Mülheim. .
Wer als aggressiver Gewalttäter aufgefallen ist, riskiert in Mülheim künftig seinen Führerschein – auch, wenn die Person bisher im Straßenverkehr nicht auffällig war und das Punktekonto in Flensburg noch nach oben Luft hat. Die Stadt bezieht sich auf die Fahrerlaubnisverordnung, die u. a. verlangt, dass Führescheinbesitzer oder Antragsteller nicht erheblich gegen Strafgesetze verstoßen haben dürfen. Theoretisch ist es also möglich, dass ein Täter, der mehrfach durch häusliche Gewalt aufgefallen ist, von der Straßenverkehrsbehörde zur Teilnahme an einer Medizinisch-Psychologische Untersuchung (MPU) verpflichtet wird. Polizei und Stadt ziehen an einem Strang.
Seit einigen Wochen läuft das Projekt: Der Antrag von zehn jungen Leuten auf Erteilung des Führerscheins ist vom Bürgeramt bereits abgelehnt worden. Aufgrund ihres Vorlebens. „Autofahren ist auch Charaktersache. Soziale Verhaltensdefizite zeigen sich in allen Lebensbereichen, nicht nur im Straßenverkehr“, betont Reinhard Kleibrink.
Hoffnung auf präventive Wirkung
Der Leiter des Bürgeramtes beschreibt exemplarisch den Fall eines 19-jährigen Antragstellers, der innerhalb von drei Jahren mehrfach durch Delikte wie Körperverletzung, schweren Diebstahl, Überfall oder Sachbeschädigung aufgefallen ist. Nicht jeder, dessen Antrag abgelehnt wird, dürfte das Geld für die mehrere hundert Euro teure MPU-Prüfung haben, die man ja auch mit einer guten Prognose verlassen muss, um erneut einen Antrag stellen zu können. Auf eine präventive Wirkung hofft Kleibrink und auch Polizeipräsidentin Stephania Fischer-Weinsziehr, die betont, dass es sich um keine neue Rechtslage handele: „die war immer gegeben“. Das Gesetz habe die „Ungeeignetheit“ nicht auf den Straßenverkehr beschränkt.
Die Straßenverkehrsbehörde muss aber Kenntnis davon haben. „Diese Lücke wollen wir schließen.“ Grundlagen dafür finden sich nicht nur in der Fahrerlaubnis-Verordnung, auf die sich die Stadt bezieht, sondern auch im Straßenverkehrsgesetz, das der Polizei vorgibt, Informationen über „. . .Mängel hinsichtlich der Befähigung einer Person zum Führen von Kraftfahrzeugen . . . den Fahrerlaubnisbehörden zu übermitteln. . .“ Städte wie Münster praktizieren dies bereits, und auch Polizisten in Mülheim und Essen werden das auf dem kurzen Dienstweg mittels spezieller Vordrucke tun.
Klagen gegen Führerscheinentzug häufig zwecklos
Oberbürgermeisterin Dagmar Mühlenfeld fühlt sich angesichts der Brandstiftung an der Karl-Ziegler-Schule auf diesem Weg bestätigt: „Ich halte es für wichtig und notwendig.“ Wie mit öffentlichem Eigentum umgegangen werde, sei besorgniserregend. Dass der intensivierte Austausch zwischen Polizei und Stadt häufig Jüngere treffen wird, sehen Stadt und Polizei als erzieherischen Aspekt: Der Führerschein gilt vielen jungen Leuten als Statussymbol, wer ihn nicht bekommt, ändert im positiven Fall sein Verhalten.
Aber auch älteren Führerscheininhabern, die als gewalttätig auffallen, droht der Entzug. „Berufliche und private Nachteile spielen bei uns keine Rolle“, betont Kleibrink, dessen Amt pro Jahr rund 200 Führerscheine entzieht. Auch wenn die meisten dagegen klagten: „Wir haben noch kein Verfahren verloren.“