Essen. Frauen in Führungspositionen sind immer noch selten. Doch es gibt sie. Zum Beispiel Dr. Claudia Schmidt-Milkau, Zentralabteilungsleiterin bei Thyssen-Krupp Elevator.

Frauen in Führungspositionen — ein Thema, das noch immer heftige Diskussionen auslöst, andererseits aber in nicht wenigen Essener Unternehmen längst zur Normalität gehört. Aber wie schaffen es Frauen, sich jahrelang gegen männliche Konkurrenten zu behaupten und in verantwortliche Positionen zu gelangen? In einer kleinen Serie stellt die WAZ erfolgreiche Frauen vor, lässt sie von ihren Erfolgsgeheimnissen berichten und fragt auch, was Hilfen wie die Frauenquote wirklich nützen.

Eine von denen, die es nach oben geschafft haben, ist Claudia Schmidt-Milkau. Die promovierte Elektrotechnikerin ist Zentralabteilungsleiterin bei Thyssen-Krupp Elevator – oder in Business-Englisch: Senior Vice President. Karriere möchte sie ihren Werdegang trotzdem nicht nennen: „Ich habe nie gedacht, ,jetzt mache ich Karriere’. Ich habe immer Spaß an meiner Arbeit gehabt und die Chancen genutzt. Ganz simpel.“

Auslandsaufenthalt kostete keine Überwindung

Zu diesen Chancen gehörte Anfang der 90er Jahre ein radikaler Schritt. Schmidt-Milkau zog es in die USA. „Überwindung hat es mich überhaupt nicht gekostet – ganz im Gegenteil. Ich hatte damals von mir aus gesagt, dass ich gerne etwas anderes erleben möchte. Ich kann nur jedem raten, für eine gewisse Zeit sein Heimatland zu verlassen. Man erweitert seinen Horizont, nicht nur beruflich.“

Kraft und Rückhalt bekam die damals als Teamleiterin eingesetzte Elektrotechnikerin von ihrem Mann. Gemeinsam mit dem damals zweijährigen Sohn begleitete er Schmidt-Milkau in die USA. „Ohne meine Familie wäre ich nicht rübergegangen. Es ist ganz wichtig, dass man einen Partner hat, der einen unterstützt“, sagt die 56-Jährige. So wurde aus dem vermeintlichen Handicap „Familie“ vielmehr Antrieb und Schwung.

Frauen und Karriere

"Möglichkeiten, Familie und Karriere zu kombinieren, sind begrenzt. Wir brauchen Flexibilität in der Arbeitswelt." Evelyn Köster (33), Theaterwissenschaftlerin, Mitinhaberin „Tausendschön“-Floristik. Foto: Rainer Raffalski / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
"Für die berufliche Karriere muss eine Unmenge an Rahmenbedingungen stimmen. Bei mir hat das geklappt, weil die Familie mitgespielt hat." Anne Heck-Guthe (58), Waltroper Bürgermeisterin (SPD). Foto: Rainer Raffalski / WAZ FotoPool © WAZ FotoPool
"Die Selbstverständlichkeit, dass Frauen Karriere machen, ist immer noch nicht in allen Branchen gegeben." Gabriele Bültmann (50), Geschäftsführerin des Bildungszentrum des Handels. Foto: Reiner Kruse / WAZ Recklinghausen © WAZ
"Manche Strukturen sind nicht optimal für die Vereinbarkeit von Beruf und Familie. Aber ob eine Frau Karriere macht, liegt auch an ihr." Maria Siegert-Terzaki (41), Gynäkologische Chefärztin.
"Eine Frau, die unbedingt Karriere machen will, kann das auch. Hat sie Kinder, ist sie aber stärker gefordert als Männer  in  dieser Situation." Uta Heinrich (59), Ex-Bürgermeisterin von Marl. Foto: Reiner Kruse © WAZ
"In den Jahren, in denen die Männer Karriere machen, bringen die Frauen ihre Kinder zur Welt." Eveline Brinkert (55), Unternehmerin aus Haltern, Europ. Unternehmensbotschafterin. Foto- WAZ: Reiner Kruse © WAZ
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Anfang des Jahrtausends folgte für die zur Führungskraft aufgestiegene zweifache Mutter der zweite Aufenthalt in Nordamerika. Nach der Rückkehr wechselte sie zu Thyssen-Krupp und machte das Ruhrgebiet zu ihrem Lebensmittelpunkt. Selbstverständlich in Begleitung ihrer Familie. Dass sie gerade als Frau so erfolgreich durchs Berufsleben geht, hält Schmidt-Milkau fast für selbstverständlich, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sei längst kein Thema mehr: „Es gibt mittlerweile so viele Möglichkeiten beides in Einklang zu bringen. Das Wichtigste ist es, heute wie damals, sich den richtigen Mann auszusuchen.“

Powerfrau wird voll akzeptiert

Mangelnde Akzeptanz wegen ihres Geschlechts hat die Powerfrau nie erfahren. Mit einer Ausnahme: „Als ich zum ersten Mal einen Vorlesungssaal in der TU Berlin betreten habe, waren neben mir ungefähr 400 Studenten da, davon nur vier oder fünf Frauen. Als ich mich hinsetzte, drehte sich der Student in der Reihe vor mir um und fragte meinen Nachbarn, ob er heute seine Sekretärin mitgebracht habe.“

Im Berufsleben sind solche Episoden für sie mittlerweile undenkbar – zu groß ist ihr Einfluss, den sie bei weltweiten Projekten geltend macht. Trotzdem unterstützt sie mit „Kim“ (Kompetenz im Management) sogar ein Mentoringprojekt für junge, aufstiegsorientierte Frauen aus NRW-Unternehmen. Eine Frauenquote, die den Aufstieg in einer männlich dominierten Branche erleichtern würde, gibt es bei Thyssen-Krupp nicht. Auf der Ebene der Führungskräfte beträgt der Frauenanteil bei dem Essener Konzern weltweit 18,2 Prozent. Da ist sicher noch Luft nach oben.

Für Schmidt-Milkau ist die tägliche Arbeit die Triebfeder ihres Erfolgs: „Mit der Technik etwas zu schaffen, das den Menschen nutzt, das ist meine Motivation.“ Dass fachliche Kompetenz nicht zwangsläufig große Sprünge auf der Karriereleiter verursacht, hat die zweifache Mutter über Jahre hinweg, gerade bei Kolleginnen, festgestellt. „Frauen sind zu bescheiden. Man muss lernen, eigene Leistungen auch gut zu verkaufen und einen Willen entwickeln, seine Ziele zu erreichen.“

Eines dieser Ziele, ein besonders prestige- und symbolträchtiges, steht für Claudia Schmidt-Milkau 2014 auf dem Plan. Dann soll in New York das One World Trade Center, das auf Ground Zero erbaut wird, fertiggestellt werden – mit Aufzügen und Antrieben von Thyssen-Krupp Elevator.