Essen-Rüttenscheid. Die Rüttenscheider SPD hat sich bislang zurückgehalten, geht nun aber für die Messe in die Offensive. Die Pläne überzeugten, sagt ihr Vorsitzender Ingo Lingenberg. Gleichzeitig beklagt Beisitzerin Christina von Jaminet „Bauchschmerzen, was das fehlende Parkraumkonzept angeht“.
Die SPD-Ratsfraktion steht klar zum Messe-Teilneubau, die Essener SPD insgesamt ist nach Aussage ihres Parteivorsitzenden Dieter Hilser schon deutlich skeptischer, und auch der Rüttenscheider SPD-Ortsverein hat sich bislang zurückgehalten. Das fiel schon deshalb auf, weil die Messe schließlich in Rüttenscheid liegt und weil kein Stadtteil stärker von ihr profitiert - allerdings an manchen Tagen auch kein Quartier mehr unter dem Messebetrieb leidet.
Die Rüttenscheider Sozialdemokraten gehen jetzt jedenfalls in die Offensive. Ihr Vorsitzender Ingo Lingenberg bekannte sich auf der Facebook-Seite „Pro Messe Essen“ klar zu dem 123-Millionen-Euro-Projekt. Auch die Beisitzer Christina von Jaminet und Tobias Peters teilen Lingenbergs Position. Ein Gespräch.
Warum stellt sich die Rüttenscheider SPD erst jetzt so offensiv hinter die Modernisierung?
Ingo Lingenberg: Wenn man sich nicht direkt für etwas positioniert, heißt es ja nicht, dass man dagegen ist. Die Messe ist immer Sache des Rates gewesen. Nachdem im Interview mit unserem Parteivorsitzenden Dieter Hilser kolportiert wurde, wir könnten uns hinter die Messe-Gegner stellen, sah ich mich zum Handeln gezwungen.
Sind Sie gegen den Bürgerentscheid am 19. Januar?
Tobias Peters: Nein. Ein Bürgerentscheid ist ein Instrument der Demokratie, in der man ja prinzipiell alles zur Abstimmung stellen kann. Wir sind allerdings definitiv für die vom Rat beschlossene Messe-Ertüchtigung. Das kann ich auch ganz persönlich nur unterstützen.
Inwiefern trifft es sie persönlich?
Peters: Als Spielwarenhändler hatte ich jahrelang bei der Spielemesse einen Stand in Halle 9. Das war die reine Katastrophe, vor allem logistisch. Wer als erstes in der Halle war, kam definitiv als letztes heraus. Der Comic-Salon ist am Ende freiwillig aus der oberen Etage wieder heraus gegangen, weil die Luft dort so schlecht war. Das alles muss sich ändern, um weiterhin bestehen zu können.
Misstöne bezüglich des geplanten, unterirdischen Kongresszentrums, befürchtete Mehrkosten: Alles kein Thema in der Rüttenscheider SPD?
Lingenberg: Über die Zeit des Bemängelns sind wir lange hinaus. Wir haben sachkündige Bürger wie unseren planungspolitischen Sprecher Peter Dinkelmann im Messe-Aufsichtsrat, der uns das gesamte Thema immer wieder erklärt und nahe gebracht hat. Wir sind schließlich nicht die Experten. Zeit, die Entwürfe zu kritisieren, war genug da. Wenn man eines Messe und Stadt nicht vorwerfen kann, dann ist es mangelnde Transparenz.
Peters: Die Frage ist doch, ob man den Experten, die die Pläne gemacht haben vertraut. Und wer wäre ich, mir anzumaßen, es besser zu können?
Wird sich die Rüttenscheider SPD auch direkt für die Ausbaupläne einsetzen?
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Lingenberg: Nachdem der Bürgerentscheid nun beschlossene Sache ist, auf jeden Fall. Sie glauben doch nicht, dass wir uns jetzt ins stille Kämmerlein zurückziehen?! Allerdings denke ich, dass wir die Aktionen bündeln sollten. Wie genau das aussehen wird, darüber wird noch zu reden sein. Der Kettwiger SPD-Vorsitzende Jöran Steinsieck, der ja auch die „Pro Messe“-Initiative auf Facebook initiiert hat, plant einige konzentrierte Aktionen. Beim letzten Bürgerentscheid zum Thema Straßenumbenennung haben wir ja auch erst mit dem Wahlkampf begonnen, nachdem die nötigen Unterschriften beisammen waren.
Welche Bedeutung hat die Messe unmittelbar für den Stadtteil?
Lingenberg: Sie schafft Arbeitsplätze, etwa für Gastronomie-, Hotel- und Taxi-Gewerbe. Das ist ein Fakt an dem es nicht zu rütteln gibt.
Peters: Nicht zuletzt habe ich Top-Messen direkt vor der Haustür. Das ist nicht nur eine gute Werbung für die Stadt insgesamt, sondern auch für den Stadtteil.
Christina von Jaminet: Ja, die Messe ist gut für Rüttenscheid. Ich habe allerdings auch Bauchschmerzen, weil mir bei allen Plänen ein schlüssiges Parkraum-Konzept für den Stadtteil fehlt. Und der Parkdruck wird in Zukunft nicht abnehmen.
Muss man die Themen Parken und Messe als Einheit verstehen?
Von Jaminet: Ich wohne in der Herthastraße und werde von vielen Nachbarn auf das Park-Chaos angesprochen. Bei publikumsstarken Messen ist teils kein Durchkommen mehr in den engen Nebenstraßen. Es wird nicht leicht, diesen Anliegern die Sanierung schmackhaft zu machen, wenn es kein schlüssiges Park-Konzept gibt.
Lingenberg: Ich denke, wir müssen beide Themen differenziert betrachten. Wir werden bald einen Prüfantrag in der Bezirksvertretung stellen, wie der Verkehr künftig entlastet werden kann.