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Sie können auch anders: Anwohner und Nachbarn der Von-Einem- und Von-Seeckt-Straße in Rüttenscheid wollen die Umbenennung per Bürgerbegehren rückgängig machen.

Wenn die Bürger in der Vergangenheit das politische Heft in die Hand nahmen, ging es immer um richtig viel: Um den Verkauf des Allbau etwa oder den Bau einer Philharmonie, um die Schließung mehrerer Bäder oder das Aus für gleich drei Bibliotheken. Dagegen nimmt sich der Streit, der in diesen Tagen einen außerplanmäßigen Wahlkampf einläutet, doch arg bescheiden aus: Per Bürgerbegehren wollen Anwohner und Nachbarn der Von-Einem- und der Von-Seeckt-Straße in Rüttenscheid durchsetzen, dass die erst im Mai vorgenommene Umbenennung wieder rückgängig gemacht wird.

Gelingt es den Initiatoren, die nötigen Unterschriften beizubringen, stünde Essen eine Premiere ins Haus, denn das Bürgerbegehren wäre das erste auf der Ebene nur eines Stadtbezirks: des Stadtbezirks II, der Rüttenscheid, Rellinghausen, Bergerhausen und Stadtwald umfasst.

Rund 53.400 Einwohner leben dort, 45.598 wären nach den Worten von Dirk Köpe aus dem Amt für Statistik und Wahlen wahlberechtigt. Sechs Prozent der Wahlberechtigten müssten das Bürgerbegehren unterschreiben, das sind exakt 2.736 Unterzeichner.

Verschwimmende Grenze

Diese Hürde nehmen zu können – da sind sich Dagmar Rode und Thomas Hurwitz, beide Anwohner der Von-Seeckt-Straße, ziemlich sicher. Nahezu überall, wo sie im Stadtteil das Thema anschneiden, wird die Empörung über die Umbenennung geteilt, beteuern beide. Und dabei verschwimmt längst die Grenze zwischen inhaltlichem Unverständnis, zwei in den 1930ern verstorbene preußische Generalobersten nach einem Dreivierteljahrhundert vom Schild zu holen einerseits. Und dem Frust andererseits, dass eine rot-grün-rote Mehrheit in der Bezirksvertretung II sie nicht mal nach der eigenen Meinung fragte: „Wir finden, dass wir von der Politik über den Tisch gezogen worden sind“, sagt Dagmar Rode, die sich vorher „noch nie in der Politik engagiert“ hat und nun in vorderster Reihe mitmischt.

„Sind Sie dafür, dass die Von-Seeckt-Straße und die Von-Einem-Straße ihre Namen weiterhin behalten sollen?“ – so lautet die Begehrensfrage, die von der Verwaltung schon geprüft wurde. Die Zeit, Unterstützer zu finden ist dabei denkbar knapp, denn die in der Gemeindeordnung vorgesehene Drei-Monats-Frist, innerhalb der ein solcher Vorstoß eingestielt werden muss, läuft seit dem Bezirksvertretungs-Beschluss am 24. Mai. Weil die Verwaltung eine Woche zur Prüfung brauchte, hat sie die Sammelfrist kulant bis zum 31. August verlängert.

Ob es dann zum Schwur kommt, entscheidet sich in der September-Sitzung der Bezirksvertretung II. Gibt es im Stadtteil-Parlament eine Mehrheit dafür, dem Bürgerbegehren beizutreten, sind die Initiatoren am Ziel. Bleiben SPD, Grüne und Linke dagegen bei ihrer Position, dann kommt es zum Bürgerentscheid.

Bei dem dürfen sich die Umbenennungsgegner der Unterstützung von CDU und FDP vor Ort sicher sein. Ob dies reicht, bleibt abzuwarten. Denn für Gemeinden über 50.000 Einwohner muss neben der Mehrheit auch eine Hürde von 15 Prozent der Bürger im Stadtbezirk genommen werden – das wären immerhin 6840 Wahlberechtigte aus Rüttenscheid, Rellinghausen, Bergerhausen und Stadtwald. Und nur diese Bürger haben auch das Recht abzustimmen.

„Wir versuchen es“, sagt Dagmar Rode, die mehr denn je über Von Einem und Von Seeckt weiß: „Kein Grund sich zu schämen, wenn man da wohnt.“