Essen. . Die Stadt Essen plant den Führerscheinentzug für Gewalttäter – nach dem Vorbild anderer Kommunen kommt das Thema nach der Sommerpause auf die politische Agenda. Die Polizei hatte die Stadt bereits in dieser Sache kontaktiert, doch die zeigte sich zunächst wenig begeistert. Offenbar hat sich das nun geändert.

Wer seine Ehefrau schlägt, Seniorinnen rücksichtslos die Handtasche raubt, Gleichaltrige abzieht oder ähnliche Delikte auf dem Kerbholz hat, soll merklich ausgebremst werden: Aggressiven Gewalttätern könnte künftig auch in Essen der Entzug des Führerscheins als zusätzliche Strafe drohen. Nach NRZ-Informationen soll das Thema nach dem Vorbild anderer Kommunen nach der Sommerpause auf der politischen Agenda landen.

Im Sinne der Gefahrenabwehr steht hinter dem härteren Vorgehen die Überzeugung der Behörden: Zeitgenossen, die zu Wutausbrüchen und Handgreiflichkeiten neigen oder rücksichtslos die eigenen Interessen auf Kosten ihrer Mitmenschen bedienen, werden sich im Straßenverkehr nicht entscheidend anders verhalten.

Polizei und Stadtarbeiten zusammen

Wie Polizeisprecher Ulrich Faßbender gestern auf Nachfrage bestätigte, ist die Polizeipräsidentin bereits auf die Stadt zugegangen, um die Möglichkeiten einer Zusammenarbeit auszuloten, die für diese rigorose Marschrichtung notwendig ist: Die Polizei meldet die Täter, die außerhalb des Straßenverkehrs gewalttätig geworden sind, der Stadt, und die prüft dann die Fälle, um nach einem medizinisch-psychologischen Gutachten über ein Fahrverbot oder den Führerscheinentzug zu entscheiden.

Während die Stadt Mülheim den Vorschlag der Polizei aufgriff, habe die Stadt Essen zunächst ein eher geringes Interesse gezeigt, so Faßbender. Das scheint sich inzwischen geändert zu haben, nachdem Mülheim nach nur wenigen Wochen bereits beispielsweise die Anträge von zehn jungen Leuten auf Erteilung des Führerscheins abgelehnt hat: aufgrund ihrer Polizei-Akte.

Das Projekt, so sind sich die Beteiligten einig, schaffe keine neue Rechtslage, schließe aber eine Kenntnislücke zwischen der Polizei und der Kommune, die für die Fahrerlaubnisse zuständig ist.

Stadt Münster hat bereits Erfahrung 

Einschlägige Erfahrung mit dem Führerscheinentzug für Gewalttäter hat die Stadt Münster im Rahmen eines Pilotprojekts bereits seit zwei Jahren machen können. Wie Martin Vehlow, Leiter der dortigen Zulassungs- und Führerscheinstelle auf Nachfrage berichtete, seien seit September 2010 exakt 157 Mitteilungen von der Polizei eingegangen. Nach eingehender Prüfung habe die Stadt dann 109 Verfahren gegen die Betreffenden eingeleitet.

24 Kriminelle seien danach von der Straße verbannt worden, bei den übrigen sei noch keine Entscheidung gefallen. Bei den Tätern zeige sich inzwischen ein gewisses Profil: Sie sind ausschließlich männlich, zwischen 20 und 40 Jahre alt, seien häufig in Schlägereien, meist in der Discoszene, verwickelt gewesen, standen unter Alkohol- oder Drogeneinwirkung oder verbrachten ihre Freizeit mit regelmäßigem Handy-Klau. Das Vorgehen sei inzwischen verwaltungsgerichtlich bestätigt worden. Der Entzug der Fahrerlaubnis gelte solange, bis der Betroffene seine Eignung mit einem positiven Gutachten nachweisen könne.

Im Kern geht’s um die Gefahrenabwehr

In der Praxis sei das Vorgehen ein sehr arbeitsintensives, sagt Vehlow. Eine Vollzeitkraft kümmere sich in Münster ausschließlich um die Recherche der Fälle und fordere nach einer Mitteilung der Polizei auch die entsprechenden Akten bei der Staatsanwaltschaft an.

Mögliche Bedenken, dass sich ein solcher Aufwand in Zeiten immer kürzerer Personaldecken bei Polizei und Kommunen nicht rechtfertigen lässt, will Vehlow auf keinen Fall gelten lassen. Auch wenn die Betroffenen den Entzug ihres Führerscheins als zusätzliche Bestrafung empfinden – im Kern ginge es um die Gefahrenabwehr: „Da draußen fahren welche rum, die das wirklich nicht mehr dürften.“