Essen. Der Rat der Stadt bekräftigte am Freitag mit großer Mehrheit den vorgesehenen Teilneubau der Messe und tritt dem Bürgerbegehren wie erwartet nicht bei. Damit ist ein Bürgerentscheid unvermeidlich. Am 19. Januar 2014 können alle wahlberechtigten Essen abstimmen.

In namentlicher Abstimmung hat der Rat der Stadt gestern mit deutlicher Mehrheit beschlossen, dem Bürgerbegehren nicht beizutreten, das sich gegen den Teilneubau der Messe Essen wendet. Damit kommt es nun am 19. Januar 2014 verpflichtend zu einem stadtweiten Bürgerentscheid. Die Fraktionen von SPD, CDU, FDP und Essener Bürgerbündnis (EBB) stimmten geschlossen für ein Beibehalten der Pläne, die 123 Millionen Euro kosten sollen und eine durchgreifende Modernisierung der Messe zum Ziel haben. Einhellig dagegen stimmten Linke und Grüne, die das Bürgerbegehren maßgeblich initiiert und durch die Sammlung von Unterschriften zum Erfolg geführt hatten.

Der Abstimmung vorausgegangen war eine teils nachdenkliche, teils persönlich verletzende Diskussion zum Für und Wider des Vorhabens, wobei inhaltlich im wesentlichen bekannte Argumente ausgetauscht wurden. CDU-Fraktionschef Thomas Kufen räumte ein, es gebe zwar „keine letzten Wahrheiten“, dennoch sei der Teilneubau der Messe nötig, weil nur so eine gute wirtschaftliche Zukunft möglich sei. „Natürlich ist das ein dicker Schluck aus der Pulle, aber wir haben sehr wohl abgewogen“, so Kufen, der auf die jahrelange intensive politische und baufachliche Diskussion verwies und dem Vorwurf entgegentrat, es sei unüberlegt entschieden worden. Er habe zudem von Grünen und Linken keine konkreten Alternativen gehört.

Ähnlich argumentierte SPD-Fraktionschef Rainer Marschan, der sich nach innerparteilicher Kritik an seiner Wortwahl gegenüber den Umbau-Gegnern („Laiengruppe“) entschuldigte. „Manche Formulierung war unglücklich“, räumte er ein. Er habe niemanden persönlich diffamieren wollen.

Viel neues Öl ins Feuer goss hingegen EBB-Chef Udo Bayer, der unter Protest anwesender Bürger auf der Tribüne erklärte, 16 000 Unterschriften seien gemessen an früheren Bürgerbegehren „gar nichts“. Den Initiatoren attestierte Bayer „manipulative Absichten“. Anders als behauptet, müssten wegen der Messe keineswegs andere Investitionsvorhaben in der Stadt - etwa in Schulen - zurückstehen.

Linken-Fraktionschef Hans-Peter Leymann-Kurtz sprach von einer „Großkotz-Variante“, die die Bürger nun Gelegenheit hätten zu Fall zu bringen. Nach wie vor vermisse er ein plausibles Konzept, wie die Messe künftig gewinnträchtig werden wolle. Grünen-Fraktionschefin Hiltrud Schmutzler-Jäger klagte, OB Reinhard Paß habe es versäumt, noch in letzter Minute einen Kompromiss mit den Umbau-Gegnern anzustreben. Paß wies dass zurück und erhielt Unterstützung von Kufen: „Das ist nicht die Aufgabe des OB.“ Er, Kufen, habe in seinen Gesprächen mit den Initiatoren des Begehrens im Übrigen keinerlei Ansatzpunkt für einen Kompromiss erkennen können.

Überschattet wurde die Messe-Debatte von einem formalen Streit. Der inoffizielle Sprecher der Initiatoren, Prof. Wilfried Breyvogel, war zu spät zur Ratssitzung gekommen, so dass das ihm eingeräumte Rederecht verfiel und von einem unvorbereiten Kollegen übernommen werden musste. Den Wunsch von Grünen und Linken, Breyvogel möge nachträglich reden dürfen, wies der Rat mit Mehrheit zurück, was zu Bitterkeit führte.