Essen. .
Es könnte bereits das Wochenende der Entscheidung sein: Die Bürgerinitiative „ProVon“ und ihre Unterstützer aus der Kommunalpolitik wollen am heutigen Samstag in den vier Stadtteilen des Stadtbezirks II besonders intensiv Unterschriften für das Bürgerbegehren sammeln, das die Umbenennung der Von-Seeckt-Straße und der Von-Einem-Straße verhindern will. Während die Bürger schon seit Wochen mit viel Erfolg am Rüttenscheider Markt für ihr Anliegen werben, will die CDU heute am Rüttenscheider Stern einen Stand aufbauen. Ausgehebelt werden soll ein Beschluss der Bezirksvertretung II, die mit der Mehrheit von SPD, Grünen und Linken aus politischen Gründen die neuen Namen Ortrud- und Irmgardstraße durchsetzen wollte.
So wie es aussieht, wird das zunächst nicht gelingen. Die Bürgerintiative hat bereits einen Großteil der knapp 2800 benötigten Unterschriften von Bürgern zusammen, die ihren Wohnsitz in Rüttenscheid, Rellinghausen, Stadtwald und Bergerhausen haben. Bis 31. August ist noch Zeit. Und von politischer Seite gibt es weitere Unterstützung. Nach CDU, FDP und Essener Bürgerbündnis (EBB) hat sich gestern auch die Essener „Piratenpartei“ an die Seite der Bürgerinitiative gestellt. „Die Bezirksvertretung II hat hier eindeutig am Bürger vorbei entschieden und es versäumt die Interessen der Anwohner rechtzeitig miteinzubeziehen“, heißt es in einer Mitteilung der Piraten.
"Wir gehen von einem Erfolg des Bürgerbegehrens aus"
Nach Auffassung der Piraten sollte die Politik speziell in den Bezirken „sensibel agieren“ und die Bürger aktiv in ihre Entscheidungen integrieren. „Eine zuvor geführter Dialog hätte die Stimmungslage verdeutlicht und das nun notwendige bürokratische Verfahren mit Bürgerbegehren und Bürgerentscheid vermieden. „Wir gehen von einem Erfolg des Bürgerbegehrens aus und hoffen inständig, dass die zuständige Bezirksvertretung ihre Entscheidung ohne einen folgenden Bürgerentscheid zurücknimmt.“ Dafür gibt es indes bisher keine Anzeichen, Aussagen von Stadtteilpolitikern der Grünen lassen eher darauf schließen, dass man es auf einen Bürgerentscheid ankommen lassen will. Der Aufwand würde einer regelrechten Wahl in den vier Stadtteilen ähneln.
Der Rüttenscheider Pirat Kai Hemsteeg feuerte eine Breitseite auf die Bezirksvertretung ab. Diese solle „die Interessen der Bürger vor Ort vertreten und nicht ihre eigenen“. Zuhören statt „Agendasetting“ müsse die Leitlinie der Stadtteilpolitiker sein. Und: „Wenn es nur um Selbstbeschäftigung geht, dann kann man die Institutionen auch gleich einsparen.“
Ganz anders sieht das Kai Gehring, der Essener Bundestagsabgeordnete der Grünen, der sich gestern erstmals in die Debatte einbrachte. „Essen ist eine weltoffene Stadt und Rüttenscheid ein moderner, vielfältiger und kreativer Bezirk.“ Deshalb bleibe es richtig und sei überfällig die „rückwärtsgewandten Generäle von Seeckt und von Einem von unseren Straßenschildern zu verbannen“.
"Aus dem Straßenregister getilgt"
An einem Wochenende, da der „Christopher-Street-Day“ ein Zeichen für Respekt und Vielfalt in Essen setze, stoße das Engagement der Bürgerinitiative besonders übel auf. „Straßennamen zur Ehrung von Generälen, die nicht nur die NS-Diktatur vorbereiteten, sondern wie General von Einem Homosexuelle als ,ekelhaft’ und ,verachtenswert’ bezeichnete, dürfen in einem modernen Essen keinen Platz haben“, so Gehring. Mit der Rückkehr zur Irmgard- und Ortrudstrasse würde „nach vielen Jahrzehnten eine NS-Hinterlassenschaft aus unserem Rüttenscheider Straßenregister getilgt“.