Essen. Produktion, Labor, Lager: WAZ-Leser erlebten zur Aktion „WAZ öffnet Pforten“ den Evonik-Standort Goldschmidtstraße. Vor allem die Älteren staunten über den Wandel des Betriebes.

Karl Bonners Familiengeschichte ist auch ein ganzes Stück Goldschmidt-Geschichte. Sein Vater arbeitete bei der „Chemischen“, wie die Eltern die heutigen Evonik-Fabriken an der Goldschmidtstraße nannten, sein Onkel war dort beschäftigt, er hatte Arbeit, sein Cousin und auch sein Bruder. Auf rund 140 Jahre Betriebszugehörigkeit brachte es die Essener Familie.

Fünfstündige Führung

1995 ging Karl Bonner in den Ruhestand. Viel Zeit, die seither vergangen ist und die den heute 78-Jährigen neugierig machte: Was ist aus Goldschmidt geworden? Das war auch der Grund, warum er sich für die Evonik-Führung „WAZ öffnet Pforten“ beworben hatte. Vor allem wollte er die Produktion sehen, die er zum 150. Firmenjubiläum 1997 nicht besichtigen konnte.

Evonik an der Goldschmidtstraße
Evonik an der Goldschmidtstraße

Am Ende der fast fünfstündigen Führung durch Produktion, Kosmetiklabor und Lager stand bei Karl Bonner wie bei den anderen Teilnehmern die Erkenntnis: „Interessant, was Evonik heutzutage alles herstellt. Früher gab es hier noch ganz andere Produkte.“ Bonners alte Arbeitsstätte, die Elektrothermit, gehört beispielsweise längst nicht mehr zur Evonik, sie wurde 1999 verkauft. Der Konzern konzentriert sich an der Goldschmidtstraße auf die Spezialchemie und hat zudem vor wenigen Tagen auch mit der Namens-Tradition gebrochen. Aus der Evonik Goldschmidt GmbH wurde die Evonik Degussa.

In vielem steckt Evonik drin

Den Führungs-Teilnehmern wurde schnell klar: Zwar hat Evonik kein Endprodukt, aber in vielen Alltagsdingen steckt Evonik aus Essen drin. So produzieren die sechs Betriebe an der Goldschmidtstraße zum einen Silikone und Silikon-Additive, die beispielsweise in Lacken, Schaumstoffmatratzen oder in Autoarmaturen zu finden sind. Zum anderen fertigt Evonik Zusatzstoffe für die Kosmetikindustrie. Fast alle namhaften Hersteller verwenden diese.

Eine Frage, die Evonik-Sprecher Hans Kreul, der die Führung leitete, immer wieder beantworten musste, war die nach der Sicherheit. Der Produktionsstandort liegt in Reichweite zur Innenstadt, und auf dem Gelände wird der hochgiftige und explosive Stoff Ethylenoxid verarbeitet, der in Waggons nach Essen geschafft und hier über Pipelines in unterirdische Tanks geleitet wird. Eine Pipeline verläuft auch direkt unter der Brücke der Burggrafenstraße. Kreul: Die Pipeline ist mit Stahlplatten gesichert und wird mit Sensoren überwacht. Im Störfall werde die Zufuhr sofort unterbrochen, so Kreul.

Hugo Keip dagegen war besonders am Besuch des neuen Kosmetiklabors interessiert. „Ein schönes Gefühl, mal wieder in ein Labor zu gehen“, sagte der 77-Jährige, der lange Jahre im Labor beim Ruhrverband arbeitete und bei Krupp gelernt hatte. An seine Ausbildung in der 50er Jahren erinnert ihn besonders: „Ich war mit Goldschmidt-Lehrlingen in der Berufsschule. Die hatten eine tolle Ausbildung, waren immer die Besten.“