Florian Ebner hat schon während seines Studiums am Museum Folkwang gejobbt. Jetzt übernimmt er als Nachfolger von Ute Eskildsen die Leitung der Fotografischen Sammlung.

Es gibt Arbeitsstellen, die haben ein solches Renommee, dass man nach seiner Berufung eher Ausrufe des Bedauerns statt Glückwünsche erntet. Dass er es schwer haben wird, die Nachfolge von Ute Eskildsen als Leiter der Fotografischen Sammlung im Museum Folkwang anzutreten, wird Florian Ebner in den vergangenen Wochen oft genug gehört haben. Dabei wird der 40-Jährige auf besondere Empfehlung von Ute Eskildsen vom Museum für Photographie Braunschweig ans Museum Folkwang wechseln. Schließlich kennt die renommierte Fotoexpertin Ebner schon seit fast 20 Jahren. Damals war der gebürtige Regensburger noch Student und kam 1993 als Praktikant ans Museum Folkwang.

60.000 Bilder

Essen ist ihm also nicht fremd, Folkwang seit Jahrzehnten ein Begriff und der Stellenwert der Fotografischen Sammlung wohl bewusst. Am 15. November wird er die Leitung dieser von Otto Steinert begründeten und von Ute Eskildsen über 30 Jahre lang zu einer der erlesensten und international bedeutendsten Adressen internationaler Fotografie ausgebauten Institution übernehmen. 60.000 Bilder umfasst die Sammlung heute, viele Ausstellungen, die Eskildsen gezeigt hat, haben selber Fotogeschichte geschrieben. Dass das Museum Folkwang viele Jahre lang das einzige deutsche Museum war, das Fotografie ausgestellt hat, mag für manchen heute kaum mehr vorstellbar sein. Vorreiter Folkwang.

Ein glücklicher Mensch also muss das sein, der dieses Erbe, diesen fotohistorischen Schatz in all seiner thematischen Breite, Genre-Vielfalt, in seiner unglaublichen Qualität, aber auch mit seinem hohen Anspruch übernehmen kann. Zumal unter seinem künftigen Folkwang-Direktor Tobia Bezzola, der „selber in der Dunkelkammer groß geworden ist“, wie der Schweizer bei seiner Vorstellung bereits verraten hatte.

Experimentelle und modernistische Fotografie

Die Fotografie wird im Folkwang weiterhin einen besonderen Stellenwert haben. Und Ebner hat viele Pläne, wie er dieses Medium, „das im Moment ja vor Selbstbewusstsein strotzt“, in Szene setzen kann. Die experimentelle Fotografie im Zeichen des Digitalen interessiert ihn ebenso wie die modernistische Fotografie der 20er Jahre. Und dann sind da noch die Fotografen der 50er, 60er, 70er Jahre, deren konzeptionelle Bedeutung neu zu würdigen ist.

Das Rüstzeug bringt er dafür mit, denn Ebner kennt als ausgebildeter Fotograf und als studierter Fotohistoriker sowohl die praktische als auch die theoretische Seite. Diese „doppelte Ausbildung“ sei heute nur noch selten zu finden, lobt Eskildsen, die Ebner schon 2002 eine erste Ausstellung im Folkwang gegeben hat. „Die Verwandlung durch Licht von Helmar Lerski“ knüpfte damals an die Magisterarbeit an, die Ebner in Bochum über den „Grenzüberschreiter“ Lerski geschrieben hat.

Bilder aus Kairo

Dass er „Fotografie als Kommunikationsmittel begreift und nicht nur als künstlerische Intention“, hat sie außerdem überzeugt. Man habe ein ähnliches Verständnis von Fotografie, versichert Eskildsen, die sich Anfang Oktober vom Haus und von ihrer derzeitigen Funktion als Interimsdirektorin verabschieden wird. Und so werden viele Fragen, die Eskildsen beschäftigt haben, auch die von Ebner sein. Wie geht man mit den neuen digitalen Bilderwelten um, wie sammelt man sie? Und wie bringt man die Vermittlungsarbeit voran?

Auf die erste Ausstellung wird er noch warten müssen. Das Programm für 2013 steht. Eine Arbeitsprobe kann Ebner aber abgeben. Die Schau über den Bürgerbildjournalisten in Zeiten der Arabellion bringt er aus Braunschweig mit.