Essen. . Für 600 Euro können Heiratswillige ab sofort auf dem Baldeneysee den Bund fürs Leben eingehen. Ein neues Konzept soll das Ja-Wort auf dem See deutlich attraktiver machen: Eigentlich sollte das Angebot mit 15 Terminen in der aktuellen Saison ein Testballon sein, aber der flog übers Ziel hinaus. Die Eheschließung auf dem See scheint sich zum echten Trau-Trend zu entwickeln.

Wenn Sandra Sorgenicht und ihr Mann Andreas künftig am Baldeneysee entlang flanieren und im Sonnenuntergang ein Schiff der Weißen Flotte Baldeney am Horizont erblicken, ja, dann werden sie sich sicher an den wohl schönsten Tag in ihrem Leben erinnern – den ih­rer Hochzeit. Denn sie haben sich mitten auf dem See das Ja-Wort gegeben, auf der festlich dekorierten „MS Heisingen“, ihrem Trauschiff.

Eigentlich ist Heiraten auf See nichts neues in der Stadt, denn den Traubereich „Baldeneysee“ bietet das Standesamt schon seit mehr als zehn Jahren an. Aber mit mäßigem Erfolg. „Bisher lief es eher schleppend, weil der Arbeitsaufwand für nur ei­ne Trauung pro Tag sehr hoch war und somit sehr teuer für das Brautpaar“, sagt Franz-Josef Ewers, Geschäftsführer der Weißen Flotte. Dieser Kostenfaktor habe zahlreiche Paare gehindert, sich auf dem Schiff trauen zu lassen. Auch von Seiten des Standesamts sei viel hin und her organisiert worden, um ei­ne einzige Trauung auf dem See zu ermöglichen, betont Standesbe­amtin Ursula Zeutzem, Sachgebietsleiterin für Eheschließungen und eingetragene Le­benspartnerschaften in Essen.

Alle Termine sind schon vergeben

Ein neues Konzept soll das Ja-Wort auf dem See deutlich attraktiver machen: Denn ab sofort ist die Feier für das Paar und dessen Hochzeitsgesellschaft für gerade einmal 600 Euro zu haben. Zum Mietpreis fürs Schiff kommen noch die üblichen Trau-Gebühren hinzu, die direkt ans Standesamt zu entrichten sind. Eigentlich sollte das Angebot mit 15 Terminen in der aktuellen Saison ein Testballon sein, um festzustellen, ob es bei den Heiratswilligen ankommt; aber der flog übers Ziel hinaus. Was bis dato eher die Ausnahme war, ist somit auf dem besten Weg, sich zum echten Trau-Trend zu entwickeln. „Das Interesse der Paare ist riesig, obwohl wir fast keine Werbung dafür gemacht haben“, sagt Franz-Josef Ewers. Für 2012 sind schon alle Termine ausgebucht. „Wir überlegen, im nächsten Jahr die Trau-Tage von April bis Oktober einmal monatlich anzubieten, jeweils mit fünf Trauungen“, sagt Ur­sula Zeutzem.

Leinen los am Baldeneysee

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Paare müssen sich zunächst ans Standesamt wenden, das die Termine vergibt. Sind alle Unterlagen vollständig und geprüft, wird der Termin bestätigt und ein Vertrag mit der Weißen Flotte Baldeney geschlossen. Im Stundentakt, jedoch ohne Fließband-Charakter, wie Ewers versichert, wird auf dem Wasser geheiratet: „Wir arbeiten mit zwei Schiffen, so, dass jedes Paar mit seiner Gesellschaft zwei Stunden an Bord ist.“ Neben der „MS Heisingen“ kommt die 38 Meter lange „MS Baldeney“ als Trauschiff zum Einsatz.

Im Preis enthalten: Sekt und Orangensaft

Nach der Trauung, die während der Fahrt in maritimer Atmosphäre auf dem See stattfindet, verlässt die Standesbeamtin das Schiff und widmet sich dem nächsten Paar, während die frisch Verheirateten mit ih­ren Gästen bei einer Seerundfahrt aufs neue Eheglück anstößt. Sekt und Orangensaft für bis zu 50 Personen sind im Preis von 600 Euro schon enthalten. Ist die Gesellschaft größer, zahlen sie einen Aufpreis. Bis zu 100 Hochzeitsgäste dürfen mit aufs Boot, „somit ein ideales Angebot für große Gesellschaften“, erklärt Ewers.

Zum Vergleich: Wird eines der beiden Schiffe freitags exklusiv gechartert, muss es für mindestens vier Stunden gemietet werden. Die Kosten liegen dann bei rund 1500 Euro. „Das neue Angebot können wir nur unterbreiten, weil wir mit einem Schiff und mit nur ei­ner Besatzung gleich mehrere Gesellschaften hintereinander fahren“, verdeutlicht der Chef des kommunalen Schifffahrtsunternehmen.

Wer Extrawünsche hat, soll diese natürlich erfüllt bekommen – so lange sie in den zweistündigen Rahmen der Seerundfahrt passen. „Für Geld ist fast alles möglich – belegte Brötchen, Fingerfood, Kaffee und Kuchen, Currywurst und Kaviar“, so Ewers. Wer die ei­gene Hochzeitstorte mitbringen will, braucht keine Extrakosten zu fürchten. „Wir stellen sogar die Teller und das Besteck bereit. Kostenfrei. Das ist unser Service fürs Brautpaar“, sagt der Flotten-Geschäftsführer. Zusammen mit dem Standesamt, Kapitän Udo Gödje und dessen Kollegen, will Ewers bis zu 35 Paare jährlich in den Hafen der Ehe bringen.

Sandra Sorgenicht ist von der Heirat auf See begeistert: „Es war total schön. Das Schiff schwankt ein wenig, einem ist eh’ schon schwindelig, aber da fällt einem das Ja-Wort dann so richtig leicht.“ Für sie und ih­ren Mann Andreas sollte der Ort ihrer Hochzeit etwas Besonderes sein: „Und das war’s. Die MS Heisingen ist unser Essener Traumschiff.“

Heiraten auf dem Rhein-Herne-Kanal

Wer nicht auf dem See, sondern auf dem Rhein-Herne-Kanal heiraten will, muss sich noch gedulden. „Wir überlegen, dort in ähnlicher Form Trauungen anzubieten“, sagt Ewers, der die Standesämter in Gelsenkirchen und in Oberhausen mit ins Boot holen will. Werden sich alle Partner einig, könnte künftig in industrieller Kulisse zwischen den zwei Anlegern Oberhausen-Kaisergarten und Gelsenkirchen-Nordsternpark getraut werden.

Eine reine Formsache

Beim Standesamt Essen können sich Heiratswillige im Gildehof, im Rathaus Kettwig, im Rathaus Kray, im Schloss Borbeck, auf der Zeche Zollverein und den Schiffen der „Weißen Flotte“ das Ja-Wort geben. An Samstagen ist Heiraten ebenfalls möglich. Reservierungen von Terminen ohne vorherige Anmeldung der Eheschließung mit vollständigen Unterlagen werden beim Amt nicht vorgenommen. Die Prüfung der Ehefähigkeit bei der Anmeldung der Eheschließung kostet 40 Euro, die Aufnahme einer Niederschrift über eine eidesstattliche Versicherung 21 Eu­ro, eine Erklärung zur Namensführung (bei Doppelnamen) 21 Euro. Für die Außentraubereiche entstehen zusätzliche Kosten. Mehr Infos gibt’s unter 88 334-10 bis -18.