Essen. Schauspiel-Intendant Christian Tombeil brennt vor Begeisterung für das Theater. Er kann aber auch ganz entspannt die Terrasse seines Bergmannshauses genießen. Ein Gespräch über Hilfsbereitschaft, Verantwortung und private Freiheit.
Es gibt Schöneres als die Front von Christian Tombeils Haus in Altenessen. Doch die Fassade ist ihm einerlei. Er muss nicht im Essener Süden wohnen. Er muss kein dickes Auto fahren. Und hofiert werden schon gar nicht. Im Fall seines Bergmannshauses weiß er ja, was dahintersteckt: liebevoll renovierte Räume mit zeitgenössischer Kunst an den Wänden, eine lichtdurchflutete, überdachte Terrasse, die an den Kaiser-Wilhelm-Park grenzt, und somit endlose Ruhe. Auch die Nachbarschaft ist nach seinem Geschmack. „Der Begriff Kumpel hat hier noch einen Stellenwert. Diese Offenheit und Hilfsbereitschaft schätze ich sehr. Wir haben uns super eingelebt“, schwärmt Christian Tombeil.
Wir, das sind seine Ehefrau Andrea, deren elfjähriger Sohn Bastian und die bildhübschen Rhodesian Ridgebacks Luna Lina und Jamie. Morgens, wenn die anderen bereits unterwegs sind, spaziert er mit den Hunden über die Schurenbachhalde. Dann fährt er ins Schauspiel, das er in den letzten drei Jahren als Intendant künstlerisch, aber auch mit viel Netzwerk- und Sponsorenarbeit auf einen guten Weg mit hoher Akzeptanz (82 Prozent Auslastung) gebracht hat. „Mein Wunschtraum ist, dass es Bestand hat“, so der 48-Jährige.
Verwurzelt in der Welt der Bühne
Manche hatten ihm das nicht zugetraut. Dabei ist er tief verwurzelt in der Welt der Bühne: Mit zwei Geschwistern in Stuttgart aufgewachsen lag durch den Vater, der am dortigen Staatstheater Bühnentechniker und Personalrat war, die Verbindung zur Kunst nahe. Christian Tombeil absolvierte eine Ausbildung zum Bühnentänzer, für die er jedoch keine große Zukunft sah: „Ich hatte mit 12 viel zu spät angefangen.“ Statt ein Engagement anzunehmen, machte er Abitur, leistete Zivildienst bei Schwerstbehinderten, was sein soziales Gewissen spürbar prägte.
Auch interessant
Tombeil begann Germanistik und Kunstgeschichte zu studieren, arbeitete am Theater in der Beleuchtung und rutschte über diverse Assistenzen in die Opernregie. Nach seiner Zeit als Oberspielleiter am Aalto, einer noch längeren als Künstlerischer Betriebsdirektor am Theater Krefeld/Mönchengladbach kam er 2010 zurück nach Essen, wo er selbst Zweifler mit seiner Kompetenz überzeugt hat.
Neben der gewachsenen Verantwortung, die er gerne trägt, „bleibt noch genügend private Freiheit“. Wenn er nicht, wie in dieser Saison, inszeniert oder Termine anstehen, unternimmt er abends und am Wochenende etwas mit der Familie. „Wir fahren oft Fahrrad. Es gibt so viel zu entdecken. Letztens waren wir in Haltern am See“, erzählt er und dass sie Holunder aus dem angrenzenden Park zu Sirup verarbeitet haben. Schmeckt als Schorle übrigens köstlich.
Ideen für die Freizeit
Wie für das Theater gehen ihm die Ideen für die Freizeit nicht aus: Er fährt mit seinem Käfer-Cabrio (Baujahr 1979) Oldtimer-Rallyes. Er reist mit dem Wohnmobil nach Kroatien oder fliegt auf die Philippinen. Er taucht seit 20 Jahren, hat sogar einen Tauchlehrerschein gemacht, zu dem eine notfallmedizinische Ausbildung gehört. „Bei mir hat es sich gelohnt“, meint Christian Tombeil. „Ich konnte einem Freund nach einem Herzinfarkt das Leben retten.“ Als der etwas später den Jakobsweg beenden wollte, kam er als Betreuer mit und wurde beschenkt: „Es war ein einschneidendes Erlebnis, weil man da eine gewisse Gelassenheit entwickeln kann“, sagt er. Für einen Intendanten auch kein schlechter Weggefährte.