Essen. . Bei „Essen kontrovers“ ging es erneut um die Umbenennung der Von-Seeckt- und der Von-Einem-Straße. Empörte Anwohner pochen weiter auf Mitsprache. Als „Versager“ titulieren sie die Stadtteilpolitiker, die ihre Entscheidung verteidigen.
„Geschichte lässt sich nicht korrigieren, sie ist einfach passiert und wir müssen damit leben“, sagt CDU-Ratsherr Hans Schippmann beim Diskussionsforum „Essen kontrovers“ - und plädiert für Vorsicht bei Straßenumbenennungen. Gemeinsam mit dem Grünen-Ratsherr Walter Wandtke und dem Münsteraner SPD-Ratsherr Michael Jung ist er der Einladung in die Volkshochschule gefolgt, die unter der Überschrift „Straßen(um)benennungen - endet die Erinnerung an der Haustür?“ zur Debatte geladen hatte. Dass dieses Thema unverdrossen die Gemüter bewegt, zeigt sich an der Resonanz: Mehr als 70 Essener Bürger und Stadtpolitiker sind gekommen.
Gedacht als grundsätzliche Diskussion über die Kriterien von Umbenennungen sind die Teilnehmer schnell beim aktuellen Problem: Die von der Bezirksvertretung II beschlossene Umbenennung der Von-Seeckt und Von-Einem-Straße in Rüttenscheid. Bereits nach den ersten Wortbeiträgen zeigt sich, wie verhärtet die Fronten sind, wie unversöhnlich sich Pro und Contra gegenüber stehen. Von „Unverhältnismäßigkeit der Mittel“ sprechen die Gegner und vom „Auslöschen der Geschichte“. Als „Versager“ titulieren sie die Stadtteilpolitiker, die ihre Entscheidung verteidigen. Befürworter werden ausgebuht, wenn sie auf die antidemokratische Gesinnung der beiden umstrittenen Generäle hinweisen.
450 Unterschriften „missachtet“
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Eher besonnen reagieren die drei Politiker auf dem Podium: „Es geht nicht um Geschichtsveränderung sondern um Erinnerung“ sagt Michael Jung, „und um die Frage, an wen wir erinnert werden möchten.“ Auch in Münster hat die vom Rat der Stadt beschlossene Umbenennung des Hindenburgplatzes in Schlossplatz hohe Wellen geschlagen. Jetzt werden die Bürger dort im Herbst darüber abstimmen.
Genau das fordern auch die Anwohner der beiden Rüttenscheider Straßen. „Es wurde über unsere Köpfe hinweg entschieden, dass empfinde ich als Antidemokratie“, sagt eine Anwohnerin der Von-Seeckt-Straße und erinnert an die 450 Unterschriften der Gegner, die „missachtet“ worden seien.
„Straßen sollten zukünftig nicht mehr nach Personen benannt werden“
Da hilft es auch nicht, wenn Walter Wandtke auf das demokratische Recht der gewählten Bezirksvertreter hinweist, die auch über die Straßennamen entscheiden können. Eine Bürgerbefragung , meint er, könne nicht die Entscheidung der Bezirksvertretung ersetzen. Die Essener Grünen seien immer dafür eingetreten, den beiden Straßen ihre ursprünglichen Namen Ortrud- und Irmgardstraße zurückzugeben, daher könne ihr Votum niemanden überraschen.
Neue Argumente für oder gegen die Umbenennung oder gar eine Lösung, mit der beide Seiten leben könnten, scheinen nicht in Sicht. „Wenn ich die Diskussion hier und in meiner Heimatstadt erlebe, bleibt mir eigentlich nur ein Fazit: Straßen sollten zukünftig nicht mehr nach Personen benannt werden“, resümierte Michael Jung.