Essen. . Busfahrer Willi Heisel fuhr seine Fahrgäste rund 32 Jahre durch die ganze Stadt. Nun trat der gelernte Kaufmann zu seiner letzten Fahrt an und blickte dabei auf die Höhen und Tiefen der vergangen Jahre zurück.

32 Jahre lang lenkte Willi Heisel sämtliche Linien durch die Stadt. Nach der letzten Fahrt lobt er seine Gäste. Nur einmal hieß die Endhaltestelle Polizeiwache.

Schichtwechsel am Borbecker Bahnhof: Willi Heisel übergibt die Linie 170 an den Kollegen. „Die Umleitung in Kray ist weg“, sagt er noch, dann war’s das für den Busfahrer. Es war seine letzte Fahrt nach 32 Jahren. „Tschüss Willi, man sieht sich“, ruft ein Busfahrer hinter ihm. Der Straßenbahnfahrer klingelt. Wie es Willi Heisel dabei geht: „Es fühlt sich super an“, sagt der Frohnhauser erleichtert, der natürlich ein kleines bisschen Wehmut spürt, schließlich war er „mit Leib und Seele Busfahrer“. Jetzt aber, hat er endlich Zeit für den Schrebergarten, er will lesen, Vogelhäuschen bauen, mit seiner Frau verreisen und sich um seine Wecker-Sammlung kümmern.

Wenn der Wecker verstummt

Den Wecker auf seinem Nachttisch hat der 59-Jährige jetzt abgeschafft. Der klingelte in den vergangenen Jahren morgens zwischen vier und sechs Uhr. Dann fuhr Willi Heisel vier Stunden, hatte eben so lange Pause und saß anschließend wieder vier Stunden hinter dem Lenkrad der Linien 160, 155, 161 oder auch 145.

Die ersten zehn Jahre war er auch samstags, sonntags und feiertags unterwegs. Wenn ihn heute einer fragt, ob er den Beruf empfehlen kann, weist er auch auf die Schichtarbeit hin: „Meine erste Ehe ging in die Brüche“, sagt Willi Heisel, der zweifacher Vater und Opa ist. Seine jetzige Frau Angelika Heisel ist heilfroh, dass sie endlich nicht mehr ständig auf die Uhr werden schauen müssen. Es gab genügend Tage, an denen sie schlafen gingen, als draußen noch die Sonne schien, erzählt sie: „Da geht so viel kostbare Zeit verloren.“

"Die Essener sind wirklich in Ordnung"

Ihr Mann saß dann am Morgen darauf um fünf Uhr im Bus. Dabei hat er mit 14 zunächst eine Lehre als Kaufmann gemacht, war vier Jahre bei der Bundeswehr, fuhr Spirituosen und Süßigkeiten mit dem Lkw aus, bevor er in den Bus umstieg. Ein Lob geht an seine Fahrgäste: „Die Essener sind wirklich in Ordnung.“ Fast immer. Auch wenn im Laufe der Zeit der Ton mitunter rauer geworden sei. Dabei galt für ihn: „Schlechte Laune nicht am Kunden auszulassen. Einen Gruß zu erwidern und vernünftig Auskunft zu geben“, sagt Heisel. Das fiel ihm nicht schwer: „Ich bin ein fröhlicher Mensch.“ In diesem Sinne hat er sich auch mäßigend in die Debatte eingemischt, die in der WAZ um die Frage tobte, wie freundlich die Evag-Fahrer sind.

Natürlich habe auch er randalierende Jugendliche erlebt, musste er mit Verwarnung oder Polizei drohen. Aber nur einmal sei es heikel geworden, als Fahrgäste ein Pärchen belästigten. Willi Heisel informierte seinen Arbeitgeber, schaltete die Warnblinkanlage an und fuhr durch bis zur nächsten Polizeiwache, erzählt er. Absolute Ausnahme, sagt der Busfahrer, für den das Schönste an seinem Job die Dienstleistung für die Menschen gewesen ist. Wie beim Verkäufer, vergleicht er: „Nur habe ich eben Fahrgäste durch die Gegend gefahren.“

Großes Herz für kleine Fahrgäste

An seinem letzten Arbeitstag schenkte Busfahrer Willi Heisel den Kindern die Fahrt und zahlte sie aus eigener Tasche: „Ich wollte meine Freude an die Kleinen weitergeben“, sagt er. So fuhr er bereits um 7.14 Uhr mit einem Bus voller Schüler vom Karlsplatz Richtung Gustav-Heinemann-Gesamtschule, als eine Zehnjährige einige Haltestellen später einsteig und ein Ticket kaufen wollte: „Kauf’ Dir Gummibärchen davon“, sagte der Fahrer, und die Schülerin setzte sich zu ihren Freundinnen. „Sie freute sich ein Knubbel an die Backe, als ob sie Gott weiß was bekommen hätte. Dabei waren es bloß 1,50 Euro“, sagt Willi Heisel, der immer ein großes Herz für seine kleinen Fahrgäste hatte.

Er erinnert sich noch gut daran, als er fast genau vor zehn Jahren mit der Linie 185 in Frintrop losfuhr, als wenige Meter weiter ein kleiner Junge weinend und winkend auf einer Verkehrsinsel stand. Willi Heisel schaltet die Warnblinkanlage an und stoppte mitten auf der Kreuzung. Der Junge stieg ein, war kaum zu beruhigen, weil er den Bus beinahe verpasst hatte und doch nach Hause musste, erzählte er dem Busfahrer. Der ist bis heute gerührt: „Solche Erlebnisse vergisst man einfach nicht.“