Essen. „Ich mag es, wenn es leer ist“, sagt er über seine Wohnung in Rüttenscheid. Schlicht sei sie eingerichtet, aber nicht ungemütlich. Die sanfte Beleuchtung ist ihm wichtig, der Diwan zum Faulenzen, der Garten, den er zu später Stunde noch genießt. Inseln in einem randvollen Leben, das sein Zentrum in Essen gefunden hat. Mit dem heutigen Saisonauftakt tritt Hein Mulders seine Doppel-Intendanz von Aalto-Theater und Philharmonie an.

„Ich mag es, wenn es leer ist“, sagt er über seine Wohnung in Rüttenscheid. Schlicht sei sie eingerichtet, aber nicht ungemütlich. Die sanfte Beleuchtung ist ihm wichtig, der Diwan zum Faulenzen, der Garten, den er zu später Stunde noch genießt. Inseln in einem randvollen Leben, das sein Zentrum in Essen gefunden hat. Mit dem heutigen Saisonauftakt tritt Hein Mulders seine Doppel-Intendanz von Aalto-Theater und Philharmonie an.

Die letzten zwei Jahre waren anstrengend. Parallel in Amsterdam als künstlerischer Leiter an der Niederländischen Oper und vorbereitend in Essen zu arbeiten, ging nicht spurlos an dem 50-Jährigen vorüber. Seine Energie blieb ungebrochen. Wohl wissend, was auf ihn zukommt, ist er bereits vor einem Jahr umgezogen, hat seine Wohnung an einer idyllischen Gracht verkauft und ein Stück Leben hinter sich gelassen.

Ausrangieren vor dem Umzug

„Ich habe einen Container voll mit Programmheften weggeworfen“, erzählt er von dem emotionalen Moment. „Das war, was ich in 25 Jahren aufgebaut habe. Trotzdem hat sich mein Leben nicht deutlich verändert“, stellt er mit einem Pragmatismus fest, den ihm wohl sein verstorbener Vater vererbt hat.

In Bussum, einem kleinen Ort vor den Toren Amsterdams, wuchs Hein Mulders auf. Ohne großen kulturellen Hintergrund, aber mit einer Wertschätzung für Höflichkeit und Tradition. Er war das jüngste von vier Kindern und das einzige, das einen Drang zur Musik verspürte. Lange bettelte er seine Eltern um ein Klavier an. „Ich weiß nicht, warum mein Herz für die Musik schlägt. Es kam aus mir selbst heraus“, meint Hein Mulders, der seinen Willen schon damals durchsetzte. Mit zehn fing er an zu spielen, viel Bach. An eine Karriere dachte er dabei nicht. Mit 17 landete er bei der Kunstgeschichte. Der Sprachbegabte begann das Studium in Paris, absolvierte es in Amsterdam neben den Fächern Archäologie, Italienisch und Musikwissenschaften.

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Wegmarken seines Werdegangs zeigen sich seit Anfang der 1980er Jahre. Er war und ist fasziniert von dem Frührenaissance-Maler Piero della Francesca. In seiner Wohnung hängt heute ein Plakat des Künstlers. Mehr als einmal sah er Joseph Loseys „Don Giovanni“. „Darf man das sagen, dass ein Film mich für die Oper begeisterte“, fragt Mulders, den die Ästhetik des Werkes nachhaltig beeindruckte. „Es schadet nicht, wenn es schön aussieht“, lautet später seine Devise für das Musiktheater. Nicht zuletzt erprobte er sich beim Klavierstudium in Utrecht und brach es ab: „Ich wusste, ich war Durchschnitt.“

Sein wahres Talent lag woanders. Doch fand alles, was er an Kenntnissen erwarb, seinen Platz zwischen dem Gespür für Stimmen, künstlerischer Gestaltung und Führungskompetenz. Von einer Künstleragentur, die ihn 1989 einstellte, bis hin zur Position als zweiter Mann der Niederländischen Oper habe sich seine Karriere „organisch“ entwickelt und „ohne jede Absicht, Boss zu werden“. Geworden ist er es dennoch. Mit hundert Prozent Leidenschaft und Auslastung. Die Freiräume für Freunde und Familie schafft er sich. Er mag es, mit ihnen essen zu gehen, trifft sie auf Festivals und Premieren. Und eine Liebe gibt es auch - seit mehr als acht Jahren in Brüssel. Die wird jetzt etwas mehr in Essen stattfinden.

Seine Wohnung ist ein selten genutzter Ruhepol. Er entspannt sich bei Kammermusik oder sieht fern. Vor den Ferien, die er, wie oft, in Italien verbrachte, war seine 86-jährige Mutter zu Besuch, hat sich das Zuhause und die neuen Wirkungsstätten des Sohnes angeschaut. „Sie ist stolz und kann es kaum glauben“, sagt er. „Manchmal kann ich es ja selbst kaum glauben.“